Beim Leben meiner Schwester
aufging.
Und der Grund für das ganze Durcheinander? Die Erdachse wackelt. Das Leben ist längst nicht so stabil, wie wir es gern hätten.
Campbell Alexander erbricht sich auf den Gerichtsteppich und hustet sich dann im Richterzimmer allmählich wieder zurück ins BewuÃtsein. »Schön langsam«, sage ich und helfe ihm, sich aufzusetzen. »Es hat Sie ziemlich heftig erwischt.«
Er hält sich den Kopf. »Was ist denn passiert?«
Amnesie für die Zeit kurz vor und nach dem Anfall ist keine Seltenheit. »Sie sind umgekippt. Sah mir ganz nach einem Grand Mal aus.«
Er blickt nach unten auf den Venentropf, den Caesar und ich ihm gelegt haben. »Das brauch ich nicht.«
»Und ob Sie das brauchen«, sage ich. »Wenn Sie keine entkrampfenden Mittel nehmen, liegen Sie im Handumdrehen wieder flach.«
Er kapituliert, lehnt sich gegen die Couch und starrt zur Decke. »Warâs wirklich so schlimm?«
»Und ob«, erwidere ich.
Er streicht Judge über den Kopf â der Hund weicht nicht von seiner Seite. »Braver Junge. Entschuldige, daà ich nicht auf dich gehört hab.« Dann fällt sein Blick auf seine Hose, die naà ist und stinkt â auch das gehört zu den Folgen eines schweren Anfalls. »ScheiÃe.«
»Fast.« Ich gebe ihm eine von meinen Ersatzuniformhosen, die ich vom Department habe mitbringen lassen. »Brauchen Sie Hilfe?«
Er schüttelt den Kopf und versucht einhändig, sich die Hose auszuziehen. Ohne ein Wort öffne ich seinen ReiÃverschluÃ, helfe ihm, sich umzuziehen. Ich tue das ohne nachzudenken, so wie ich einer Frau, die reanimiert werden muÃ, die Bluse hochschieben würde. Aber ich weià ganz genau, daà ihn das fertig macht.
»Danke«, sagt er und zieht sich selbst den ReiÃverschluà zu. Wir sitzen ein paar Sekunden schweigend da. »Weià der Richter Bescheid?« Als ich nicht antworte, vergräbt Campbell das Gesicht in den Händen. »Oh Gott. Haben es wirklich alle mitgekriegt?«
»Wie lange verheimlichen Sie es schon?«
»Von Anfang an. Ich war achtzehn. Ich hatte einen Autounfall, und danach fing es an.«
»Schädeltrauma?«
Er nickt. »So hieà es jedenfalls.«
Ich klemme die Hände zwischen die Knie. »Anna war ziemlich erschrocken.«
Campbell reibt sich die Stirn. »Sie war gerade ⦠bei ihrer Aussage.«
»Ja«, sage ich. »Ja.«
Er sieht zu mir hoch. »Ich muà wieder da rein.«
»Noch nicht.« Als Julias Stimme ertönt, drehen wir uns beide um. Sie steht an der Tür und starrt Campbell an, als hätte sie ihn noch nie gesehen, und ich vermute, daà das sogar stimmt, jedenfalls nicht in diesem Zustand.
»Ãh, ich geh dann mal nachsehen, ob die Jungs den Papierkram soweit fertig haben«, murmele ich und lasse die beiden allein.
Dinge sehen nicht immer so aus, wie sie scheinen. Manche Sterne sehen aus wie helle Nadelstiche, aber wenn man sie durch ein Teleskop betrachtet, stellt man fest, daà sie Kugelsternhaufen sind â Millionen Sterne, die für uns eine Einheit darstellen. Weniger drastisch verhält es sich mit Drei-Stern-Systemen wie Alpha Centauri, die bei genauerer Betrachtung eigentlich ein Doppelstern mit einem roten Zwerg in der Nähe sind.
In Afrika gibt es einen Eingeborenenstamm, der glaubt, daà das Leben von dem zweiten Stern in Alpha Centauri stammt, der ohne ein Hochleistungsteleskop nicht zu erkennen ist. Wahr ist auch, daà die Griechen, die Ureinwohner Australiens und die Plains-Indianer in Nordamerika, obwohl sie auf verschiedenen Kontinenten lebten, alle unabhängig voneinander das Siebengestirn der Plejaden betrachteten und darin sieben junge Mädchen erblickten, die vor etwas weglaufen, das sie bedroht.
Halten Sie davon, was Sie wollen.
CAMPBELL
Die Nachwirkungen eines Grand-Mal-Anfalls fühlen sich in etwa so an, als wachte man nach einer Zechtour völlig verkatert irgendwo auf der StraÃe auf, um dann postwendend von einem Lastwagen überrollt zu werden. Wenn ich mirâs recht überlege, ist ein Grand Mal noch viel schlimmer. Ich habe mir in die Hosen gemacht, hänge am Tropf und bin am Ende, als Julia auf mich zukommt. »Er ist ein Epilepsiehund«, sage ich.
»Was du nicht sagst.« Julia hält Judge die Hand hin, damit er sie beschnüffeln kann. Sie zeigt auf die Couch neben mich. »Kann ich mich
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