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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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konnte sie an dem Tag nicht da gewesen sein. Doch heute war sie im Haus, die alte Scharteke. Ich spürte, wie sie erstarrte und in ein Versteck zurückwich!
    Natürlich galt mein erstes Interesse Solveig. Sie war ebenfalls zu Hause, ich nahm ihren Geruch auf, als ich unsere Wohnungstür aufschloss.
    »Solveig?«
    Sie kam mir aus der Küche entgegen, blass, lächelnd und vollständig angezogen. »Luzie! Was machst du denn hier!«
    Die Erleichterung, sie unverletzt und am Leben vorzufinden, war so gewaltig, dass ich mit der Schulter gegen den Türrahmen sackte.
    Doch dann stieg mir eine schon bekannte Duftnote in die Nase. Ich schnüffelte. Es roch nach Vampir und Blut und außerdem bestialisch nach Fußsalbe.
    »Ist die Herberich hier?«
    Sie zuckte die Achseln. »Sie war vorhin mal da und hat sich ’ne Tasse Zucker geborgt.«
    »Ach so.«
    Nein, Moment, das war gelogen! Die Herberich würde sich nie mehr bei irgendwem eine Tasse Zucker borgen! Wozu auch! Wenn sie sich überhaupt irgendetwas zum Essen borgte, dann nur eins!
    Solveig starrte mich an und rieb sich nervös den Arm. Mit einem Schritt war ich bei ihr, packte ihre Hand und drehte sie um, bis ich das Pflaster an der Innenseite ihres Unterarms sehen konnte. Ich riss es ab und erkannte den frischen Schnitt quer über ihre Vene.
    Trotz ihres Protests und ihrer Gegenwehr hielt ich sie mühelos fest. »Solveig! Was hast du getan!«
    Sie verpasste mir einen Faustschlag auf die Nase, und ich ließ sie reflexartig los. Sie wich zurück und legte die Hand auf ihre Wunde.
    »Ja, da staunst du, was?«, rief sie höhnisch. »Ich brauche dich gar nicht, und Martin brauche ich auch nicht. Sie hat gesagt, sie probiert es so oft, bis es wirkt. Weil ich ihr nämlich sympathisch bin, sagt sie.«
    »Sympathisch!«, krächzte ich, meine anschwellende Nase befingernd.
    »Ja, so wie sie dir anscheinend auch sympathisch war!«, schrie Solveig unbeherrscht. »Sie hat so ekelhaften Körpergeruch und stinkt aus dem Hals wie ein ganzes Bataillon Wildschweine, aber sie konntest du beißen! Nur mich nicht! Das ist so … unfair!«
    »Es war ein Versehen«, verteidigte ich mich kraftlos. Meine Nase fühlte sich an wie nach einem Schlag mit einem Fünfpfundhammer, und vorsichtig massierte ich sie mit Daumen und Zeigefinger, was nur den Effekt hatte, dass sie weiter anschwoll.
    »Scheiß Versehen! Du bist so was von gemein! Ich hasse dich! Du hast mich belogen! Und Martin auch! Man kann Sex haben! Und zwar viel mehr als vorher! Sie hat es selbst gesagt! Sie hat sich sogar einen Pornofilm und einen Vibrator gekauft, weil sie als Vampirfrau total geil geworden ist!«
    »Wie oft hat sie dich schon gebissen?«
    »Überhaupt nicht«, sagte Solveig verächtlich, doch bevor ich erleichtert aufatmen konnte, fuhr sie fort: »Sie hat ja keine Zähne. Wir nehmen ein Messer.«
    »Und dann …« Ich schluckte und verstummte, unfähig es auszusprechen.
    »Dann saugt sie an mir«, erklärte Solveig mit blitzenden Augen. »Und zwar lange. Ich falle fast in Ohnmacht dabei, weil sie so stinkt, aber ich halte es aus. Sie hat es heute zum zweiten Mal gemacht. Morgen probieren wir es wieder, denn ich persönlich glaube, dass die Drei die magische Zahl ist. Aber ich finde, es fängt jetzt schon ein bisschen an zu wirken.« Sie drehte sich zum Spiegel und fuhr mit der Hand über ihre Wange. »Ich bin schon ganz blass. Und schlafen kann ich nachts auch nicht mehr. Außerdem habe ich praktisch kaum noch Hunger. Ich habe zwei Kilo abgenommen. In drei Tagen!«
    Fassungslos starrte ich sie an. »Das kommt daher, weil du anämisch bist! Sie ist auf dem besten Wege, dich umzubringen!«
    »Hör auf! Du kannst es einfach nicht verstehen, oder? Ich will es! Ich will so werden wie ihr! Wie du und Martin! Warum kannst du es mir nicht gönnen?«
    »Weil … weil …« Ich raufte mir die Haare. Wie sollte ich es ihr erklären? Wie sollte ich ihr Zusammenhänge zwischen Verwandlungen und abgehackten Händen und Füßen begreiflich machen, die ich selbst nicht ganz verstand?
    Auf keinen Fall aber konnte ich ihr verraten, welche Kleinigkeit für die Verwandlung dazukommen musste. Dann würde sie mich auf der Stelle anspringen und in alles hineinbeißen, was sie von mir zu fassen kriegte.
    Ich hob den Kopf und spitzte die Ohren. Meine Nase ließ mich zwar momentan im Stich – sie war inzwischen etwa so groß wie eine Tomate und wahrscheinlich genauso rot –, doch mein Gehör ließ nichts zu wünschen übrig. Von nebenan war

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