Beim Leben meiner Schwester
muÃt«, sagte Kate.
»Ja, ist doch klar.« Ich trocknete Gabeln und Löffel ab und räumte sie in die Besteckschublade.
»Ich weiÃ, du würdest alles dafür tun, um nicht mehr hinzumüssen.«
Ich warf ihr einen Blick zu. »Klar. Weil du dann gesund wärst.«
»Oder tot.« Kate tauchte die Hände in das Spülwasser, darauf bedacht, mich ja nicht anzusehen. »Ãberleg doch mal, Anna. Du könntest in dein Hockeylager fahren. Du könntest dir ein College irgendwo weit weg aussuchen. Du könntest alles tun, was du willst, und müÃtest dir keine Sorgen um mich machen.«
Diese Beispiele hatte sie mir förmlich aus dem Kopf gezogen, und ich merkte, daà ich rot wurde, weil ich mich dafür schämte, daà sie überhaupt in meinem Kopf waren. Kate fühlte sich schuldig, weil sie eine Last war, aber ich fühlte mich doppelt schuldig, weil ich wuÃte, daà sie es so empfand. Weil ich wuÃte, daà ich es so empfand.
Danach redeten wir nicht weiter darüber. Ich trocknete alles ab, was sie mir gab, und wir versuchten beide, so zu tun, als ob wir die Wahrheit nicht kannten: Daà es nämlich auÃer dem Teil von mir, der immer wollte und will, daà Kate lebt, auch einen anderen schrecklichen Teil von mir gibt, der sich manchmal wünscht, ich wäre frei.
So, jetzt wissen sieâs: Ich bin ein Ungeheuer. Daà ich diesen Antrag gestellt habe, dafür gibt es einige Gründe, auf die ich stolz bin, und viele, für die ich mich schäme. Und jetzt weià Campbell auch endlich, warum ich keine gute Zeugin bin â nicht weil ich Angst davor habe, vor den ganzen Leuten zu reden â sondern wegen all dieser gräÃlichen Gefühle, von denen manche zu schrecklich sind, als daà man laut über sie sprechen könnte: Daà ich möchte, daà Kate lebt, aber auch ich selbst sein möchte, nicht als Teil von ihr. Daà ich die Chance haben möchte, erwachsen zu werden, auch wenn Kate sie nicht hat. Daà Kates Tod das Schlimmste wäre, was mir je passieren kann ⦠und auch das Beste.
Daà ich manchmal, wenn ich über all das nachdenke, einen fürchterlichen Haà auf mich selbst bekomme und einfach dahin zurückkriechen möchte, wo ich war, wieder so werden möchte, wie sie mich haben wollen.
Jetzt sehen mich alle im Saal an, und ich bin sicher, daà der Zeugenstand oder meine Haut oder vielleicht auch beides gleich in sich zusammenfällt. Unter diesem VergröÃerungsglas kann man bis hinein in meinen verdorbenen Kern sehen. Wenn sie mich noch weiter anstarren, löse ich mich vielleicht in blauen, ätzenden Rauch auf. Vielleicht verschwinde ich spurlos.
»Anna«, sagt Campbell leise, »wieso hast du gedacht, daà Kate sterben will?«
»Sie hat gesagt, sie wäre bereit.«
Er kommt näher, bis er direkt vor mir steht. »Wäre es nicht möglich, daà sie dich aus dem gleichen Grund auch gebeten hat, ihr zu helfen?«
Ich hebe langsam den Blick und packe das Geschenk aus, das Campbell mir gerade gemacht hat. Was, wenn Kate sterben wollte, damit ich leben kann? Was, wenn Kate nach all den Jahren, in denen ich sie gerettet habe, einfach nur das gleiche für mich tun wollte?
»Hast du Kate gesagt, daà du keine Spenderin für sie mehr sein willst?«
»Ja«, flüstere ich.
»Wann?«
»Am Abend, bevor ich Sie engagiert habe.«
»Anna, was hat Kate gesagt?«
Daran hatte ich bis jetzt gar nicht mehr gedacht, aber jetzt hat Campbell die Erinnerung wieder aus mir hervorgelockt. Meine Schwester war ganz still geworden, so still, daà ich schon dachte, sie wäre eingeschlafen. Und dann drehte sie sich zu mir um, mit einem brüchigen Lächeln und der ganzen Welt in ihren Augen.
Ich blicke zu Campbell hoch. »Sie hat danke gesagt.«
SARA
Richter DeSalvo schlägt eine Art Exkursion vor, damit er mit Kate sprechen kann. Als wir im Krankenhaus ankommen, sitzt sie aufrecht im Bett und starrt geistesabwesend auf den Fernseher, an dem Jesse mit der Fernbedienung wahllos die Sender wechselt. Sie ist mager, ihre Haut hat einen gelblichen Ton, aber sie ist bei BewuÃtsein. »Der Blechmann«, sagt Jesse, »oder die Vogelscheuche?«
»Der Vogelscheuche würde doch die Füllung rausfliegen«, sagt Kate. »Diese Wrestlerin, Chynna, oder der Krokodiljäger?«
Jesse schnaubt. »Der Kroko-Typ. Wrestling
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