Beifang
sich eine Flasche Bier aufgemacht und aus Pucks Beständen eine CD mit Chuck Berry aufgelegt, in gedämpfter Lautstärke freilich, zu gedämpft
für Chuck Berry - war Janina glücklich eingeschlafen, und Puck kam wieder ins Wohnzimmer und setzte sich zu ihm. Es war halbdunkel im Zimmer, nur die Stehlampe war eingeschaltet, und Kuttler sah die Namenslisten durch, die ihm die Bundeswehr am Morgen geschickt hatte.
»Was hörst du da?«
»Hörst du doch.«
Durch das Halbdunkel sah Puck ihn an, als wollte sie etwas sagen. Aber dann schüttelte sie den Kopf, nur so für sich, als müsse sie eine Erinnerung verscheuchen.
»Und was liest du da?«
»Wer alles zum Silvesterball der Bundeswehr geht.« Er schüttelte den Kopf. »Lauter Leute, die es wichtig haben. Also muss auch der Silvesterball sehr wichtig sein. Es ist eine Welt, von der ich nichts weiß …«
»Müssen wir davon wissen?«, fragte Puck.
»Gute Frage... Aber guck mal, jemand wie Englin war da, Kriminaldirektor mit Ehefrau, ob die Fiona den beobachtet hat? Der hat doch so einen Tick mit dem linken Auge und muss immer zwinkern, vielleicht hat die Fiona das missverstanden, als Anbahnung von ich weiß nicht was …«
»Ich mag nicht, wenn du so von ihr redest«, sagte Puck.
»Entschuldige«, antwortete Kuttler, »es ist auch zu albern. Da sind Leute, von denen heißt es, sie seien einmal ganz links oder wenigstens friedensbewegt gewesen. Und jetzt sind die sich plötzlich nicht zu blöd und kostümieren sich mit einem Smoking und gehen zum Silvesterball vom Zweiten Korps … Hier: Vorsitzender Richter Michael Veesendonk mit Ehefrau, das ist sonst ein ganz ziviler Mensch, was tut der dort?«
Kuttler ließ den Stapel mit den Blättern sinken und starrte ins Dunkle.
»Was hast du?«, fragte Puck.
»Nichts«, antwortete er. Dann stand er auf. »Nur so ein blöder Einfall. Aber ich muss was nachschauen...« Er ging zum Arbeitstisch und schaltete den gemeinsamen PC ein.
»Diese Geschichte mit dem Pudelmann«, sagte Puck, »die hab
ich nicht ganz verstanden. Was hast du dem erlaubt? Dass er nach Frankreich fährt? Hast du einen Deal mit ihm gemacht?«
»Kluges Kind«, antwortete Kuttler und gab drei Suchbefehle ein. »Einen Deal, ganz richtig. Falls sich der Pudelmann daran hält.«
»Was ist dann?«
»Dann krieg ich morgen was. Mit der Post.« Auf dem Bildschirm baute sich die Liste mit den Ergebnissen auf, die die Suchmaschine zu den Suchbegriffen »Veesendonk«, »Führungen« und »Ulm« gefunden hatte. Die meisten Nennungen bezogen sich auf die Angebote des Ulmer Verkehrsamtes, weitere auf einen Kunstmaler Wolfgang Veesendonk aus Recklinghausen. Kuttler blätterte zur zweiten Bildschirmseite und fand dort einen Beitrag der Lokalredaktion des Tagblatts vermerkt, und zwar zum baden-württembergischen Richtertag, der vor anderthalb Jahren in Ulm stattgefunden hatte. Er rief den Beitrag auf:
»… ist das Hauptthema die bevorstehende baden-württembergische Justizreform mit der beabsichtigten und vom Richterbund heftig kritisierten Kappung des Instanzenweges. Daneben ist für die Teilnehmer ein reichhaltiges kulturelles Rahmenprogramm vorbereitet worden, wie der Ulmer Vorsitzende Richter Michael Veesendonk berichtet. So sind Führungen durch die Ulmer Museen, zum Kloster Wiblingen und zum KZ-Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg vorgesehen …«
»Führungen …«, sagte Puck, die neben Kuttler stand und mitgelesen hatte. »Du meinst...?«
»Erst mal gar nichts«, sagte Kuttler. »Außerdem kann ich das Wort Führungen nicht mehr hören.«
Am runden Esstisch war Berndorf der Platz zwischen den Eheleuten Veesendonk angewiesen worden, so dass er dem Sohn Donatus Veesendonk gegenübersaß, einem großen jungen
Mann, der sich schlecht hielt, mit unfertigem Gesicht und Augen, die einen nicht ansehen wollten. Berndorf war es, als habe er ihn schon einmal gesehen, aber das mochte daran liegen, dass ihm viele junge Leute zunehmend gleichartig erschienen, in verwechselbarer Weise formlos, absichtsvoll formlos … Stopp, dachte er dann, der junge Mann bei Freundschuhs mochte das gleiche Alter haben wie dieser da, aber niemandem würde es einfallen, die beiden zu verwechseln. Vielleicht lag das an dem Sport, den der eine trieb und der andere offenkundig nicht.
»Also, die Pizzen bekommen wir von einem Tiefkühldienst ins Haus gebracht«, erklärte Lena Veesendonk, »das ist die Rettung für mich, müssen Sie wissen, heute Nachmittag hatten wir schon
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