Beichte eines Verfuehrers
wusste ich nichts davon. Ich hatte Angst, es ihm vorzuschlagen. Schreiben war für Adam so lebenswichtig wie atmen, essen oder Sex gewesen. All das konnte er nun nicht mehr selbstständig tun. Vielleicht könnte er schreiben – denn es war Adams Bestimmung. Es gab keinen Zweifel daran, dass er es vermisste, aber er würde mit mir nicht darüber reden.
Genauso wie Kinder eines armen Schuhmachers, die barfuß laufen müssen, musste der Ehemann einer Psychologin ohne Therapie auskommen. Adam war davon überzeugt, dass er sie nicht brauchte. Also brauchte er sie nicht.
„Wenn ich sie vorher nicht gebraucht habe, als ich nicht mit mir klarkam, brauche ich sie auch jetzt nicht. Ich bin querschnittsgelähmt, nicht verrückt, Sadie.“ Das war seine Meinung.
Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu erklären, dass ich nicht mit „verrückten“ Leuten arbeitete. Adam hatte seine Entscheidung getroffen. Er war nach seinem Unfall noch genauso störrisch und uneinsichtig wie früher.
Also redeten wir nicht mehr darüber und konzentrierten uns stattdessen darauf, seinen Körper am Leben zu halten, achteten auf die stündliche Medikation, die Details, um seine Blase und seinen Darm zu entleeren und darauf, dass er geschützt wurde vor seinem eigenen Gewicht. Wir arbeiteten Hand in Hand – und taten so, als hätte sich nichts verändert. Aber alles hatte sich verändert. Ich verstand, dass Adam es so wollte.
Er war immer heller, stärker gewesen als ich. Ich hatte ihn treu umkreist, wie die Erde um die Sonne kreist und hatte darauf vertraut, dass er mich führte.
Was passierte, wenn der Schwächere plötzlich der Stärkere wurde? Meine Unabhängigkeit war nicht länger eine Möglichkeit, sondern Notwendigkeit, damit wir beide überleben konnten. Das Leben, das wir uns eingerichtet hatten, passte nicht mehr. Wie die arme Honey waren wir in der Vergangenheit gefangen, eingesperrt zwischen alten Gewohnheiten, die früher zu uns gepasst hatten. Aber jetzt ließen sie uns keinen Platz mehr, um zu wachsen.
Es war früher genug gewesen, wenn ich das war, was Adam in mir sah. Jetzt musste ich das sein, was er brauchte. Und das war nicht dasselbe. In der Nacht, als ich den Anruf bekam, dass Adam im Krankenhaus liegt, war meine größte Angst, dass ich ihn verlieren könnte. Vier Jahre später habe ich mich selbst verloren, irgendwie.
Ich habe nie gewusst, welche Frau ich gewesen wäre, wenn ich Adam nicht getroffen hätte. Und dann kam Joe.
Wer war ich jetzt?
8. KAPITEL
Diesen Monat heiße ich Amy. Ich bin aus der Stadt gekommen, um für meine ehemalige Mitbewohnerin im Studentenwohnheim die Ehrenjungfer zu sein. Das ungeschriebene Gesetz für Hochzeiten besagt, dass du als Ehrenjungfer entweder in ein scheußliches Kleid gesteckt wirst oder der Trauzeuge so hässlich ist, dass du dir wünschst, auf der Stelle zu erblinden. Bonnie hat mir ein hübsches Kleid und einen gut aussehenden Mann an meiner Seite versprochen. Aber ich bin inzwischen auf genug Hochzeiten gewesen, um das zu bezweifeln. Als ich schließlich neben ihm stehe, bin ich bereit, ihr das schreckliche Kleid zu verzeihen.
Er ist Jurist. Seine Zähne sind gerade und weiß, und er trägt seinen Smoking mit einer Lässigkeit, als wäre es ein Trainingsanzug. Er ist einfach hinreißend.
„Was hab ich dir gesagt?“, flüstert Bonnie mir ins Ohr, während wir im Vorraum der Kirche darauf warten, dass die Hochzeitsprobe beginnt.
„Er ist wirklich süß.“ Ich recke den Hals, um einen besseren Blick von ihm zu erhaschen. „Wie heißt er?“
„Joe Wilder.“ Der Name passt zu ihm.
Die Probe endet in einer Katastrophe. Aber Father Peck versichert uns, dass es so sein muss, damit morgen alles gut geht. Anschließend fahren wir alle zu einem Club, in dem Brians Eltern ein hübsches, teures Probedinner ausrichten. Ich richte es so ein, dass ich neben Joe sitze.
Er entschuldigt sich, weil er mich mit dem Ellenbogen angestoßen hat. „Ich bin Linkshänder, tut mir leid.“
Wir tauschen die Plätze. Jetzt sitzt er am Ende der langen Tafel und ich muss ihn mir nicht mit der anderen Brautjungfer teilen, die vorher neben ihm saß. Ich merke, dass ihr das nicht gefällt, aber das ist mir egal. Schließlich bin ich die Ehrenjungfer, nicht sie. Sie soll ihren eigenen Trauzeugen anhimmeln. Dieser hier gehört mir.
„Bist du nervös wegen morgen?“
„Ach nein. Das ist meine fünfte Hochzeit dieses Jahr.“
Als ich das sage, lacht er. Er trinkt von seinem Wasser. Ich
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