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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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hoffe doch.« Das Lächeln verschwand. »Er hat ja draußen vor der Werkstatt gewartet.« Eine leichte Röte zog sich über ihr Gesicht. »Eine ganze Weile sogar, nehme ich an.«
    »Hat er sich beklagt?«
    »Wer? Eisholm? Wir haben nicht mehr miteinander gesprochen.«
     
     
     
    Die Straße, die »In der Halde« hieß, war zugeparkt von Fahrzeugen der Polizei und des Technischen Hilfswerks, so dass Dr. Elaine Drautz Mühe hatte, ihren Roadster zwischen einer Limousine mit Stuttgarter Kennzeichen und einem Streifenwagen abzustellen. Vor dem Haus Nummer 7 stand ein uniformierter Beamter, gewissermaßen als Sinnbild, dass hier der Staat waltete und nicht bloß der schiere Aktionismus. Die Anwältin griff nach ihrem Handy und wählte eine Nummer.
    »Ja, bitte?« Die Stimme war klar, aber im Hintergrund glaubte sie Kneipenlärm zu hören.
    »Bist du noch im Land?«
    »Ja.«
    »Hast du etwas Neues über diesen Ring herausgefunden?«
    »Warum fragst du?«
    »Dein Stuttgarter Freund ist hier und will das Haus der Mornys auf den Kopf stellen. Ich nehme an, er sucht den Schmuck.«

    »Da hat er wenigstens was zu tun.« Damit brach das Gespräch ab.
    Was für ein muffliger Mensch!, dachte Elaine und stieg aus. Der Uniformierte an der Tür machte tatsächlich Anstalten, ihr den Zutritt zum Haus zu verwehren. Sie fauchte ihn an, dass sie von Kriminaldirektor Steinbronner hierher gebeten worden sei, und schon gab er klein bei und ließ sie durch. Im Haus liefen jetzt überall Kriminalbeamte herum und klopften die Wände ab auf der Suche nach einem Hohlraum. Man sollte sie nicht Kieberer nennen, dachte sie, sondern Klopferer. Im leeren Wohnzimmer standen Dorpat und Kuttler mit den Plänen des Hauses, die sie auf einem Tapeziertisch ausgebreitet hatten; sie grüßte kurz und fragte nach Steinbronner. Der müsse draußen sein, antwortete Kuttler.
    Tatsächlich fand sie den Kriminaldirektor auf der Veranda, vor einem leeren Campingtisch, neben ihm stand Staatsanwalt Desarts, man grüßte sich, dankbar registrierte Elaine, dass Steinbronner sie nicht auf Ruzkow ansprach. Etwas abseits der Gruppe und in sich gekehrt lehnte der Vorsitzende Richter Veesendonk an der Balustrade, ein paar Meter entfernt stand der unglückliche Mensch, der der Vater der unglücklichen Fiona war, und redete auf seinen Anwalt ein.
    Im Garten selbst waren die Männer des Technischen Hilfswerks dabei, an den alten Obstbäumen Leitern aufzustellen und Scheinwerfer in Stellung zu bringen und Kabelleitungen durch den Rasen zu legen, immer wieder behindert von einem aufgeregten rundlichen Mann, der sich um Rasen und Obstbäume zu sorgen schien. Das muss der Herr Freundschuh sein, dachte sie und schlug den Mantel enger um sich, denn es war kalt geworden: jener Herr Freundschuh, der nicht nur Hauptmann Mornys Vermieter war, sondern was noch? Sie überlegte. Jedenfalls war er jemand mit einem großen Interesse an Mornys Künsten der Selbstverteidigung, so viel war klar.
    Freundschuh zeigte auf einen der Bäume und rief Steinbronner zu, hier gebe es überhaupt kein Nest und ein Elsternnest schon gar nicht.

    »Das hat nichts zu sagen«, antwortete Steinbronner, »wir schauen uns alle Bäume an und jedes Vogelnest und jedes Wurzelloch.«
    Dorpat erschien auf der Veranda, einen ausgedienten, von Staub bedeckten Schuhkarton in der Hand, über die er einen Plastikhandschuh gezogen hatte. »Die Kollegen haben das da oben unterm Dach gefunden, zwischen zwei Sparren, in einem Hohlraum, der mit einem Brett abgedeckt war.«
    Steinbronner zog die Augenbrauen hoch und warf einen grimmigen und ein klein wenig selbstzufriedenen Blick in die Runde. »Dann lassen Sie mal sehen.« Dorpat stellte die Schachtel auf den Campingtisch und deckte sie auf. Elaine war hinzugetreten, auch Veesendonk und der Anwalt Kugelmann hatten sich - zunächst zögernd - hinzugesellt.
    Zunächst sagte niemand ein Wort.
    Auf einem Bett von Ausschnitten aus Illustrierten lag eine unbekleidete blonde Barbiepuppe, vielleicht zwanzig Zentimeter groß, die Beine gespreizt, die Arme ausgestreckt.
    Veesendonk fasste sich als Erster. »Herr Freundschuh«, rief er, »kommen Sie doch mal her!«
    Wolfgang Freundschuh blickte hoch, dann ging er vorsichtig über den Rasen und stieg die Stufen zur Veranda hoch. Plötzlich blieb er stehen. »Was ist?«, fragte er und sah von einem zum anderen.
    Die Schuhschachtel interessiert ihn gar nicht, dachte die Anwältin.
    »Herr Freundschuh, schauen Sie mal«, sagte Veesendonk.

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