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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Spaß«, gab Lukas mit scheuem Blick Auskunft, wandte sich zur nächsten Tür und öffnete sie eilig. Sie führte in ein Zimmer, das offenbar bereits renoviert war. Auch hier weißer Rauputz, auf dem Boden Steinfliesen.
    »Da muss man im Winter warme Pantoffeln tragen«, vermutete die Anwältin. »Ich hasse Pantoffeln.«
    »Ich war als Kind oft hier«, sagte Lukas, »aber ich hab hier nie gefroren, auch im Winter nicht. Es ist gut isoliert.« Eine leichte Röte überzog sein Gesicht, als gehöre es sich nicht, von sich selbst zu sprechen. »Ich zeige Ihnen auch gerne den Heizkeller, aber zu den Details müssen Sie meinen Vater fragen.«
    »Ihr Vater ist Architekt?«, fragte die Anwältin.
    Lukas schüttelte den Kopf. »Er ist bei der Standortverwaltung. Das heißt, er war dort. Jetzt ist er im Ruhestand.«
    Die Anwältin nickte und warf einen raschen Blick zu Berndorf. Sie kamen in die Küche, an die ein Speisezimmer anschloss. Die Küche war leer und auch der Spültisch abgebaut.
    »Mein Vater meint, heute würden sich die Leute sowieso die Küche selber einrichten wollen.«
    »Das ist wahr«, meinte die Drautz, »auf einen gebrauchten Kühlschrank oder einen gebrauchten Herd legt heutzutage niemand mehr Wert.« Mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich an Berndorf: »Nicht wahr, Papa?«

    Der Rundgang führte weiter. Im Erdgeschoss ein hell gekacheltes Bad, außerdem ein kleineres Zimmer: »Das Arbeitszimmer meines Großvaters«, erläuterte Lukas. Die Räume im Obergeschoss waren - bis auf das zweite Bad - mit Parkett ausgelegt, ebenso das ausgebaute Dachgeschoss, wo Lukas sie in ein mit Holz getäfeltes Zimmer führte, das nach Süden ging und unterm vorspringenden Dach über einen eigenen Balkon verfügte. Auf der Fensterbank war ein Fotoapparat mit einem Teleobjektiv abgelegt. Lukas nahm den Apparat, drehte das Teleobjektiv heraus und verstaute es in einer Fototasche, die unten an der Wand lehnte. Wie zur Erklärung zeigte er in den Garten, der von mehreren, schon älteren Obstbäumen gesäumt war und der bis zum Ufer der Blau hinabzuführen schien.
    »Dahinten haben wir Rotkehlchen, die kenne ich, seit ich Kind war. Aber jetzt drängen sich schon wieder die Elstern herein und machen alles kaputt. Einige Zeit hatten wir auch eine Ringelnatter, ich glaube, sie kam von der Blau... ich wüsste zu gerne, ob sie noch da ist. Aber jetzt ist es noch zu früh für sie.«
    »Elstern! Schlangen! Reizend«, bemerkte Elaine Drautz. »Und die fotografieren Sie?«
    »Ich versuche es«, antwortete er zurückhaltend. »Es gibt viele Motive, hier an der Blau und im Kleinen Lautertal.«
    »Sie sind hier aufgewachsen? Aber warum wohnt Ihre Familie nicht mehr hier? Es ist ein sehr schönes Haus... und gar mit einer Ringelnatter!«
    »Aufgewachsen bin ich nicht hier«, antwortete Lukas. »Es war das Haus meiner Großmutter. Aber ich war oft hier, und dann« - wieder erschien die Röte auf seinem Gesicht - »war das hier oben mein Zimmer.«
    »Sie mochten Ihre Großmutter?«
    »Ja. Doch. Mein Großvater ist ein paar Jahre vor meiner Geburt gestorben.« Offenbar glaubte Lukas, schon zu viel von sich preisgegeben zu haben.
    »Ich jedenfalls hab so ein tolles Zimmer nie gehabt«, fuhr Elaine fort. »Ihre Großmutter hatte sonst keine Enkelkinder?«

    »Nein.« Lukas sah sie an, als müsse er einen irgendwie falschen Eindruck korrigieren. »Leider nicht. Dann hätt ich nicht alles abbekommen.«
    Elaine hob die Augenbrauen. »War Ihre Großmutter sehr streng?«
    »Ach ja«, meinte Lukas. »Manchmal schon. Aber sie hat mir viel beigebracht... ich weiß noch gut, wie sie mir zum ersten Mal die Ringelnatter gezeigt und erklärt hat, was das für ein Tier ist und dass man keine Angst davor haben muss und dass man es nicht totmachen darf...«
    »Lebt Ihre Großmutter noch?«
    »Sie ist vor vier Jahren gestorben«, antwortete Lukas. »Da hat mein Vater dann das Haus renovieren lassen und vermietet es seither. Wissen Sie, es gibt viele Offiziersfamilien, die bleiben immer nur ein paar Jahre an einem Standort und suchen deshalb ein Haus zur Miete.«
     
     
     
    Netter Junge«, sagte die Anwältin und stieß mit dem Roadster zurück auf die Erschließungsstraße. »Und was für ein süßes Alter. Keine Pickel mehr, trainierter Körper, alles fit und frisch und auf dem Sprung. Ach!« Sie schaltete, und der Roadster zog ruckartig an.
    »Sie lassen die Kupplung zu schnell kommen«, bemerkte Berndorf. »Das ist für dieses Auto so angenehm wie

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