Beichte eines Verfuehrers
wieder ein paar Sitzungen?“ Ich konnte nicht verhindern, dass ich die Frage so professionell formulierte.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nicht so. Es geht mir wirklich gut. Aber … es war einfach schön, jemanden zum Reden zu haben, dem man alle Geheimnisse erzählen konnte. Ohne Angst zu haben, verstehen Sie? Sie haben sich alles angehört und mir Ratschläge erteilt, ohne mich zu verurteilen. Es war schön, eine Schulter zum Ausheulen zu haben.“
Ich nickte gerührt. „Es freut mich, dass ich Ihnen helfen konnte.“
Sie kaute auf der Unterlippe herum und wirkte etwas unbeholfen. „Es ist doch wichtig, jemanden zu haben, mit dem man reden kann, nicht wahr?“
„Ja.“ Ich beobachtete sie aufmerksam.
„Ich meine, ich rede natürlich mit Dan und er hört sich alles an. Manchmal denke ich mir, er wünscht sich, dass ich weniger rede. Aber er hört zu.“
„Das ist gut.“ Ich meinte es genau so, auch wenn ich schon wieder spürte, wie sehr ich sie beneidete.
„Wie auch immer. Ich sollte langsam gehen. Sehen wir uns nächste Woche? Kann ich kommen?“
„Natürlich, jederzeit. Ich freu mich drauf.“
Sie lachte aufrichtig. „Ich freu mich, dass wenigstens einer von uns sich freut.“
„Ach Elle, das meinen Sie doch nicht so.“
„Nein, natürlich nicht.“ Nach einer kurzen Pause fragte sie: „Dr. Danning, eine Frage habe ich. Lohnt es sich? Lohnt es sich, zu heiraten?“
Wenn wir in meinem Büro gewesen wären, den Schreibtisch zwischen uns wie bei unseren Sitzungen, hätte ich vielleicht etwas anderes geantwortet. Aber sie war nicht meine Patientin und darum antwortete ich ehrlich.
„Meistens schon.“
Sie nickte nachdenklich, als verstünde sie, was ich damit sagen wollte. Ich nickte steif. Dann trat Elle ein paar Schritte zurück, winkte ein letztes Mal und verschwand um die nächste Ecke.
Im ersten Moment konnte ich mich nicht rühren, nachdem sie verschwunden war. Dann entriegelte ich die Autotür und rutschte hinter das Lenkrad. Dort saß ich lange, ohne mich zu bewegen.
Ich wünschte mir so sehr jemanden, mit dem auch ich einfach nur mal reden konnte.
Es ist schwer, einen Verlust zu betrauern, wenn man gar kein Recht dazu hat. Ich hätte mehr Zeit damit verbringen können, still die Geschichten zu vermissen, die Joe mir nie wieder erzählen würde. Aber mir blieb keine Zeit zu trauern. Adam war fröhlich leichter zu ertragen als traurig, aber er war auch doppelt so anstrengend. Er schlief nicht mehr so viel und blieb abends lange wach, um zu reden. Anstatt die meiste Zeit des Tages im Bett zu verbringen, bestand er darauf, in seinem Rollstuhl zu sitzen. Er wollte ausgehen, etwas unternehmen – alles Dinge, die er seit Jahren nicht gewollt hatte.
„Aber ich will diesen Film nicht sehen“, protestierte ich halbherzig. Ich saß im Lehnstuhl neben ihm, während Adam im Internet nach Filmen suchte. Seine Haare wuchsen langsam nach, aber er war immer noch blass. Im Rollstuhl wirkte er schwächer als im Bett. „Warum gehen wir nicht einfach essen? Oder noch besser, wir bleiben einfach daheim und lassen uns was liefern?“
Er drehte sich zu mir um und schaute mich an. „Ich dachte einfach, du würdest gerne ins Kino gehen.“
„Na ja …“ Ich suchte nach einer Antwort, die nicht entschuldigend klang. „Ich bin müde, Adam. Ich habe die ganze Woche gearbeitet. Ich dachte, wir könnten heute Abend entspannen.“
„Ich habe auch die ganze Woche gearbeitet, Sadie.“
Adam bat nie um etwas. Er versuchte einfach, mich davon zu überzeugen, dass sein Vorschlag besser war.
„Ich mag aber keine Filme mit Serienkillern.“ Ich streifte die Schuhe ab und zog die kaputten Nylonkniestrümpfe aus.
„Wir können etwas anderes sehen.“
„Morgen, ja?“ Ich warf die Nylons in den Mülleimer. „Wir können zu einer Matinee gehen, wenn du magst.“
„Na gut.“ Er drehte den Stuhl weg und schloss mit einem Befehl das Browserfenster seines Computers.
Ich seufzte. „Liebster, ich finde es toll, wenn du jetzt noch was unternehmen willst. Aber ich bin müde, okay? Ich stehe morgens um vier Uhr auf …“
„Vergiss es einfach.“ Ich musste sein Gesicht nicht sehen, um zu wissen, dass er sauer war.
„Wie wär’s, wenn ich uns was beim Chinesen bestelle und wir einen Film von Monty Python schauen?“
Ich konnte das Zucken seiner Schultern erkennen, obwohl sie sich keinen Millimeter bewegten. Ja, er war wirklich sauer.
„Du hast gemeckert, weil ich nichts machen wollte. Und
Weitere Kostenlose Bücher