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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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verbiestern Sie den jungen Mann noch mehr.«
    »Ach!«, rief Steinbronner. »War das vielleicht ich, der den jungen Mann so zartfühlend einvernommen hat, dass er gleich davongelaufen ist?«
    »Diese Reaktion war sicher nicht vorhersehbar«, mischte sich Desarts ein.
    »Seien Sie doch still«, fuhr ihn Steinbronner an. »Dieses ganze Verfahren ist der Ulmer Staatsanwaltschaft doch entglitten wie ein Stück Seife!«
    Desarts wollte sagen, dass er sich diesen Ton verbitte, aber Steinbronner sah ihn nur grimmig an, und so ließ er es bleiben.
    »Durchaus möglich, dass ich überzogen habe«, sagte Veesendonk. »Ich hätte ihn nicht vor dieser versammelten Mannschaft befragen dürfen.«
    »Nun ja«, meinte Steinbronner, beugte sich vor und sah den Richter aus blutunterlaufenen Augen an. »Auf der anderen Seite ist es doch gar nicht schlecht gelaufen. Nicht für Sie, meinen Sie nicht?«
    Veesendonk gab den Blick zurück, mit einer - wie es schien - höflichen, interessierten Miene. »Sie erklären mir sicher, was Sie damit meinen?«
    »Ja, was mein ich wohl damit!«, antwortete der Kriminaldirektor. »Da haben wir einen Kampfsportkünstler, der sitzt in U-Haft, und jetzt haben wir noch einen zweiten, der prügelt sich den Weg frei und ist auf und davon. Wer fragt da noch, wen die totgeschlagene Frau eigentlich alles in ihrem telefonischen Adressbuch geführt hat? Niemand fragt danach, ist es nicht so, Herr Vorsitzender Richter Veesendonk?«

    Veesendonk hob die Augenbrauen. »Falls Sie darauf anspielen wollen …«, sagte er, aber bevor er weitersprechen konnte, klopfte es an die Tür und Steinbronners Fahrer kam herein.
    »Entschuldigung«, sagte er und suchte Steinbronners Blick, »aber da ist ein Gespräch für Sie aufgelaufen, und das soll ich nicht auf Ihr Handy legen...«
    Steinbronner stand auf. »Sie entschuldigen mich, ich komme gleich wieder.«
    Als er an seinem Fahrer vorbeikam, der ihm die Tür aufhielt, fragte er mit gedämpfter Stimme: »Wer?«
    »Staatskanzlei«, flüsterte der Fahrer.
     
     
     
    Der Daimler war in einer Haltebucht abgestellt worden; Elaine parkte ihren Roadster dahinter, stieg aus und ging nach vorne, wo Berndorf und Walleter standen. Von ihrem Platz aus hatte sie einen Blick hinunter auf das Tal, durch das sich ein dunkles Band zog und links und rechts davon ein Netz von Lichtern. Straßenlärm drang herauf, das ferne, hohe Jaulen eines Martinshorns war zu hören, ein zuckendes Blaulicht bahnte sich seinen Weg, ein zweites folgte.
    »Die fahren Richtung Süden, zum Hochsträß also«, sagte Walleter.
    »Er muss sie am Bahnübergang abgeschüttelt haben«, meinte Berndorf.
    »Warum dort?«
    »Weil sie glauben, dass er auf dieser Seite der Bahnlinie ist.«
    »Was bedeutet das für uns?«, fragte Elaine.
    »Dass wir dort suchen, wo die da unten es nicht tun«, antwortete er. »Falls du mitkommen willst. Die Chance auf einen Treffer ist eins zu hundert.«
    »Das ist besser als in der Klassenlotterie«, meinte Elaine. Sie kehrten zu ihren Fahrzeugen zurück, der Daimler wendete und fuhr zurück ins Tal, in die kleine Stadt, Elaine folgte.
    Der Daimler blieb eine Weile auf der Hauptstraße, dann setzte er unerwartet Blinker und bog nach rechts ab, eine Anhöhe hinauf,
fuhr weiter durch ein Wohngebiet und in ein von bewaldeten Anhöhen gesäumtes Seitental.
    Berndorf vermutet den jungen Mann also hier, dachte Elaine, und das allein aus dem kühlen Grunde, weil die Blaulichter in die andere Richtung, nach Süden, ausgeschwärmt waren? Sehr kühne Schlussfolgerung, das.
    Die Scheinwerfer der beiden Autos streiften über Wiesen mit einzelnen Baumgruppen, die zu einem kleinen mäandernden Fluss gehörten. Felsen tauchten auf und verschwanden, in einem Gehöft brannte ein einzelnes Licht, zwei oder drei andere Häuser kamen in Sicht, dazu eine Kirche mit viereckigem Turm, der Daimler zog um eine Kurve und hielt auf dem Parkplatz einer beleuchteten Gastwirtschaft. Gehorsam folgte Elaine und parkte neben dem Daimler ein. Bevor sie den Motor abstellte, warf sie einen Blick auf den Tacho. Sie waren fünf, vielleicht sechs Kilometer gefahren, nicht mehr.
    »Ich möchte mich hier umsehen«, sagte Berndorf, als sie ausgestiegen war, »das kann aber dauern. Und Walleter muss etwas essen, sonst fällt er vom Fleisch …«
    Elaine entschied, dass sie keinen Hunger hatte. »Wo sind wir hier und wohin führt diese Straße überhaupt?«, fragte sie.
    »Wir sind in Lautern, und die Straße geht nirgendwohin, nur

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