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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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tut mir leid.«
    Also, ich weiß nicht, ob es darauf irgendeine angemessene Antwort gibt. Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Hab ich deswegen den Hund nicht streicheln dürfen?«
    Â»Ja.«
    Â»Woher weiß Judge, daß er was machen muß?«
    Campbell zuckt die Achseln. »Angeblich hängt das mit dem Geruch zusammen oder mit elektrischen Impulsen, die ein Tier früher spürt, als ein Mensch das kann. Aber ich glaube, es liegt daran, daß wir uns so gut kennen.« Er tätschelt Judge den Hals. »Wenn er mich warnt, gehe ich normalerweise irgendwohin, wo mir nichts passieren kann. Meistens hab ich rund zwanzig Minuten Zeit.«
    Â»Mhm.« Ich bin auf einmal verlegen. Ich hab schon oft Kate gesehen, wenn es ihr richtig schlecht geht, aber das hier ist anders. Bei Campbell hatte ich nicht mit so was gerechnet. »Haben Sie meinen Fall deshalb angenommen?«
    Â»Damit ich in aller Öffentlichkeit einen Anfall kriegen kann? Nee, bestimmt nicht.«
    Â»Das mein ich nicht.« Ich schaue von ihm weg. »Weil Sie wissen, wie das ist, wenn man keine Kontrolle über seinen Körper hat.«
    Â»Kann sein«, sagt Campbell nachdenklich. »Aber meine Türknäufe mußten wirklich dringend mal poliert werden.«
    Falls er mich aufmuntern will, mißlingt ihm das gründlich. »Ich hab Ihnen ja gesagt, daß es keine gute Idee war, mich aussagen zu lassen.«
    Er legt die Hände auf meine Schultern. »Anna, bitte. Wenn ich mich nach meinem Auftritt da wieder reintraue, dann wirst du doch wohl noch einmal in den Zeugenstand klettern und ein paar Fragen über dich ergehen lassen können.«
    Was soll ich gegen diese Logik einwenden? Also folge ich Campbell zurück in den Gerichtssaal, wo nichts mehr so ist wie noch vor einer Stunde. Während alle ihn anstarren, als wäre er eine tickende Zeitbombe, tritt Campbell vor und sagt laut und deutlich: »Euer Ehren, ich möchte mich für den Zwischenfall vorhin entschuldigen. Was tut man nicht alles für eine Zehnminutenpause, nicht wahr?«
    Wie kann er bloß über so was Witze machen? Und dann wird mir klar: Kate macht das auch. Vielleicht wird man mit einer Extraportion Humor besser mit dem eigenen Handicap fertig.
    Â»Nehmen Sie sich doch den Rest des Tages frei, Mr. Alexander«, schlägt Richter DeSalvo vor.
    Â»Nein, es geht mir wieder gut. Und ich halte es für wichtig, daß wir den Dingen jetzt auf den Grund gehen.« Er sieht die Gerichtsschreiberin an. »Könnten Sie, äh, meinem Gedächtnis ein bißchen auf die Sprünge helfen?«
    Sie liest aus der Mitschrift vor, und Campbell nickt, aber er tut so, als ob er meine nachgekauten Worte zum ersten Mal hört. »Also gut, Anna, du hast gesagt, Kate habe dich gebeten, diesen Antrag auf Entlassung aus der elterlichen Gewalt zu stellen?«
    Wieder winde ich mich. »Nicht direkt.«
    Â»Inwiefern?«
    Â»Sie hat mich nicht gebeten, ein Verfahren anzustrengen.«
    Â»Worum hat sie dich denn gebeten?«
    Ich schiele zu meiner Mutter hinüber. Sie weiß es; sie muß es wissen. Zwing mich nicht, es auszusprechen.
    Â»Anna«, drängt Campbell. »Worum hat sie dich gebeten?«
    Ich presse die Lippen zusammen, schüttele den Kopf, und Richter DeSalvo beugt sich vor. »Anna, du mußt diese Frage beantworten.«
    Â»Also gut.« Die Wahrheit bricht aus mir heraus wie ein tosender Fluß. »Sie hat mich gebeten, sie zu töten.«
    Das erste, was mich stutzig machte, war, daß Kate die Tür von unserem Zimmer verriegelt hatte, obwohl die eigentlich kein richtiges Schloß hat, was bedeutete, daß sie entweder einen Stuhl unter die Klinke geschoben oder sie sonst irgendwie festgeklemmt haben mußte.
    Â»Kate!« rief ich und hämmerte gegen die Tür, weil ich vom Hockeytraining ganz verschwitzt und dreckig war und unbedingt duschen und mir was Frisches anziehen wollte. »Kate, laß den Quatsch.«
    Ich muß einen ganz schönen Aufstand gemacht haben, denn schließlich öffnete sie die Tür. Und dann stutzte ich zum zweiten Mal: Irgendwas stimmte nicht mit dem Zimmer. Ich sah mich um, aber alles schien an Ort und Stelle zu sein – vor allem, sie hatte nicht in meinen Sachen rumgekramt – und trotzdem sah Kate aus, als hätte sie ein schlechtes Gewissen.
    Â»Was hast du?« fragte ich und ging ins Bad, wo ich die Dusche andrehte. Und da roch ich es

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