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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hat?«
    Â»Theoretisch dürfte das keine langfristigen Folgen haben.«
    Â»Theoretisch«, wiederhole ich. »Wieso nur theoretisch?«
    Â»Weil bislang nur an Versuchstieren im Labor geforscht wurde«, gibt Dr. Chance zu. »Die Auswirkungen auf Menschen werden noch untersucht.«
    Â»Wie beruhigend.«
    Er zuckt die Achseln. Ȁrzte verschreiben in der Regel keine Medikamente, die möglicherweise Unheil anrichten.«
    Â»Sagt Ihnen der Name Thalidomid etwas, Dr. Chance?«
    Â»Selbstverständlich. Es ist ein Medikament, das in jüngster Vergangenheit für die Krebsforschung wiederentdeckt wurde.«
    Â»Und es war mal ein bahnbrechendes Medikament«, stelle ich klar. »Mit katastrophalen Nebenwirkungen. Apropos … diese Nierenspende – sind mit diesem Eingriff Risiken verbunden?«
    Â»Nicht mehr als bei anderen Operationen«, sagt Dr. Chance.
    Â»Könnte es für Anna bei der Operation tödliche Komplikationen geben?«
    Â»Das ist höchst unwahrscheinlich, Mr. Alexander.«
    Â»Gut, dann gehen wir mal davon aus, daß Anna den Eingriff mit Bravour übersteht. Wie wird sich der Umstand, nur noch eine Niere zu haben, auf ihr weiteres Leben auswirken?«
    Â»Im Grunde gar nicht«, sagt der Arzt. »Das ist ja das Schöne daran.«
    Ich reiche ihm eine Broschüre, die von der Urologie seines eigenen Krankenhauses herausgegeben wurde. »Würden Sie bitte die markierte Passage vorlesen?«
    Er setzt erneut seine Brille auf. »Erhöhtes Bluthochdruckrisiko. Mögliche Komplikationen während der Schwangerschaft.« Dr. Chance blickt auf. »Spendern wird empfohlen, keine Kontaktsportarten zu betreiben, um das Risiko zu minimieren, daß ihre verbliebene Niere geschädigt wird.«
    Ich falte die Hände hinter dem Rücken. »Wußten Sie, daß Anna Eishockey spielt?«
    Er sieht sie an. »Nein. Das wußte ich nicht.«
    Â»Sie ist Torhüterin. Schon seit ein paar Jahren.« Ich lege eine effektvolle Pause ein. »Aber da die Nierenspende noch hypothetisch ist, sollten wir uns auf das konzentrieren, was schon erfolgt ist. Wachstumsfaktorspritzen, Spenderlymphozyteninfusion, Stammzellen, Lymphozytenspenden, Knochenmark – all die zahllosen Behandlungen, die Anna über sich ergehen ließ. Wollen Sie behaupten, Dr. Chance, daß diese Maßnahmen Ihrer sachverständigen Meinung nach bei Anna keinen nennenswerten medizinischen Schaden angerichtet haben?«
    Â»Nennenswert?« Er zögert. »Nein, mit Sicherheit nicht.«
    Â»Hat Anna irgendeinen nennenswerten Nutzen davon gehabt?«
    Dr. Chance sieht mich lange an. »Sicher«, sagt er. »Sie hat ihre Schwester gerettet.«
    Anna und ich essen oben im Gerichtsgebäude unseren Lunch, als Julia hereinkommt. »Ist das hier eine Privatveranstaltung?«
    Anna winkt sie herein, und Julia setzt sich, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. »Wie geht’s dir?« fragt sie.
    Â»Ganz okay«, antwortet Anna. »Ich wünschte nur, alles wäre schon vorbei.«
    Julia öffnet eine Packung Salatdressing und kippt es über den Lunch, den sie sich mitgebracht hat. »Das geht schneller, als du denkst.«
    Als sie das sagt, wirft sie mir einen kurzen Seitenblick zu.
    Mehr ist nicht nötig, um mich wieder an den Duft ihrer Haut und an das Muttermal unter ihren Brüsten zu erinnern, das die Form einer Mondsichel hat.
    Plötzlich steht Anna auf. »Ich geh mal pinkeln«, verkündet sie.
    Sie verläßt den Besprechungsraum und läßt mich und Julia allein mit allem, das hätte sein können, aber nicht war.
    Â»Sie hat uns absichtlich allein gelassen«, wird mir klar.
    Julia nickt. »Sie ist ein aufgewecktes Mädchen.« Dann legt sie ihre Plastikgabel beiseite. »Dein Auto ist voller Hundehaare.«
    Â»Ich weiß. Aber Judge möchte sein Fell nun mal nicht als Pferdeschwanz tragen.«
    Â»Warum hast du mich nicht geweckt?«
    Ich grinse: »Weil das bestimmt Folgen gehabt hätte, und an der Anlegestelle ist Wellenschlagen verboten.«
    Doch Julia lächelt nicht. »War die letzte Nacht für dich nur ein Witz, Campbell?«
    Mir fällt ein Spruch ein, den ich mal irgendwo gehört habe: Wenn du sehen willst, wie Gott lacht, dann mach Plä ne . Und weil ich ein Feigling bin, schnappe ich mir Judges Halsband. »Ich muß mit ihm Gassi gehen, bevor

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