Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
arbeiten.«
Cleo sah das auch. Sie ging zu dem achteckigen Esstisch, auf dem große Papierbögen mit Skizzen lagen. Noch während sie die Kohlezeichnungen von Pferden betrachtete, die auf einer Wiese grasten, platzte Cornelia herein. »Hier bin ich, bereit zum Aufbruch! Ah, Sie bewundern meine herrlichen Pferde? Johnny wird sie für mich machen. Er ist brillant, nicht wahr? Ich bin so ein glückliches, glückliches Mädchen! Danke dir, danke dir«, rief sie, als Johnny ihr in ihren langen Samtmantel half. »So, alles geregelt, jetzt habe ich alles. Können wir los?«
15.
Kapitel
Eine Woche später befand sich Cleo auf dem Heimweg von einem Job, als der erste Schnee des Jahres zu fallen begann. Anfangs winzige Schneeflöckchen, die sich gleich auflösten, gefolgt von dickeren Flocken, die an der Windschutzscheibe kleben blieben und die Autobahn zu beiden Seiten in Weiß hüllten. Das Ehepaar, das sie am Morgen abgeholt und am Hafen von Southampton abgesetzt hatte, fuhr in diesem Moment bereits auf einem Luxuskreuzfahrtdampfer in die Karibik. Cleo beneidete sie, als sie von der M4 in Richtung Channings Hill abbog. Gerade genug Schnee, dass er liegenblieb und idyllisch aussah, das wäre schön. Aber nicht so viel Schnee, dass ganz Gloucestershire zum Erliegen kam, vor allem, da sie an diesem Nachmittag noch eine weitere Fahrt hatte.
Ihr Magen knurrte vernehmbar, als sie sich dem Dorf näherte. Einen Becher Tee und einen Teller mit heißen, butterbestrichenen Rosinenbrötchen, das wünschte sie sich jetzt. Was frustrierend war, da sie keine zu Hause hatte, aber auch kein unüberwindliches Problem darstellte, denn im Dorfladen gab es bestimmt noch welche.
O ja, getoastete Rosinenbrötchen, von denen die Butter tropfte. Je mehr Cleo daran dachte, desto mehr verlangte es sie danach. Als sie schließlich nach Channings Hill kam, hielt sie auf dem Parkplatz vor dem Dorfladen und sprang aus dem Wagen.
Gott, es war eiskalt draußen …
Aber wenigstens war es im Laden warm. Cleo winkte Myrna hinter der Theke zu und eilte den Mittelgang entlang zur Brotabteilung. Sie kam abrupt zum Stehen, als sie Johnny vor sich sah. Seine dunklen Haare waren zerzaust, seine Jeans und sein Pulli mit Farbe bekleckert. Und er hielt zwei Zellophantüten mit Rosinenbrötchen in der linken Ellbogenbeuge.
Sie verharrte ungläubig, starrte die Tüten und dann das leere Regal an, in dem keine Rosinenbrötchen mehr lagen.
Das war doch lächerlich. Machte er das absichtlich? Hatte er schon wieder ihre Gedanken gelesen?
»Guten Morgen! Tut mir leid«, Johnny sah auf seine Uhr und korrigierte sich. »Guten Nachmittag!«
Das war jetzt nicht wichtig. Cleo zeigte auf die Brötchen. »Willst du etwa beide Tüten kaufen?«
Er wirkte überrascht. »Äh, ja. Darum habe ich sie mir ja genommen.«
»Dann kaufst du also … alle Rosinenbrötchen?«
»Nicht für mich allein«, verteidigte sich Jonny. »Ich habe zu Hause eine Truppe von Anstreichern und Inneneinrichtern. Falls du im Undercovereinsatz für die Weight Watchers unterwegs bist und dir Sorgen machst, ich könnte mich überfressen wollen, dann kann ich dir versichern, das ist nicht der Fall.«
Das war nichts, worüber man Scherze machte. Der Gedanke, keine Rosinenbrötchen zu bekommen, trieb Cleos Blutdruck in die Höhe. Sie platzte heraus: »Von wie vielen Leuten reden wir hier?«
»Fünf. Und ich. Das macht zwei für jeden.« Johnny runzelte die Stirn. »Ist das ein Problem?«
Konnte sie es sagen? Ja, sie konnte. »Also schön, die Sache ist die. Ich bin in den Laden gekommen, weil ich ganz, ganz dringend getoastete Rosinenbrötchen mit Butter haben will.«
»Oh.« Er nickte, und die Erkenntnis ließ ihn schmunzeln. »Mir wird gerade klar, warum.«
»Warum?«
»Mrs Clifford.«
Großer Gott, er hatte recht. Mrs Clifford, die entzückende, knuddelige Köchin, die vor so vielen Jahren die Küche in der Dorfschule von Channings Hill geleitet hatte. Wann immer es schneite, hatte sie Rosinenbrötchen gebacken und sie auf riesigen Tellern in die Unterrichtsräume gebracht, halbiert und frisch getoastet und dick mit Butter bestrichen. Traditionell aßen alle zwei Hälften, bevor sie hinausströmten und einander mit Schneebällen bewarfen. Erstaunlich, dass sie das vergessen hatte.
Dann war es also doch kein Zufall, dass auch Johnny hier war und Rosinenbrötchen kaufte. Noch eine Pawlowsche Reaktion auf den Schneefall.
»Jeder von uns könnte eine Tüte nehmen«, bot Cleo
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