Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
fetten Menschen, hinter denen sie sich verstecken konnte. Und überhaupt, was machte es schon, wenn er sie sah?
Cleo richtete sich wieder auf und stellte fest, dass er sie bereits entdeckt hatte.
Johnny lächelte und kam auf sie zu. »Emmi! Tut mir leid … Cleo.« Er schüttelte den Kopf, als er sich korrigierte. »Sieh dich nur an, so schick und effizient in deiner Uniform. Bist du gekommen, um mich abzuholen und nach Hause zu fahren?«
Er trug ein neues Aftershave, zitronig und faszinierend. Ein anderer Duft, aber dieselbe bewusst provokante Aura.
»Nur, wenn du gerade mitten in einer Geschlechtsumwandlung bist.« Sie zeigte ihm das Begrüßungsschild mit dem Namen.
Johnny zog eine Grimasse. »Nein, das bin ich nicht. Wie schade.«
Cleo nickte mit dem Kopf zu dem Berg an Koffern. »Das muss dich eine Stange Geld für Übergepäck gekostet haben.«
»Das ist mein gesamter weltlicher Besitz.« Er tätschelte den Koffer, der zuoberst lag.
»Warum?«
»Was glaubst du wohl?« Johnny hob bedeutsam die Augenbrauen. »Ravenswood ist immer noch nicht verkauft. Irgendwer hat die einzigen ernsthaften Käufer vergrault. Und es ist nicht die Art von Haus, das man leer stehen lassen kann. Also kehre ich New York den Rücken und ziehe nach Channings Hill. Für die absehbare Zukunft.« Er schwieg, bemerkte amüsiert den bestürzten Ausdruck in ihrem Gesicht. »Ich weiß, und es ist allein deine Schuld. Du kannst niemand anderen dafür verantwortlich machen.«
Aua. Tja, das hatte sie verdient. Sie hatte etwas Schlimmes getan, und nun wurde sie dafür bestraft.
Er verschwendete keine weitere Zeit darauf, sondern fragte: »Was ist denn aus deinem verheirateten Kerl geworden? Der ach-so-perfekte Mr Newman?«
Das war typisch für Johnny, er hatte noch nie der Versuchung widerstehen können, Leute an ihre Unvollkommenheiten zu erinnern und ihnen ihr Scheitern unter die Nase zu reiben.
»Ich habe ihn seit jener Nacht nicht mehr gesehen.« Cleo sah zur Anzeigetafel und stellte fest, dass die Maschine aus Amsterdam gelandet war.
»Hast du schon einen neuen?«
»Nein. Ich brauche keinen Mann.«
»So ist es richtig.« Er lächelte knapp.
Herablassend wie immer. Aber … was war das nur für ein Aftershave, das er da trug? Cleo atmete verstohlen den Duft herber Zitronen ein und versuchte, ihn sich einzuprägen. Gleich würde Mrs Van Dijk kommen. Cleo sah zu Johnny und sagte: »Wartest du darauf, dass dich jemand aufgabelt?«
»Immer.« Seine dunklen Augen funkelten. »Tut mir leid. Ja, das tue ich tatsächlich. Und? Magst du es?«
Er gab sich absichtlich kryptisch. Wahrscheinlich genoss er das Gefühl der Überlegenheit, das es ihm verlieh, wenn er eine Nasenlänge voraus lag. Aber es schien ein wenig rätselhaft, dass er so fröhlich war, nach Channings Hill zurückzukommen, wo er das Haus doch unbedingt hatte verkaufen wollen. Geduldig meinte sie: »Mag ich was? Single zu sein? Auf eine Abholung zu warten? Schnecken in Knoblauch?«
»Mein Aftershave«, stellte Johnny klar. »Ist aber gar nicht meines. Ich habe es im Duty Free Shop ausprobiert, und ich glaube, es ist ganz okay.« Er beugte sich zu ihr vor, forderte sie auf, an seinem Hals zu schnuppern. »Hier bitte, was meinst du?«
Wie um alles in der Welt wusste er, was sie gedacht hatte? Hatte sie die Luft so geräuschvoll eingesogen wie ein Trüffelschwein? Vorsichtig beugte sich Cleo zwei Zentimeter vor und atmete erneut ein. »Es ist … okay.«
»Okay?« Er wirkte enttäuscht. »Du meinst, es ist nicht großartig, es ist nicht furchtbar, es ist einfach nur … erträglich?«
Ach, das war doch albern. »Eigentlich ist es ziemlich gut«, räumte Cleo ein. »Was ist es?« Jetzt konnte sie sich wenigstens danach erkundigen, ohne dass es wie ein kitschiger Anbaggerspruch klang.
Johnny runzelte die Stirn. »Verdammt, ich kann mich nicht erinnern.«
»Tja, denk nach.«
»Ich denke nach! Da waren Hunderte Flakons. Ich habe so viele verschiedene genommen und daran gerochen … der hier schien gut, also habe ich es damit probiert … und jetzt habe ich keine Ahnung mehr, welcher Duft es war.«
»Das ist doch blöd.« Immer mehr Menschen strömten aus dem Ankunftsgate. Cleo hielt Ausschau nach Mrs Van Dijk.
»Es ist zumindest ärgerlich, da gebe ich dir recht.« Er runzelte erneut die Stirn und zog an seinem Hemdkragen, bot ihr eine weitere Duftprobe an. »Kennst du es nicht? Ich dachte, Frauen sind Experten, wenn es um Aftershave geht. Sie scheinen immer
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