Beim Leben meiner Schwester
»Uns gehtâs gut«, sagt er, doch er meint nicht mich.
»Mr. Fitzgerald, ist es vorgekommen, daà Sie anderer Ansicht waren als Ihre Frau, was Annas Beteiligung an Kates Behandlungen betrifft?«
»Ja. Die Ãrzte hatten gesagt, wir würden für Kate nur das Nabelschnurblut brauchen. Also nichts, was der Kleinen je fehlen würde, und es würde ihr auch ganz sicher nicht weh tun.« Er sucht Annas Blick, lächelt ihr zu. »Und es hat ja auch eine Zeitlang funktioniert. Kate ging in Remission. Aber 1996 hatte sie wieder einen Rückfall. Die Ãrzte wollten, daà Anna Lymphozyten spendet. Das würde Kate zwar nicht heilen, aber es würde ihr helfen.«
Ich hake nach. »Sie und Ihre Frau waren sich hinsichtlich dieser Behandlung nicht einig?«
»Ich hatte Zweifel. Diesmal würde Anna wissen, was mit ihr gemacht wurde, und es würde ihr ganz sicher nicht gefallen.«
»Was hat Ihre Frau gesagt, um Sie umzustimmen?«
»Daà wir, wenn wir Anna jetzt kein Blut abnehmen würden, schon bald Knochenmark von ihr bräuchten.«
»Wie war Ihnen dabei zumute?«
Brian schüttelt den Kopf. »Sie wissen nicht, wie das ist«, sagt er leise, »bis Ihr Kind todkrank wird. Dann sagt man auf einmal Dinge und tut Dinge, die man gar nicht sagen oder tun will.« Er sieht zu Anna hinüber, die reglos neben mir sitzt. »Ich wollte Anna das nicht antun. Aber ich wollte Kate nicht verlieren.«
»Brauchten Sie Annas Knochenmark dann doch noch?«
»Ja.«
»Mr. Fitzgerald, würden Sie als ausgebildeter Rettungssanitäter an einem Patienten, der keinerlei ersichtliche körperliche Beschwerden hat, eine Behandlung vornehmen?«
»Natürlich nicht.«
»Wieso dachten Sie als Annas Vater dann, daà diese invasive Behandlung, die für Anna selbst Risiken barg und ihr keinerlei körperlichen Nutzen brachte, in ihrem Interesse lag?«
»Weil«, sagt Brian, »ich Kate nicht sterben lassen konnte.«
»Mr. Fitzgerald, gab es noch andere Punkte, in denen Sie und Ihre Frau unterschiedlicher Ansicht waren, was die Benutzung von Annas Körper für die Behandlung Ihrer älteren Tochter anging?«
»Vor einigen Jahren kam Kate ins Krankenhaus, mit schweren Blutungen, und ⦠keiner glaubte mehr, daà sie es schaffen würde. Ich dachte, es wäre an der Zeit loszulassen. Sara nicht.«
»Was geschah dann?«
»Die Ãrzte gaben Kate Arsen, und es wirkte, und sie kam für ein Jahr in Remission.«
»Wollen Sie damit sagen, daà es eine Behandlung gab, die Kate rettete, ohne daà man dafür Annas Körper brauchte?«
Brian schüttelt den Kopf. »Ich will damit sagen ⦠daà ich ganz sicher war, daà Kate sterben würde. Aber Sara gab Kate nicht auf, sie hat es geschafft.« Er sieht zu seiner Frau hinüber. »Und jetzt versagen Kates Nieren. Ich will sie nicht leiden lassen. Aber gleichzeitig will ich denselben Fehler nicht noch einmal machen. Ich will mir nicht einreden, daà es vorbei ist, wenn es noch eine Chance gibt.«
Brian ist zu einer emotionalen Lawine geworden, die genau auf das Glashaus zudonnert, das ich so sorgfältig gebaut habe. Ich muà ihn bremsen. »Mr. Fitzgerald, wuÃten Sie, daà Ihre Tochter gegen Sie und Ihre Frau ein Verfahren anstrengen würde?«
»Nein.«
»Als Sie es erfuhren, haben Sie da mit Anna darüber gesprochen?«
»Ja.«
»Was haben Sie aufgrund dieses Gesprächs getan?«
»Ich bin mit Anna von zu Hause ausgezogen.«
»Warum?«
»Ich wollte Anna die Möglichkeit geben, über ihre Entscheidung in Ruhe nachzudenken, und das hätte sie zusammen mit uns allen unter einem Dach nicht gekonnt.«
»Nachdem Sie mit Anna ausgezogen sind und lange mit ihr darüber gesprochen haben, warum sie dieses Verfahren angestrengt hat â unterstützen Sie da die Forderung Ihrer Frau, daà Anna sich weiterhin als Spenderin für Kate zur Verfügung stellt?«
Die Antwort, die wir geprobt haben, ist nein; das ist der Dreh- und Angelpunkt meiner Strategie. Brian beugt sich vor, um zu antworten. »Ja, das tue ich«, sagt er.
»Mr. Fitzgerald, ist es Ihrer Meinung nach â¦Â«, setze ich an und begreife erst jetzt, was er gesagt hat. »Wie bitte?«
»Ich wünsche noch immer, daà Anna eine Niere spendet«, gesteht Brian.
Ich starre diesen
Weitere Kostenlose Bücher