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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldfrauen
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außerhalb ihrer Wohnung hätte finden können, um vertrauliche Dinge inmitten der Öffentlichkeit zu besprechen. Schon wegen der temperamentvoll und lautstark geführten Gespräche der vielen Gäste war es kaum möglich, einen Satzfetzen vom Nachbartisch aufzufangen. Abgesehen davon verbreitete die Küche, die zum Gastraum geöffnet war und immer wieder durch spektakuläre Stichflammen, begleitet von scharfen Zischgeräuschen, für Aufmerksamkeit
    sorgte, eine permanente Geräuschkulisse. Die Rufe des Pizzabäckers und das Dröhnen seiner Bleche taten ihr Übriges.
    Als die Chefin die Hauses – La Mamma persönlich! – ihre Tagesempfehlung servierte, war Sina vollends davon überzeugt, dass Gabriele die richtige Wahl getroffen hatte. ›Duetto‹, das waren Gnocchi an cremig milder Gorgonzolasoße, die einen wunderbaren Kontrast zu feurig scharfen Penne al arrabiata darstellten.
    Die Zusammensetzung der Teilnehmerliste des Abends wurde Sina trotz dieser kulinarischen Pro-Argumente nicht schlüssig: Dass Friedhelm heute Abend dabei sein durfte, erschien ihr noch halbwegs nachvollziehbar. Aber dass Gabriele auch Klaus – ausgerechnet Klaus! – dazubestellt hatte, wollte ihr einfach nicht in den Kopf gehen. Okay, Gabi hatte argumentiert, dass er früher schon das ein oder andere Mal gute Ideen eingebracht hatte und sich, wenn es drauf ankam, immer hilfsbereit gezeigt hatte. Aber Gabriele konnte Klaus doch eigentlich nicht ausstehen – warum also musste sie ihn nun unbedingt mit ins Boot holen anstatt ihm mit dem bisschen Wissen über ihr Unterfangen abzuspeisen, das er bisher schon hatte?
    »Lasst es euch schmecken!« Gabriele nahm das Besteck in die Hand, die anderen taten es ihr gleich. Für die nächsten Minuten herrschte genussvolles Schweigen. Niemand ließ auch nur eine einzige Nudel auf dem Teller zurück. La Mamma tauschte
    die Wasserkaraffe auf dem Tisch gegen eine frisch aufgefüllte aus und brachte auch neuen Wein.
    Gabriele sorgte bewusst dafür, dass sich die Gespräche, die sie in der Zeitspanne bis zum Nachtisch führten, oberflächlich und unbeschwert blieben. Mit keinem Wort erwähnte sie ihre Mission. Ihr einziges Anliegen war es zunächst, zu erreichen, dass sich alle wohlfühlten. Dabei legte sie ein besonderes Augenmerk auf Sina, die sie durch die Einladung von Klaus in eine Zwickmühle gebracht hatte. Sie musste sich nun wieder mit ihrem Ex befassen – zwangsläufig. Gabrieles Hintergedanke bestand darin, dass sie damit vorzeitig eine Situation herbeiführte, die ihr zu einem späteren Zeitpunkt schaden könnte. Denn wenn die Operation DDR-Gold erst einmal richtig angelaufen war, konnte sich Gabi keine Ablenkungen und Risiken durch frisches Liebesglück (oder Liebeskummer) ihrer Partnerin erlauben. Deshalb wollte sie die beiden ewig Liebenden und Streitenden so schnell wie möglich zusammenführen und zu einer Aussprache oder was auch immer verleiten, um dann später alle Kräfte für ihr Projekt bündeln zu können.
    Tatsächlich widmete sich Sina nach dem Essen und zwei Gläsern Wein ihrer alten Liebe. Zwar voller Skepsis und lediglich mit heimlichen Blicken aus den Augenwinkeln – aber sie nahm ihn wahr, ließ sich auf ihn ein, ergründete ihn. Klaus war jetzt Mitte 30. Er war in die Jahre gekommen, wie sie neulich schon festgestellt hatte. Seine Gesichtszüge
    aber blieben die von Klaus, so wie es seinem Wesen entsprach. Seine offene, manchmal zu offene Art, die ab und zu ins Kindliche umschlug, war wohl ein wirksames Mittel gegen frühzeitige Faltenbildung, Tränensäcke und den trüben Blick von schnell alternden Pessimisten. Sina musste unwillkürlich schmunzeln. Sie wusste, dass Klaus ein Schuft war, ein Schürzenjäger und Aufschneider. Doch – verdammt! – dieser Mann reizte sie nach wie vor. Sie hatte noch nicht abgeschlossen mit ihm. Auf irgendeine tief verborgene, animalische Art und Weise sehnte sie sich nach wie vor nach seinen Berührungen, nach seinem Körper …
    »Lasst uns anfangen«, rief Gabriele alle vier zur Konzentration auf, nachdem sie sich eine ganze Platte italienischer Nachspeisenköstlichkeiten und ein halbes Dutzend Espressi einverleibt hatten. »Eine Bestandsaufnahme: Was wissen wir sicher? Was müssen wir noch wissen? Und – wann können wir zuschlagen?«
    Sina, überrumpelt von Gabrieles plötzlichem Aktivismus, fragte: »Was meinst du denn um Himmels willen mit ›zuschlagen‹?«
    »Keine Sorge, Kleines.« Gabriele grinste. »Ich wollte euch nur

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