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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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fragen, warum ich das alles mache.«
    Â»Du mußt es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.«
    Anna lehnt sich zurück, den Kopf an meine Schulter gedrückt. Jede Sekunde glüht wieder ein Silberstreifen: runde Klammern, Ausrufungszeichen, Kommas – eine ganze Grammatik aus Licht, für Worte, die zu schwer auszusprechen sind.

FREITAG
    Zweifle an der Sonne Klarheit,
    Zweifle an der Sterne Licht,
    Zweifl’, ob lügen kann die Wahrheit,
    Nur an meiner Liebe nicht.
    WILLIAM SHAKESPEARE,
    â€ºHamlet‹

CAMPBELL
    Kaum habe ich mit Judge das Krankenhaus betreten, bekomme ich Ärger. Eine Sicherheitsbedienstete – Typ Dragoner mit schlechter Dauerwelle – verschränkt die Arme und versperrt mir den Zugang zu den Aufzügen. »Hunde verboten«, bellt sie.
    Â»Das ist ein Servicehund.«
    Â»Sie sind nicht blind.«
    Â»Ich habe Herzrhythmusstörungen, und er ist in Erste Hilfe ausgebildet.«
    Ich will zu Dr. Peter Bergen, einem Psychiater, der zufällig Vorsitzender der Ethikkommission für das Providence Hospital ist. Ich bin hier, weil mir anderweitig die Hände gebunden sind: Ich kann nämlich meine Mandantin nicht finden, von der ich nicht weiß, ob sie meine Dienste überhaupt noch benötigt. Ehrlich gesagt, war ich nach der Anhörung gestern ziemlich sauer – ich wollte, daß sie zu mir kommt. Als sie nicht erschien, bin ich gestern abend sogar zu ihr gefahren und habe eine geschlagene Stunde vor dem Haus gewartet, aber niemand kam. Heute morgen war ich dann im Krankenhaus, in der Annahme, daß Anna bei ihrer Schwester wäre – doch ich durfte nicht zu Kate ins Zimmer. Auch Julia kann ich nicht finden, obwohl ich gestern im Gericht fest damit gerechnet hatte, daß sie noch draußen vor der Tür des Raumes warten würde, in den ich mich mit Judge geflüchtet hatte. Ich bat ihre Schwester um eine Handynummer, aber ich habe so den Verdacht, daß sich bei 401-GO2-HELL keiner melden wird.
    In Ermangelung einer Alternative habe ich daher beschlossen, an meinem Fall zu arbeiten, sollte er denn doch noch existieren.
    Bergens Sekretärin sieht aus wie die Sorte Frau, deren Oberweite ihren IQ weit übertrifft. »Och, was für ein süßer Hund!« kreischt sie. Sie streckt die Hand aus, um Judge zu streicheln.
    Â»Bitte. Nicht.« Einer meiner Sprüche liegt mir auf der Zunge, aber das hieße Perlen vor die Säue werfen. Dann steuere ich auf die Tür hinten im Raum zu.
    Dort finde ich einen kleinen gedrungenen Mann, der, um den Kopf ein mit dem Sternenbanner verziertes Piratentuch, in Yogamontur Tai-Chi-Übungen macht. »Hab zu tun«, knurrt Bergen.
    Â»Da haben wir ja was gemeinsam, Dr. Bergen. Ich bin Campbell Alexander, der Anwalt, der um die Fitzgerald-Akten gebeten hat.«
    Mit gerade ausgestreckten Armen atmet der Psychiater aus. »Die hab ich rübergeschickt.«
    Â»Sie haben die Akten über Kate Fitzgerald geschickt. Ich brauche die über Anna Fitzgerald.«
    Â»Hören Sie«, erwidert er, »jetzt ist dafür kein sehr guter Zeitpunkt –«
    Â»Lassen Sie sich nur nicht stören.« Ich setze mich hin, und Judge legt sich zu meinen Füßen. »Apropos Anna Fitzgerald, haben Sie irgendwelche Unterlagen von der Ethikkommission über sie?«
    Â»Die Ethikkommission hat nie über Anna Fitzgerald beraten. Ihre Schwester ist die Patientin, nicht sie.«
    Ich beobachte, wie er den Rücken durchdrückt, dann die Schultern hochzieht. »Wissen Sie überhaupt, wie oft Anna in diesem Krankenhaus sowohl ambulante als auch stationäre Patientin war?«
    Â»Nein«, sagt Bergen.
    Â»Achtmal.«
    Â»Aber solche Vorgänge kommen nicht notwendigerweise vor die Ethikkommission. Wenn die Ärzte mit dem, was die Patienten wollen, einverstanden sind und umgekehrt, liegt kein Konflikt vor, und somit gibt es auch keine Veranlassung, daß wir auch nur davon erfahren.« Dr. Bergen senkt den Fuß, den er in die Luft gehoben hat, greift nach einem Handtuch und trocknet sich unter den Armen ab. »Wir können uns hier über mangelnde Arbeit nicht beklagen, Mr. Alexander. Wir sind Psychiater und Krankenschwestern und Ärzte und Wissenschaftler und Geistliche. Wir gehen nicht hin und suchen nach Problemen.«
    Julia und ich standen an meinen Spind gelehnt und stritten uns über die Jungfrau Maria. Ich hatte an ihrer Wundertä tigen

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