Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Schuld … O Gott, jetzt hast du mich angesteckt … Hör zu, du hast nichts falsch gemacht.« Ihre eigenen Tränen strömten jetzt in die Haare der Tochter, die sie nie gehabt hatte. Sie streichelte Georgias seidenweiches Haar und tätschelte sie wie ein Baby. »Nicht weinen. Meine Güte, wie sehen wir nur aus? Wenn deine Mum jetzt kommt, was wird sie dann sagen?«
»Sie kommt nicht. Sie ist in Portugal.«
»Wie bitte?«
Georgia schniefte und fuhr sich über das tränennasse Gesicht. »Sie ist meine Mum, und ich liebe sie, aber mit ihr zu leben ist ein Albtraum. Ich habe ihr gesagt, dass sie gehen soll.«
»Sie ist zurück nach Portugal? Ich dachte, ihr Freund hätte sie vor die Tür gesetzt.«
»Ted hat das getan, er war der Letzte. Sie ist jetzt wieder mit Christian zusammen, dem vor Ted.«
Abbie musste das verdauen. »Und wo ist dein Dad?«
»Er hat einen Job in Bournemouth, darum bleibt er dort zwei Tage. Ich bin heute Nacht ganz allein.«
»Und deine Hand? Was ist mit ihr passiert?«
»Hab sie am Bügeleisen verbrannt.«
»Lass mich das sehen.«
Zögernd nahm Georgia den Verband ab.
»Aua.« Abbie zuckte beim Anblick der leuchtend roten, dreieckigen Brandwunde auf Georgias Handfläche zusammen.
»Ich weiß. Ich wollte verhindern, dass das Bügeleisen auf den Boden fällt. Echt schlau von mir«, meinte Georgia trocken.
»Wie kannst du das Bügeleisen jetzt auch nur noch halten?« Das musste unendlich schmerzhaft sein.
Georgia zeigte auf die Kleidersäcke. »Deshalb. Das muss alles noch gebügelt werden, und ich darf die Leute nicht enttäuschen. Am Sonntag habe ich mir freigenommen, um mit Dad auszugehen, dafür musste ich gestern 16 Stunden am Stück bügeln. Und ich bin immer noch nicht fertig.«
Sie sah bleich aus, erschöpft und ausgelaugt. Abbie sagte: »Oh, Süße, schau dich nur an.« Sie zog ihren Mantel aus.
»Ist schon gut, du musst mir nicht helfen.« Georgias Augen füllten sich erneut mit Tränen, als sie zusah, wie Abbie die Ärmel hochkrempelte.
»Ich weiß, dass ich das nicht muss. Aber ich möchte.« Abbie lächelte das Mädchen an, dass sie so gern voller Stolz ihre Tochter genannt hätte. »Ich mache das hier jetzt fertig. Wenn du dich nützlich machen willst, dann setze Wasser auf. Ich hätte jetzt gern eine schöne Tasse Tee.«
50.
Kapitel
»Hallo, kannst du vorbeikommen? Ich habe etwas für dich, als Dankeschön für neulich Nacht.«
»Ach, Kleines, das musst du doch nicht.« Abbie schmolz beim Klang von Georgias Stimme. Es war so reizend, sie wieder fröhlich zu hören. »Du musst mir keine Geschenke kaufen.«
»Ha, dafür ist es jetzt zu spät. Ich würde es ja im Transporter vorbeibringen«, sagte Georgia, »aber es ist viel zu schwer, als dass ich es allein heben könnte.«
War es ein Babybaum in einem Übertopf, ein Gartentisch, eine gigantische Vase, ein lebensechtes Porzellankrokodil? Bei Georgia wusste man ja nie. Als Abbie zum Haus kam und an der Tür klingeln wollte, wurde die Tür aufgerissen und Georgia riss sie in die Arme.
»Hallo, ich muss los! Dein Geschenk ist im Wohnzimmer … ich hoffe, es gefällt dir!«
Weg war sie. Der Transporter brauste los, und Abbie wurden die Knie weich. Denn ihr Geschenk befand sich nicht länger im Wohnzimmer. Es war in den Flur gekommen.
»Ich habe mir einen langen Vortrag von meiner Tochter anhören müssen«, sagte Tom. »Sie hat mir ein paar Dinge erklärt. Ich hätte erwachsen genug sein müssen, um selbst darauf zu kommen.«
Abbies Herz schlug ihr bis zum Hals. Toms Stimme klang nicht ganz fest. Statt seiner staubigen Arbeitsklamotten trug er saubere Jeans und das blaugrün gestreifte Hemd, das sie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie sah seinen Schultern an, dass er sich nicht wohl fühlte. Es war ihm noch nie leichtgefallen, über seine Gefühle zu sprechen. Laut fragte sie mit zitternder Stimme: »Was für Dinge?«
»Ach, ich weiß nicht …« Tom leckte sich die Lippen und starrte an die Decke. »Zum Beispiel, dass ich dich so sehr vermisse und dass ich dich liebe und dass die letzten beiden Wochen die schlimmsten meines Lebens waren …« Jetzt, wo er angefangen hatte, purzelten die Worte nur so aus ihm heraus. »Und dass ich entweder weiter stolz und elend sein kann oder dass ich das, was geschehen ist, hinter mir lasse und dass ich dir sage, dass ich ohne dich nicht leben will. Weil diese andere Sache nicht wichtig ist, das war nur ein Fehler. Ich will, dass es zwischen uns wieder so ist wie
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