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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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den beiden fragte, sagte er nur, Michael und Vren seien nicht mehr zusammen.« Sie kniff die Augen zu, als versuchte sie ein Bild aus der Vergangenheit
schärfer zu sehen. »Ich glaube, dass er es mit einem kleinen Lächeln gesagt hat. So, als empfinde er eine stille, intensive Genugtuung.« Sie schwieg, dann lächelte sie den Besucher unvermittelt an. »Aber wie lang das alles her ist! Sicher werden Sie denken, dass das alles schon gar nicht mehr wahr sein kann... darf ich Ihnen noch eine Tasse Kaffee einschenken?«
    Berndorf dankte, er müsse jetzt leider gehen. Seine Hand tastete nach der Taschenuhr, dann fiel ihm ein, dass sie kaputt war. »Ich will heute Abend wieder in Ulm sein. In einem kleinen Ort bei Ulm, um genau zu sein.«
     
     
     
    Das Handy hatte zu vibrieren begonnen, so fuhr er halb auf den Gehsteig, hielt und meldete sich. Es war - fast hatte er es befürchtet - Dorpat, der wissen wollte, was zum Teufel Kuttler eigentlich treibe.
    »Ich überprüfe das Alibi von Richter Veesendonk, Chef.«
    »Was tun Sie?!«
    Kuttler erklärte es ihm. Zu seiner Überraschung ließ ihn Dorpat ausreden.
    »Hat das nicht Zeit?«, fragte er schließlich, als Kuttler fertig war. »Natürlich müssen wir seine Angaben überprüfen, der Form halber müssen wir das, aber wir sind uns doch einig, Kollege, dass Veesendonk ernsthaft nicht in Betracht kommt.«
    »Ja«, antwortete Kuttler ergeben, »aber ich würde jetzt doch gerne diese Ermittlung abschließen...«
    Dorpat ließ ein herablassendes »Na gut« vernehmen, Kuttler schaltete das Handy ab und fuhr weiter. Dabei hatte er durchaus nicht die Absicht, jetzt irgendwelche Ermittlungen abzuschlie ßen oder gar den Richter Veesendonk aufzusuchen. Was der ihm erzählen würde, wäre vielleicht oder auch sehr wahrscheinlich die Wahrheit: die Frau hatte ihn mit dem Wagen abgeholt, oder sie hatte den Wagen von der Werkstatt zum Justizgebäude gefahren und dort auf dem Parkplatz abgestellt und ihm den Schlüssel bringen lassen (freilich ein bisschen umständlich, das alles)... Das mochte also die Wahrheit sein oder auch nicht: Er,
Kuttler, konnte es im Augenblick nicht überprüfen. Und selbst wenn er Veesendonk nachweisen könnte, dass er an jenem Mittwoch mit dem Zug nach Hause gefahren war - was wäre dann? Nichts wäre dann. Ach ja, würde der Richter sagen, das war mir in der Aufregung und nach diesem turbulenten Verhandlungstag ganz entfallen, und Desarts würde die Augenbrauen hochziehen und Dorpat die Stirn runzeln, vielleicht befiele den Kriminalrat Englin noch ein hektisches Zucken des linken Augenlids, aber das wäre es dann auch schon gewesen.
    Er war weitergefahren, ein Stück nach Westen, und stellte jetzt den Wagen am Fahrbahnrand ab, blieb aber sitzen. Er war etwa fünfzig Meter unterhalb des spitzgiebligen alten Hauses, in welchem das Ehepaar Morny gelebt hatte. Er dachte an das winzige Reihenhaus, in dem Puck und Janina und er wohnten, und plötzlich kam ihm das Morny-Haus fast unanständig groß und großzügig vor, die beiden hatten ja nicht einmal Kinder. Nun, wenn sie Kinder gehabt hätten, dann hätten sie sich dieses Haus gewiss nicht leisten können...
    In der Einfahrt stand ein Transporter, der Wagen eines Malerbetriebs, also wurde das Haus renoviert, wie es der Alte gesagt hatte. Trotzdem kam ihm der Vorschlag, dort noch einmal nach der Kette zu suchen, plötzlich drollig vor: Wie in einem Stummfilm sah er sich selbst durch gespenstisch leere Räume tapern, mit weißem Gesicht und großen Augen, an Wände und Paneele klopfend, auf der Suche nach dem Geheimfach, in dem dann alle Schätze Sindbads verborgen lagen, samt jener bescheuerten Kette...
    Er schüttelte den Kopf. Über die Straße vor ihm hüpften und flatterten zwei schwarzweiße Vögel, in Liebes- oder andere Händel verstrickt; als ein Radfahrer sich näherte, flogen sie mit schwirrendem Flügelschlag auf.
    Guck nicht so blöd, dachte Kuttler, das sind Elstern. Seit sie nicht mehr abgeschossen werden dürfen, werden sie immer mehr... Noch einmal schüttelte er den Kopf. Elstern gehen überhaupt nicht. Elstern gehen noch weniger als irgendwelche Geheimfächer. Elstern, die sich eine Goldkette fürs Räubernest klauen, darf es bei »Tim und Struppi« geben, nirgendwo sonst.
    Der Radfahrer war in die Einfahrt eingebogen und hatte sein Rad neben dem Werkstattwagen abgestellt.
    Kuttler holte aus dem Handschuhfach eine Stablampe, stieg aus und ging entschlossen auf das Haus zu. Die Tür war offen,

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