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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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überhaupt zuhörte. »Ereignet hat sich der angebliche Anschlag auf einer Landstraße zwischen der weißrussischen Ortschaft Mir und der Bezirkshauptstadt Stolbzy«, fuhr er schließlich fort. »Ob dieser Ortsname Mir vollständig und korrekt ist, kann ich nicht beurteilen. Allerdings ist mir dieser Ortsname heute ein zweites Mal genannt worden, und zwar von der Zentralen Stelle in Ludwigsburg, und dies ebenfalls in Zusammenhang mit einem Ereignis vom neunten November 1941: An diesem Tag sind bei dieser Ortschaft rund eintausend jüdische Männer, Frauen und Kinder erschossen worden, übrigens nicht von SD- oder SS-Einheiten, sondern von Soldaten der achten Kompanie des Infanterieregiments siebenhundertsiebenundzwanzig.« Veesendonk blickte wieder auf. »Ich vermute jetzt einmal, dass Gaspard sich diese Exekution hat vorführen lassen, um einen Anhaltspunkt dafür zu bekommen, wie viel Wertgegenstände bei einer solchen Exekution noch zu erwarten sind. Eine ordnungsgemäße Finanzverwaltung ist auf Richtwerte angewiesen. Vielleicht auch
hat der örtliche Kommandeur den Finanzbeamten Gaspard dazu eingeladen, damit sich dieser selbst ein Bild machen kann. Einen Lastwagen hat Gaspard wohl deshalb angefordert, weil er glaubte, er brauche einen für die Beute, die sich bei den Leichen von tausend misshandelten, halb verhungerten und zuvor schon ausgeplünderten Juden noch fleddern lässt.«
    »Und der angebliche Anschlag?«
    »Ach was, Anschlag!«, antwortete Veesendonk. »Es waren die Genussmittel. Genauer: der Schnaps, der ausgeschenkt werden musste, damit die Soldaten bei Laune blieben. Bis zum Abend wird auch der Fahrer betrunken gewesen sein. Als Unfallursache konnte das nicht angegeben werden. Die Morde waren geheime Reichssache …«
     
    An der Zimmertür klopfte es, und ohne ein »Herein!« abzuwarten, öffnete sich die Tür, und Veesendonks Ehefrau Lena streckte ihren Kopf herein. Sie war eine große, hagere, grobknochige Frau mit strähnigem, grau durchwirktem schwarzem Haar. »Ich bitte die Störung zu entschuldigen - aber ich bin gerade dabei, den Tisch zu decken, und wüsste gerne, ob unser Besucher mit uns zu Abend isst.«
    »Aber ich bitte sehr darum, dass er das tut«, sagte Veesendonk spontan, und so konnte Berndorf die Einladung nur schlecht abschlagen.
    »Schön«, meinte Lena Veesendonk. »Ich hol dann noch eine Pizza aus der Tiefkühle … mit Thunfisch, ist das recht?«
     
     
     
    Montags war Leistungsturnen, und so gab es zum Abendessen Pfannkuchen mit Apfelmus. Einer der Pfannkuchen war ein wenig angebrannt, weil Kuttler und Puck zu lange rumgeknutscht hatten, wie Janina das nannte, aber jetzt saßen alle am Tisch, und Kuttler versicherte, von den Pfannkuchen habe er die angebrannten schon immer ganz besonders gern gegessen. Janina glaubte ihm nicht, überhaupt hatte sie ihren misstrauischen Tag.

    »Warst du bei dem Mann mit dem armen Hund?«
    »Eh?«, fragte Kuttler kauend zurück. »Jein. Ich hab mit dem Mann gesprochen. Aber sein Hund ist kein armer Hund. Der hat fein zu fressen und ist ganz zufrieden mit seinem Herrn.«
    »Sperrst du ihn ein?«
    »Wen? Den Hund?«
    »Blödmann!« Janina schluckte ein großes Stück Pfannkuchen hinunter. »Natürlich den Mann.«
    »Selber Blödfrau«, warf Puck ein. Janina zog ein Gesicht, als wollte sie ihr gleich die Zunge zeigen, aber Puck hob drohend die Augenbrauen.
    »Nein«, antwortete Kuttler. »Ich sperr nicht alle Leute ein, mit denen ich rede. Überhaupt tu ich niemanden einsperren. Das tut der Richter.«
    Janina sah ihn verständnislos an. Wozu war Kuttler eigentlich gut, wenn er noch nicht einmal jemanden einsperren konnte? »Und was ist jetzt mit dem Mann von dem armen Hund?«
    »Das ist kein … egal. Der Mann fährt jetzt in Urlaub. Nach Frankreich. In den Süden von Frankreich. Da ist es nicht so kalt wie hier.«
    »Woher weißt du das? Hast du mit ihm geredet?«
    »Am Telefon, ja.«
    »Und du hast es ihm erlaubt?«
    »Dass er nach Frankreich fährt?« Kuttler zögerte. »Doch, gewissermaßen hab ich ihm das erlaubt …«
    »Das mein ich nicht. Dass er den Hund mitnimmt, hast du ihm das erlaubt?«
    »Es ist sein Hund, nicht meiner.«
    »Aber wenn der Hund jetzt nach Frankreich muss, dann hat er ja erst recht kein Zuhause. Wie soll es dem gut gehen?«
    »Jetzt ist gut«, meinte Puck. »Viele Leute gehen gern nach Frankreich und ihre Hunde auch, Punkt. Nur die Janina, die geht jetzt ins Bett.«
    Eine Dreiviertelstunde später - Kuttler hatte

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