Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
machen?«
    Â»Was denn?«
    Ich zucke die Achseln. »Weiß nicht. Karten spielen?«
    Â»Du meinst, Poker oder so?«
    Â»Poker, Quartett. Was du willst.«
    Sie blickt mich forschend an. » Quartett? «
    Â»Soll ich dir die Haare flechten?«
    Â»Dad«, sagt Anna, »ist alles in Ordnung mit dir?«
    Es fällt mir leichter, in ein brennendes Gebäude zu rennen, das jeden Moment einstürzen kann, als meiner Tochter das Gefühl zu geben, daß sie hier willkommen ist. »Du sollst wissen, daß du hier machen kannst, was du willst.«
    Â»Kann ich im Bad eine Packung Tampons hinstellen?«
    Sofort werde ich rot im Gesicht, und als ob es ansteckend wäre, Anna auch.
    Anna fallen die Haare ins Gesicht. »Muß aber nicht … ich kann sie auch hier –«
    Â»Natürlich kannst du sie ins Bad stellen«, sage ich. Dann füge ich mit Nachdruck hinzu: »Wenn einer meckert, sagen wir, es sind meine.«
    Â»Das glaubt dir bestimmt keiner, Dad.«
    Ich lege einen Arm um sie. »Vielleicht stell ich mich am Anfang etwas ungeschickt an. Ich hab noch nie mit einer Dreizehnjährigen ein Zimmer geteilt.«
    Â»Ich auch noch nicht mit einem Zweiundvierzigjährigen.«
    Â»Das will ich auch hoffen, sonst kann der Kerl was erleben.«
    Ihr Lächeln ist ein Abdruck an meinem Hals. Vielleicht wird es ja doch nicht so schwer, wie ich befürchte. Vielleicht zeigt sich ja schon bald, daß dieser Schritt unsere Familie wieder zusammenbringt, auch wenn dafür erst einmal eine Trennung erforderlich ist.
    Â»Dad?«
    Â»Hmm?«
    Â»Nur damit du’s weißt: Quartett spielt man im Kindergarten.«
    Sie drückt mich extra fest, so wie früher, als sie klein war. Plötzlich muß ich daran denken, wann ich Anna das letzte Mal auf dem Arm getragen habe. Wir waren alle fünf auf einer Wanderung und überquerten eine sumpfige Wiese, wo Rohrkolben und Binsen ihr teilweise bis über den Kopf ragten. Ich hob sie mit Schwung hoch, und wir teilten zusammen das grüne Meer. Doch dabei fiel uns beiden auf, wie tief ihre Beine baumelten und daß sie zu groß war, um auf meiner Hüfte zu sitzen, und gleich darauf wollte sie auch wieder runter und allein weitergehen.
    Es scheint kaum zu fassen, daß die eine Tochter uns eine juristische Krise beschert, während die andere mitten in einer medizinischen steckt – aber wir wissen ja schon seit geraumer Zeit, daß Kates Nieren nicht mehr lange durchhalten können. Diesmal ist es Anna, die uns völlig überrascht. Und doch finden wir – wie immer – einen Weg, mit beidem klarzukommen.
    Während Anna heute nachmittag ihre Sachen packte, bin ich ins Krankenhaus gefahren. Kate war bei der Dialyse, als ich hereinkam. Sie schlief mit ihrem CD-Kopfhörer auf. Sara stand von ihrem Stuhl auf und legte einen Finger warnend an die Lippen.
    Sie nahm mich mit auf den Flur. »Wie geht’s Kate?« fragte ich.
    Â»Unverändert«, sagte sie. »Wie geht’s Anna?«
    Wir tauschten das Neueste über unsere Kinder aus wie Baseballkarten, die man nur ganz kurz zeigt, weil man sich noch nicht von ihnen trennen will. Ich blickte Sara an und fragte mich, wie ich ihr beibringen sollte, was ich getan hatte.
    Â»Wohin seid ihr beiden denn verschwunden, während ich mich mit dem Richter rumgeschlagen habe?« fragte sie.
    Tja. Wenn du abwartest und darüber nachdenkst, wie heiß das Feuer sein wird, wirst du dich nie reinstürzen. »Ich habe Anna mit auf die Wache genommen.«
    Â»War irgendwas los auf der Arbeit?«
    Ich holte tief Luft und sprang von der Klippe, zu der meine Ehe geworden war. »Nein. Anna wird mit mir ein paar Tage dort wohnen. Ich glaube, es kann nicht schaden, wenn sie ein bißchen Zeit für sich hat.«
    Sara starrte mich an. »Aber da ist Anna doch nicht mit sich allein. Da ist sie mit dir zusammen.«
    Der Flur kam mir auf einmal zu hell und zu breit vor. »Ist das schlimm?«
    Â»Ja«, sagte sie. »Glaubst du wirklich, es wird ihr auf lange Sicht helfen, wenn du ihre Mätzchen mitspielst?«
    Â»Ich spiele ihre Mätzchen nicht mit, ich verschaffe ihr etwas Freiraum, damit sie allein entscheiden kann, was richtig ist. Du warst nicht dabei, als ich mit ihr draußen vor dem Richterzimmer gesessen habe. Ich mache mir Sorgen um sie.«
    Â»Na, da unterscheiden wir uns«, entgegnete Sara. »Ich mache mir nämlich

Weitere Kostenlose Bücher