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Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Titel: Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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der Schlange drehten sich um und lächelten sie an, und da geschah es. Die Frau versetzte Will einen Schubs und er drehte sich zu Saskia um. Wie in einem Malen-nach-Zahlen-Bild wanderte sein Blick von Saskias Gesicht zu ihrem Arm zu ihrer Hand im Fäustling, die Cleo festhielt, und dann nach oben und schließlich erreichte er Cleos versteinertes Gesicht.
    Ha, wessen Herz pochte jetzt vor Schock und Angst laut in der Brust? Sie sah es in seinen Augen, hob ihre Augenbraue um wenige Millimeter, reagierte sonst aber nicht. Will wandte als Erster den Blick ab, sah zu seinen Kindern, schob die Hände in die Hosentaschen. Selbst auf diese Entfernung konnte sie sehen, wie sich seine Schultern anspannten. Sein Atem ging schell, jedes Ausatmen von einer verräterischen Kondenswolke markiert.
    »Cleo?« Die Musik hatte aufgehört, und Saskia zupfte sie wieder am Ärmel. »Ist ein iPod ein großes Geschenk oder ein kleines?«
    »Es ist ein großes Geschenk, Süße.«
    »Aber er ist winzig klein.« Saskia zog einen grünen Fäustling aus, um die winzige Distanz mit Finger und Daumen anzuzeigen.
    »Ein iPod kostet aber sehr viel Geld.«
    »Oh.« Saskias Augen waren riesig. »Dann … wäre ein Hund billiger?«
    »Du weißt, dass du keinen Hund haben kannst.« Ein Hund war Saskias neueste Mission im Leben. »Deine Mum hat dir das schon erklärt. Man muss sich ganz doll um einen Hund kümmern.«
    »Und sie pinkeln viel.« Saskia grinste breit und zeigte vor sich. »Wie die Frau da vorn.«
    Das war unerträglich.
    »Hör zu, was hältst du von folgender Idee?« Cleo bemühte sich um eine superfröhliche Stimme und ließ es wie die beste Idee aller Zeiten klingen. »Meine Füße sind schon fast erfroren, und diese Schlange kommt wirklich, wirklich langsam voran! Warum gehen wir nicht ins Café, trinken heiße Schokolade und essen ein riesiges Stück Kuchen und kommen später wieder her, wenn die Schlange nur noch ganz kurz ist? Wäre das nicht toll, hm?«
    Nach dem Blick zu schließen, mit dem Saskia sie bedachte, hätte man denken können, sie hätte vorgeschlagen, einen süßen, kleinen Welpen zu fesseln und ihm die Beinchen abzuschneiden. Saskias Unterlippe begann zu zittern. »Das will ich nicht.«
    »Aber wir verpassen den Weihnachtsmann nicht, er wird immer noch hier sein, wenn wir zurückkommen, das verspreche ich. Und wir müssten uns nicht in der Schlange anstellen, wäre das nicht viel besser?«
    Saskia geriet kurz ins Schwanken.
    »Entschuldigen Sie, Kleines«, sagte der ältere Herr hinter ihnen, der mit seinem Enkelsohn hier war. »Je später Sie kommen, desto länger wird die Schlange sein. Um fünf Uhr ist es die Hölle. Gauben Sie mir, Sie sind besser dran, wenn Sie bleiben.«
    Hilfreiche, alte Männer. Wieso durfte man sie nicht einfach erschießen?
    »Wir bleiben«, erklärte Saskia fest.
    Cleo nickte stumm. Na toll.
    Vierzig entsetzliche Minuten später wurden Will und seine Familie in das Häuschen des Weihnachtsmannes geführt. Er hatte sich kein einziges Mal mehr umgedreht, seit er entdeckte hatte, wer in der Schlange hinter ihm stand, obwohl er höchstwahrscheinlich spürte, wie sich mental ein Messer nach dem anderen in seinen Rücken bohrte. Cleo fragte sich, ob sich Will auf die Knie des Weihnachtsmannes setzen würde: »Lieber Weihnachtsmann, ich war dieses Jahr kein braver Junge, ich war sogar sehr, sehr unartig . Aber bekomme ich bitte trotzdem ein Weihnachtsgeschenk? Ein Tarnmantel, der mich unsichtbar macht, wäre schön.«
    Oder …
    »Ich wünsche mir zu Weihnachten nur, dass meine Frau nichts von meiner Geliebten erfährt.«
    O Gott. Sie schauderte angesichts des Wortes. Bis zu diesem Moment war ihr nicht der Gedanke gekommen, dass er sie dazu gemacht hatte.
    Cleo schluckte den bitteren Geschmack im Mund hinunter. Technisch gesehen war sie, wenn auch unwissentlich, seine Geliebte. Allein der Gedanke an das Wort reichte aus, schlimme Erinnerungen hochkommen zu lassen. Sie war wieder neun Jahre alt, fühlte sich krank und voller Angst beim Anblick von Tante Jean in einem ihrer Zustände. Damals hatte sie nicht verstanden, was eine Geliebte war, aber Onkel David hatte eine, und eine Geliebte war eindeutig jemand Niederträchtiges und Widerliches, schlimmer als jeder Massemörder.
    »Cleo? Sind wir bald an der Reihe?« Saskias Nase war rot vor Kälte, aber sie strahlte immer noch geballte Vorfreude aus.
    »Jetzt dauert es nicht mehr lange.« Cleo nahm sie auf den Arm, um sie beide zu wärmen und sie von

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