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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ihrer Mutter. Als ich mir die Schuhe ausziehe, um über den mit Matten ausgelegten Boden zu gehen, durchforste ich mein Namensgedächtnis. Das Geburtstagskind heißt … Mallory. Und die Mutter heißt … Monica? Margaret?
    Ich entdecke Anna sofort. Sie und ihre Freundin sitzen auf dem Trampolin, und eine Kindergärtnerin läßt sie auf und ab hüpfen wie Popcorn. Die Mutter kommt zu mir, ein Lächeln ins Gesicht gehängt wie eine Weihnachtslichterkette. »Sie müssen Annas Mom sein. Ich bin Mittie«, sagt sie. »Wie schade, daß sie schon gehen muß, aber wir verstehen das natürlich. Es ist bestimmt interessant, etwas zu erleben, was sonst kaum einer erlebt.«
    Das Krankenhaus? »Na ja, ich hoffe, es bleibt Ihnen erspart.«
    Â»Ach wissen Sie, mir wird schon im Fahrstuhl schwindelig.« Sie dreht sich zum Trampolin um. »Anna, Schätzchen! Deine Mutter ist da!«
    Anna kommt über die Fußbodenmatten angestürmt. So was hätte ich gern in unserem Wohnzimmer gemacht, als die Kinder klein waren: Wände und Boden und Decke gepolstert, damit ihnen nichts passiert. Doch heute weiß ich: Selbst wenn ich Kate in Blisterfolie eingepackt hätte, die Gefahr lauerte bereits unter ihrer Haut.
    Â»Und was sagt man?« helfe ich nach, und Anna bedankt sich bei Mallorys Mutter.
    Â»Ach, gern geschehen.« Sie reicht Anna eine kleine Tüte mit Leckereien. Ȇbrigens, Ihr Mann kann uns jederzeit anrufen. Wir nehmen Anna gerne mal zu uns, solange Sie in Texas sind.«
    Anna, die dabei ist, sich die Schuhe zuzubinden, erstarrt. »Mittie?« frage ich, »was hat Anna Ihnen eigentlich erzählt?«
    Â»Daß sie früher wegmuß, weil ihre ganze Familie Sie zum Flughafen bringen will. Denn sobald das Training in Houston angefangen hat, sehen Sie Ihre Lieben ja erst nach dem Flug wieder.«
    Â»Dem Flug?«
    Â»Mit dem Spaceshuttle –?«
    Einen Augenblick lang bin ich sprachlos – daß Anna sich so eine hanebüchene Geschichte ausdenkt, daß diese Frau sie ihr auch noch abkauft. »Ich bin keine Astronautin«, gestehe ich. »Mir ist schleierhaft, wieso Anna so was erzählt.«
    Ich ziehe Anna auf die Beine, ein Schnürsenkel ist noch auf. Erst nachdem ich sie aus der Turnhalle gezerrt habe und wir am Auto sind, frage ich: »Wieso erzählst du so einen Quatsch?«
    Annas Miene verfinstert sich. »Wieso muß ich früher von der Party?«
    Weil deine Schwester wichtiger ist als Kuchen und Eis creme. Weil ich es nicht für sie tun kann. Darum .
    Ich bin so wütend, daß es mir erst beim zweiten Versuch gelingt, den Van zu entriegeln. »Hör auf, dich wie eine Fünfjährige zu benehmen«, sage ich vorwurfsvoll, und dann fällt mir ein, daß sie ja genau das ist.
    Â»Es war so heiß«, sagt Brian, »daß ein silbernes Teeservice
    geschmolzen ist. Stifte haben sich verbogen.« Ich blicke von der Zeitung auf. »Was war die Ursache?« »Ein Hund hat eine Katze gejagt, und die ist auf den
    Herd geflüchtet und hat dabei wohl ein Kochfeld eingeschaltet.« Er schiebt seine Jeans nach unten und verzieht das Gesicht. »Ich habe Verbrennungen zweiten Grades, nur weil ich auf dem Dach gekniet habe.«
    Seine Haut ist rot und voller Blasen. Ich sehe zu, wie er sich die Knie mit Brandsalbe einreibt und einen Verband anlegt. Er redet weiter, erzählt mir von einem neuen Kollegen namens Caesar. Aber mein Blick bleibt an einem Leserbrief in der Ratgeberkolumne haften:
    Â 
    Liebe Abby ,
    jedes Mal, wenn meine Schwiegermutter zu Besuch
    kommt, durchforstet sie den Kühlschrank nach
    schlecht gewordenen Lebensmitteln. Mein Mann sagt
    sie meint es nur gut, aber ich empfinde das als persönlichen Vorwurf. Sie macht mir das Leben zur Hölle .
    Wie kann ich die Frau davon abhalten, ohne meine Ehe aufs Spiel zu setzen ?
    Herzlichst ,
    eine auch nicht mehr ganz frische
    Leserin ,
    Seattle
    Was ist das für eine Frau, die so etwas als ihr größtes Problem betrachtet? Ich stelle mir vor, wie sie einen Brief an Liebe Abby auf Leinenpapier verfaßt. Ich frage mich, ob sie je gespürt hat, wie ein Baby sich in ihrem Bauch dreht, winzige Hände und Füße, die sich in langsamen Kreisen bewegen, als müßte das Innere einer Mutter minutiös kartographiert werden.
    Â»Was fasziniert dich denn da so?« fragt Brian und schaut mir über die Schulter.
    Ich

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