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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Tür, einen anderen Gang entlang … Türen, Gänge … Türen, Gänge … ich lief einfach weiter. Je weiter ich lief, desto düsterer wurde es. Billiger Linoleumboden, schmutzig und wellig. Feucht wirkende Wände, tropfende Rohre, abblätternde Farbe …
    »Wer sind Sie?«
    Die Stimme kam von hinten. Abrupt blieb ich stehen und drehte mich um. Ein Mädchen mit dunklen Augen und in grüner Hotelkleidung stand in einer der Türen und starrte mich an, verstört und entrüstet. Sie rieb den Daumen gegen die Fläche ihrer anderen Hand. Auf dem Namensschild an ihrer Kleidung stand ANGELA.
    »Was machen Sie hier?«, fragte sie.
    »Tut mir leid«, murmelte ich. »Ich hab mich verlaufen. Ich bin ein Gast … äh … ich hab mich verlaufen.«
    »Hier ist nur Zutritt für Personal«, sagte sie. »Sie dürfen hier nicht sein.«
    »Ich weiß, tut mir leid. Ich hab mich verlaufen.«
    |100| Sie schloss die Tür hinter sich, trat zur Seite und gab ein Schild frei, auf dem DAMEN stand. Sie war sehr klein, knapp über 1,50 Meter. Ihr Gesicht war unauffällig, alles an ihr war klein. Ihre dunkelbraunen Haare hatte sie mit einem Gummiband zusammengebunden. Mir gefiel nicht, wie sie mich ansah. Sie betrachtete mich, als würde sie versuchen, mein Gesicht zuzuordnen, und das machte uns beide nervös.
    »Woher haben Sie den Hut?«, fragte sie mich.
    »Was?«
    Sie sah den Filzhut auf meinem Kopf an. »Das ist Walters Hut.«
    »Wer ist Walter?«
    »Das ist sein Hut. Wieso tragen Sie seinen Hut?«
    »Ich trage nicht … er gehört mir. Ich habe ihn schon seit Jahren …«

    |101| Sie trat ein bisschen weiter zurück und blickte nervös über ihre Schulter. »Sie dürfen hier nicht sein«, wiederholte sie. »Hier ist nur Zutritt für Personal.«
    »Ja, ich weiß.« Ich lächelte sie an. »Meinen Sie, Sie könnten mir zeigen, wie ich hier rauskomme?«
    »Da zurück«, sagte sie und wies mir mit der Hand die Richtung. »Den gleichen Weg, den Sie gekommen sind.«
    Ich lächelte wieder. »Gibt es noch einen andern Weg? Raus auf die Straße? Wissen Sie, ich war auf dem Weg nach draußen. Ich muss jemanden treffen.«
    »Was meinen Sie?«
    Das war eine gute Frage.
    »Na ja … ich bin spät dran. Ich hab mich verlaufen. Ich muss jemanden treffen.« Ich zuckte die Schultern. »Ich dachte nur, vielleicht gibt es noch einen andern Weg hinaus. Sie wissen schon, einen Hinterausgang.«
    Ich gab mein Bestes, aber es schien nicht zu klappen. Angela entfernte sich immer weiter von mir.
    »Sie müssen gehen«, sagte sie.
    Ich zeigte den Gang entlang. »Komm ich da nach draußen? Ist das eine Hintertür?«
    Sie gab keine Antwort, starrte mich nur an, kaute auf ihrer Lippe und ich sah, dass sie jeden Moment durchdrehen würde. Ihre Augen blinzelten zu schnell. Ihre Lippen zitterten. Jede Sekunde, dachte ich, schreit sie los. Und ich wusste, ich konnte das nicht zulassen. Ich spürte, wie sich meine Finger um die Pistole in meiner Tasche legten. Mir gefiel nicht, wie sich das anfühlte. Mir gefiel nicht, was ich dachte.
    Doch dann schlug irgendwo in der Ferne eine Tür zu und brach |102| das Schweigen. Und Angela sagte plötzlich: »Einfach da lang, am Ende des Gangs. Da ist eine Tür auf der rechten Seite.«
    Und ohne ein weiteres Wort schoss sie davon.
    Ich beobachtete, wie sie verschwand, und überlegte, ob es von jetzt an immer so sein würde – die ganze Zeit fliehen, Leute anlügen, Leute in Angst versetzen, sich keine Gedanken machen, einfach tun, was getan werden musste.
    Mir gefiel das nicht.

    Die Tür rechts am Ende des Gangs war eine Brandschutztür. Ich drückte den Querbalken runter und trat hinaus auf einen schmalen Weg mit lauter fahrbaren Mülltonnen und Haufen von zusammengefalteten Pappkartons an der Seite. Nichts geschah. Keine Schüsse, keine blendenden Scheinwerfer, keine Aufforderung, mich zu ergeben. Es war kalt und nass. Der Himmel war gelblich grau. Die Luft roch nach Autoabgasen.
    Ich hing mir den Rucksack über die Schulter, zog meinen Hut ins Gesicht und ging Richtung Straße.

|103| Acht
    A ls ich aus dem schmalen Hotelweg heraustrat, fiel ein dünner grauer Nieselregen. Auf den Straßen war viel los, es herrschte Berufsverkehr und auch die schmalen Bürgersteige waren voll von Menschen unterwegs zur Arbeit. Ich warf einen Blick nach links die Straße entlang. Der Hoteleingang lag ungefähr zwanzig Meter entfernt. Zwei Polizisten in Uniform bewachten die Türen, direkt neben ihnen stand ein Mann in einem unförmigen schwarzen

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