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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wahrscheinlich nicht zuständig.«
    Ich reiße das Lenkrad herum und halte auf dem Standstreifen. »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, es fragt deshalb nie einer nach deiner Meinung, weil du sie so oft änderst. Nehmen wir mich zum Beispiel. Ich weiß nicht mal mehr, ob wir überhaupt noch versuchen sollen, deinen Antrag bei dem Richter durchzukriegen.«
    Â»Wieso nicht?«
    Â»Frag deine Mutter. Frag Julia. Dauernd werd ich von irgendwem darüber informiert, daß du einen Rückzieher machen willst.« Ich blicke auf die Armlehne zwischen uns, wo ihre Hand liegt – lila Glitzernagellack, die Nägel abgekaut. »Wenn du vom Gericht wie eine Erwachsene behandelt werden willst, mußt du dich auch langsam so verhalten. Ich kann nur für dich kämpfen, Anna, wenn du allen zeigst, daß du für dich selbst kämpfen kannst.«
    Ich fädele mich wieder in den Verkehr ein und werfe ihr einen Seitenblick zu, aber Anna sitzt da, die Hände zwischen die Oberschenkel geklemmt, das Gesicht stur geradeaus gerichtet. »Wir sind fast bei dir zu Hause«, sage ich trocken. »Dann kannst du aussteigen und mir schön laut die Tür vor der Nase zuknallen.«
    Â»Wir fahren nicht zu mir nach Hause. Ich muß zur Feuerwache. Mein Dad und ich wohnen vorübergehend da.«
    Â»Bilde ich mir das ein, oder habe ich mich nicht genau dafür gestern im Familiengericht ausgesprochen? Und hast du nicht zu Julia gesagt, du möchtest nicht von deiner Mutter getrennt werden? Das ist haargenau das, was ich meine, Anna«, sage ich und schlage mit der Hand aufs Lenkrad. »Was willst du wirklich, verdammt noch mal?«
    Als sie ausrastet, ist es beinahe beeindruckend. »Sie wollen wissen, was ich will? Ich bin es satt, als Ersatzteillager herhalten zu müssen. Ich bin es satt, daß keiner mich fragt, wie es mir dabei geht. Es macht mich krank, aber eben nie krank genug für diese Familie.« Sie öffnet die Autotür, obwohl der Wagen noch rollt, und ich bremse. Dann springt sie aus dem Wagen und läuft auf die Feuerwache zu, die noch ein ganzes Stück entfernt ist.
    Sieh an. Meine kleine Mandantin hat also doch das Potential, sich Gehör zu verschaffen. Das heißt, sie würde im Zeugenstand eine bessere Figur machen, als ich dachte.
    Und gleich danach denke ich: Anna mag ja in der Lage sein, vor Gericht auszusagen, aber was sie gesagt hat, zeugt nicht von Mitgefühl. Es wirkt sogar unreif. Mit anderen Worten, es würde den Richter wahrscheinlich nicht dazu bringen, zu ihren Gunsten zu entscheiden.
    BRIAN
    Feuer und Hoffnung sind miteinander verbunden, nur damit Sie’s wissen. Wenn man den alten Griechen glauben darf, erteilte Zeus Prometheus und Epimetheus den Auftrag, auf der Erde Leben zu schaffen. Epimetheus erschuf die Tiere und gab ihnen obendrein Schnelligkeit und Stärke und Felle und Flügel. Als Prometheus den Menschen erschuf, waren die besten Eigenschaften alle schon vergeben. Er begnügte sich damit, ihnen den aufrechten Gang zu verleihen, und er schenkte ihnen das Feuer.
    Zeus war ziemlich sauer und nahm es ihnen wieder weg. Als Prometheus sah, daß seine glorreiche Schöpfung vor Kälte zitterte und auch nicht mehr kochen konnte, entzündete er an der Sonne eine Fackel und brachte den Menschen das Feuer zurück. Um Prometheus zu bestrafen, ließ Zeus ihn an einen Felsen ketten, wo ein Adler täglich von seiner Leber fraß, die immer wieder nachwuchs. Um die Menschen zu bestrafen, schuf Zeus die erste Frau, Pandora, und machte ihr ein Geschenk, eine Büchse, die sie nicht öffnen durfte.
    Doch eines Tages erlag Pandora ihrer Neugier. Sie öffnete die Büchse, und es entwichen Plagen und Leiden und Übel. Rasch schloß sie den Deckel wieder, so daß die Hoffnung, die als einzige noch drin geblieben war, nicht entweichen konnte. Sie ist die einzige Waffe, die uns geblieben ist, um die anderen Übel zu bekämpfen.
    Fragen Sie irgendeinen Feuerwehrmann, und er wird Ihnen bestätigen, daß das stimmt. Ach was. Fragen Sie irgendeinen Vater.
    Â»Kommen Sie mit rauf«, sage ich zu Campbell Alexander, als er mit Anna kommt. »Es gibt frischen Kaffee.« Er folgt mir die Treppe hinauf, seinen deutschen Schäferhund im Schlepptau. Ich gieße zwei Tassen ein. »Wozu ist der Hund da?«
    Â»Er lockt Frauen an«, sagt der Anwalt. »Haben Sie Milch?«
    Ich reiche ihm die Packung aus dem

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