Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beichte eines Verfuehrers

Beichte eines Verfuehrers

Titel: Beichte eines Verfuehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hart Megan
Vom Netzwerk:
schlechter Ratgeber. Aber nur deshalb war ich heute zur Bank zurückgekehrt. Joe hatte die Regeln gebrochen, indem er Priscilla hierhergebracht hatte. Er hatte das reale Leben mit den Fantasien vermischt, die wir teilten. Ich gab nicht vor, seine Gründe dafür zu kennen, aber ich überließ es auch nicht ihm, das hier zu beenden. Nicht so.
    „Nein?“ Er neigte den Kopf und sein Lächeln wurde breiter. „Bist du sicher?“
    „Das wolltest du also?“ Ich fühlte mich sicher und klang selbstgefällig. „Ich soll denken, dass du es nicht kannst? Dass ich wusste, du kannst es nicht andauern lassen, geht es dir darum?“
    Joe studierte mich mit einem Gesichtsausdruck, der hinter seinem Lächeln undurchdringlich war. Jetzt erst bemerkte ich, dass er die Krawatte trug, von der er wusste, dass ich sie mag.
    „Schön“, sagte ich kalt. „Ich hab es dir gesagt, Joe. Ich wusste, du schaffst es nie, eine ehrliche Beziehung zu führen, in der man einander vertraut. Aber das ist jetzt egal. Das hier ist vorbei. Ich werde nicht mehr herkommen.“
    Während meines Ausbruchs nickte er leicht, was mich nur noch mehr verärgerte.
    „Keine Geschichten mehr“, schloss ich mit höhnischem Lächeln. Meine Kehle wurde eng, weil ich die Tränen zurückhalten musste. Das hier war zu viel, zu viele Gefühle, denen ich mich nicht stellen wollte. Schuld war nur das geringste Problem, viel mehr quälten mich Sehnsucht und Leidenschaft.
    „Keine Geschichten mehr“, wiederholte Joe.
    Seine ruhige Reaktion nahm mir den Wind aus den Segeln. Ich strich das Haar aus meinem Gesicht und straffte mich. Ich war unwillkürlich dankbar, weil er mich das alles beenden ließ.
    „Viel Glück, Joe.“
    „Danke, ich kann es gebrauchen.“ Er stand auf und blickte mich an.
    Er las die Frage in meinem Gesicht, aber ich stellte sie nicht.
    Joe verstand mich wohl auch ohne ein Wort. Er steckte die Hände in die Hosentaschen. Die Geste kam mir so vertraut vor, dass ich mich abwandte.
    Ich hatte selbstgefällig geklungen. Aber trotzdem sah er mich triumphierend an. Er beugte sich vor und sprach mit leiser Stimme, als wollte er ein letztes Mal ein Geheimnis mit mir teilen. Bevor er auch nur ein Wort sagte, wusste ich, dass er nicht mich es beenden ließ. Ich wollte ihn ohrfeigen, war wütend auf ihn und auch auf mich, weil ich ihm die Chance dazu gegeben hatte. Ein winziger Moment Unachtsamkeit hatte gereicht.
    „Ich habe sie gefragt, ob sie mich heiratet. Und sie hat Ja gesagt.“
    Was war Lüge, was war Wahrheit? Und war das jetzt noch von Bedeutung?
    In seinen Geschichten hatte Joe immer die Rolle des Prinzen und des Schurken gleichermaßen übernommen … Aber ich war nie eine seiner Geschichten gewesen. Würde ich eine werden, eine geheime Geschichte, die er für sich behielt? Oder hatte er Priscilla schon längst alles über unsere Mittagspausen und die Geschichten erzählt? Vermutlich würde ich es nie erfahren.
    Diese Geschichte ging hier zu Ende. Dies war das letzte Kapitel. Joe hatte „Ende“ geschrieben. Es würde keine Fortsetzung geben.

15. KAPITEL
    November
    Am ersten Freitag im November wusste ich nichts mit mir anzufangen. Meine Kleider passten nicht, mein Haar krauste sich entgegen meinen Bemühungen und der Mascara war verklumpt. Die Luft schmeckte nach dem ersten Schnee und ich konnte meine Handschuhe nicht finden. In meinem Auto roch es nach Zwiebeln. Die ganze Welt hatte sich gegen mich verschworen. Die fröhliche Ferienstimmung im Büro empfand ich als einengend, mein Körper rebellierte und verlangte nach Nahrung an einem Tag, an dem ich zur Mittagspause nicht aus dem Haus gehen wollte.
    Ich ging trotzdem raus. Einige Dinge lassen sich nicht mit Willenskraft kontrollieren und von Hunger wurde mir übel. Den Park und das Atrium mied ich und wandte mich in die andere Richtung. In der Mall wollte ich ein Sandwich essen und vielleicht nach ersten Weihnachtsgeschenken Ausschau halten. Auch wenn Adam Weihnachten schon lange aus unserem Haus verbannt hatte, so erwarteten unsere Familien und Freunde doch Geschenke.
    Die Mall war erwartungsgemäß überfüllt. Nachdem ich für meine Mutter einen Bilderrahmen gekauft hatte, gab ich die Suche nach Geschenken auf. Schließlich schob ich mich in ein überfülltes Café, bestellte eine Latte und blickte mich suchend nach einem freien Platz um. Im hinteren Teil des Cafés erspähte ich einen freien Tisch. Aber ein paar Frauen waren schneller. Die Wolke ihrer Parfüms war schwer und blumig. Ein

Weitere Kostenlose Bücher