Beim Leben meiner Schwester
ist bloà Show, das weià doch jeder.« Er sieht zu ihr rüber. »Gandhi oder Martin Luther King?«
»Die würden die Verzichterklärung nicht unterschreiben.«
»SüÃe, hier gehtâs um Promiboxen auf Fox«, sagt Jesse. »Meinst du ernsthaft, die bestehen auf einer Verzichterklärung?«
Kate lächelt: »Der eine von beiden würde sich einfach in den Ring setzen, und der andere würde seinen Mundschutz nicht tragen.« In diesem Moment trete ich ein. »Hallo, Mom«, sagt sie, »was meinst du, wer würde beim hypothetischen Promiboxen gewinnen â Marcia oder Jan Brady?«
Erst jetzt bemerkt sie, daà ich nicht allein bin. Als einer nach dem anderen ins Zimmer tritt, macht sie groÃe Augen und zieht die Bettdecke höher. Sie sieht Anna an, aber ihre Schwester weicht ihrem Blick aus. »Was ist denn los?«
Der Richter tritt vor, nimmt meinen Arm. »Ich weiÃ, Sie möchten mit ihr reden, Sara, aber ich muà mit ihr reden.« Er geht zum Bett und streckt seine Hand aus. »Guten Tag, Kate. Ich bin Richter DeSalvo. Ich würde mich gern ein paar Minuten mit dir unterhalten. Allein«, fügt er hinzu, und alle anderen gehen aus dem Zimmer.
Ich bin die letzte. Ich sehe, wie Kate nach hinten in die Kissen sinkt, plötzlich wieder erschöpft ist. »Ich hab mir gedacht, daà Sie kommen würden«, sagt sie zu dem Richter.
»Wieso?«
»Weil«, sagt Kate, »am Ende immer alles zu mir zurückkommt.«
Als Richter DeSalvo herauskommt, ernst und bedrückt, springen Campbell, Brian und ich auf. »Morgen früh«, sagt er. »SchluÃverhandlung um neun.« Mit einem Nicken bedeutet er Vern, ihn zu begleiten, und schreitet dann den Gang hinunter.
»Komm«, sagt Julia zu Campbell. »Ich bin jetzt dein Servicemensch.«
»Das Wort gibtâs gar nicht.« Aber anstatt ihr zu folgen, kommt er erst noch zu mir. »Sara«, sagt er einfach. »Es tut mir leid.« Und er macht mir noch ein Geschenk. »Nehmen Sie Anna mit nach Hause?«
Sobald er weg ist, sagt Anna zu mir: »Ich muà unbedingt mit Kate sprechen.«
Ich lege einen Arm um sie. »Aber natürlich kannst du das.«
Wir gehen hinein, nur unsere Familie, und Anna setzt sich auf Kates Bettkante. »Hi«, murmelt Kate, deren Augen sich öffnen.
Anna schüttelt den Kopf. Sie braucht einen Moment, bis sie die richtigen Worte findet. »Ich habâs versucht«, sagt sie schlieÃlich, und ihre Stimme verfängt sich wie Watte an Dornen, als Kate ihre Hand drückt.
Jesse setzt sich auf die andere Seite. Als ich meine Kinder so nah zusammen sehe, muà ich an die Fotos denken, die wir jedes Jahr im Oktober machten, um sie später als Weihnachtskarten zu verschicken. Die drei posierten der GröÃe nach auf dem Ast eines Ahornbaumes oder auf einer Steinmauer, ein für alle verewigter Augenblick, um sich an sie zu erinnern.
»Alf oder Mr. Ed?« fragt Jesse.
Kates Mundwinkel verziehen sich nach oben. »Das Pferd. Achte Runde.«
»Du bist dran.«
SchlieÃlich bückt Brian sich und küÃt Kate auf die Stirn. »Schlaf gut, Schätzchen.« Während Anna und Jesse schon leise auf den Flur gehen, gibt er auch mir einen GutenachtkuÃ. »Ruf mich an«, flüstert er.
Und dann, als alle weg sind, setze ich mich neben meine Tochter. Ihre Arme sind so dünn, daà ich die Bewegung der Knochen sehen kann, wenn sie sich bewegt; ihre Augen scheinen älter als meine zu sein.
»Ich vermute, du hast Fragen«, sagt Kate.
»Später vielleicht«, antworte ich und erstaune mich selbst. Ich lege mich aufs Bett und nehme sie in die Arme.
Mir kommt der Gedanke, daà man Kinder nie hat , man nimmt sie in Empfang. Und manchmal bleiben sie nicht so lange, wie wir gedacht oder gehofft haben. Aber das ist trotz allem noch immer viel besser, als wenn man sie nie gehabt hätte.
»Kate«, gestehe ich, »es tut mir so leid.«
Sie schiebt sich von mir weg, bis sie mir in die Augen blicken kann. »Das muà es nicht«, sagt sie eindringlich. »Mir tutâs auch nicht leid.« Sie versucht zu lächeln, gibt sich so verdammt viel Mühe. »Es war doch gut, Mom, nicht wahr?«
Ich beiÃe mir auf die Lippen, spüre das Gewicht der Tränen. »Es war wunderbar«, antworte ich.
DONNERSTAG
Ein Feuer brennt das andere nieder,
Ein Schmerz kann eines
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