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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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- er hob den Zeigefinger - »also müssen wir herausfinden, zu welchen Zügen Eisholm den Unbekannten begleitet haben kann. Auf die Gefahr hin, dass es sich dabei vielleicht doch um unseren Exkollegen handelt.«
    Kuttler zog seinen Notizblock zu sich her. »Der Güterzug fuhr um neunzehn Uhr zwölf auf Gleis sechs durch. Auf Gleis vier, am gleichen Bahnsteig gegenüber, hätte um neunzehn Uhr zweiundzwanzig der Regionalexpress nach Friedrichshafen abfahren sollen und ebenfalls um neunzehn Uhr zweiundzwanzig der Nahverkehrszug nach Ellwangen, und zwar von Gleis fünf a, das am Nordende des Bahnsteigs anschließt. Auf Gleis sechs schließlich fährt fahrplanmäßig um neunzehn Uhr sechsundzwanzig der Nahverkehrszug nach Sigmaringen ab... Alle anderen Züge, die für diesen Bahnsteig in Frage kommen, fuhren noch später. Wir sollten heute Abend dort die Fahrgäste befragen. Um diese Zeit sind noch viele Pendler unterwegs...«
    Er schwieg, denn ihm war eingefallen, dass vermutlich er es sein würde, der den Abend auf dem Bahnsteig zu verbringen hatte. Außerdem schlug das Telefon an, Kuttler griff zum Hörer und meldete sich.
    »Wieselböck«, meldete sich eine angenehm bajuwarische
Männerstimme am Telefon, »Polizeiinspektion Starnberg... Ich rufe an wegen der Leichensache Eisholm.«
    »Da sind Sie richtig verbunden, Kollege«, antwortete Kuttler.
    Auf der anderen Seite des Schreibtischs setzte sich Dorpat wieder und nahm ohne weitere Umstände den zweiten Hörer, als stehe ihm dies ganz selbstverständlich zu.
    »Ich weiß ja nicht, wie weit Sie mit Ihren Ermittlungen sind«, sagte Wieselböck, »aber wenn sich der Herr Eisholm jetzt vielleicht doch vor den Zug geworfen hat: Also mich tät’s nicht wundern. Ich war heut Nachmittag wie gewünscht die Frau Gabriele Querheim, geschiedene Eisholm, besuchen, und es hat zwei Stunden gedauert, und ich schreib Ihnen auch einen Bericht, wie es sich gehört, aber...«
    Er stieß einen Seufzer aus.
    »Die Dame war anstrengend?«, fragte Kuttler Anteil nehmend.
    »Anstrengend ist gut«, meinte Wieselböck. »Die Dame wohnt in einem recht netten, gar nicht kleinen Haus, Sie könnten es auch eine Villa nennen, und vor allem ist die gute Frau Querheim der Ansicht, dass der Herr Eisholm sich nur selbst umgebracht haben kann, damit er nämlich sie - die Frau Querheim, geschiedene Eisholm - um die ihr zustehenden Unterhaltszahlungen bringt, wie er denn überhaupt sein gesamtes Leben damit verbracht habe, sie zu hintergehen und zu betrügen, etcetera …«
    Kuttler blickte zu Dorpat, der eine Grimasse gezogen hatte. Es war nicht zu erkennen, ob die Grimasse dem Anrufer Wieselböck galt oder dem Thema der unterhaltsberechtigten Ex-Frauen.
    »Ich hab sie dann nach Leuten gefragt«, fuhr Wieselböck fort, »die einen Groll auf Eisholm haben könnten, aber das seien so viele, sagt sie, dass sie auf Anhieb nicht alle zusammenbrächte. Außerdem könne Eisholm nur das eine Motiv haben, sie um ihre Unterhaltsansprüche zu bringen, und ganz gewiss hätte er all seine Vermögenswerte längst irgendwelchen Nutten überschrieben, so dass sie selbst jetzt unweigerlich Hungers sterben
müsse... Also, ich schreib Ihnen jetzt einen schönen Bericht, Kollege, und dann können Sie das alles nachlesen, habe die Ehre!«
    Er legte auf. Dorpat ließ den Zweithörer sinken. »Meine Rede: so viele Feinde, dass man sie gar nicht zählen kann«, sagte er und warf Kuttler einen funkelnden Blick zu. »Es führt kein Weg daran vorbei, Kollege: Sie müssen sich die Fälle ansehen, die Eisholm übernommen hat. Ein paar wird er ja auch vergeigt haben, vielleicht hatte da einer eine Rechnung offen...«
    Dieses Funkeln?, dachte Kuttler. An was erinnerte ihn das noch? Genau! Es war der Widerschein von Schadenfreude gewesen.
     
     
     
    Vor einigen Jahren war im Westen der Stadt, hoch über dem Tal der Blau, ein neues Wohngebiet entstanden, Einfamilienhäuser und Wohnblocks, alle in einem hellen warmen Weiß, alle unter Verwendung von sehr viel Glas und Stahl gebaut. In einem der Wohnblocks hatte Brigitte Sosta ein Appartement gemietet oder gekauft, mit einem großzügigen Wohnzimmer, von dessen Terrasse aus man weit übers Tal und zum Bergrücken des Hochsträß sehen konnte.
    Kein Ring an der Hand, kein Herrenmantel in der Garderobe. Brigitte Sosta war offenkundig eine allein lebende Frau, schlank, aber mit ausgeprägten Hüften, das dunkle Haar jetzt straff nach hinten gebunden. Sie trug Jeans und einen weiten

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