Beiß mich, wenn du dich traust
kratzt sich am Kopf. »Kennen wir irgendwelche Elfen?«, fragt er.
»Hallo?« Ich wedele mit den Händen vor ihren Gesicht herum. »Ich bin eine Elfe, erinnert ihr euch?«
Die beiden sehen mich zweifelnd an. »Also, wie dringt man ins Elfenreich ein?«, fragt Magnus.
»Tja ... ich weiß es auch nicht«, gestehe ich.
»Aber ich kann es bestimmt. ..«
»Das ist nichts, was du einfach googeln kannst, Rayne. Das Elfenvolk hütet diese Geheimnisse seit Tausenden von Jahren.«
»Aber ich bin eine Elfe mit königlicher Abstam-mung. Wenn ich anklopfe, werden sie doch sicher aufmachen!«, argumentiere ich, obwohl das selbst in meinen eigenen Ohren ziemlich schwach klingt. Trotzdem, ich muss es versuchen. Es ist immerhin meine Schwester, von der wir hier reden. Ich kann sie nicht im Elfenland allein lassen, fernab von ihrer großen Liebe.
»Okay, wie wär's denn damit?«, frage ich. »Wir könnten zumindest nach Irland fahren - in die Stadt, die am nächsten bei Tir Na Nog liegt. Dort können wir versuchen, einen Elfenführer aufzu-treiben, falls ich selbst keinen Weg hinein finde.«
Magnus scheint einen Moment darüber nachzudenken, dann brummt er widerstrebend seine Zustimmung. »Also gut«, sagt er. »Ich schätze, wir haben keine andere Wahl, als es zu versuchen. Lasst uns gleich zum Flugplatz aufbrechen. Wir dürfen keine Zeit verschwenden.«
»Äh, was ist mit Corbin?«, frage ich und deute auf das Café, wo er sein Mitternachtsfrühstück zu sich nimmt. »Wir können ihn nicht einfach hierlassen. Slayer Inc. könnte ihn finden.«
»Du hast recht«, pflichtet Magnus mir bei. Ich will gerade erleichtert aufatmen, als er hinzufügt: »Wir werden ihn töten, bevor wir gehen.«
»Wie bitte?« rufe ich. »Nein!« Ich mache einen Satz direkt vor den Vampirmeister. »Ihr könnt ihn nicht umbringen! Er ist unschuldig.«
»Unschuldig? Er ist ein Vampirjäger, der jahre-lang dazu ausgebildet wurde, unsere Art zu töten.
Nenn mir einen Grund, warum ich ihn am Leben lassen sollte.«
»Rayne . . .«, knurrt Jareth warnend, ehe ich antworten kann. Ich brauche keine Telepathie, um genau zu wissen, was er denkt. Vernichte den Zeugen und du wirst nicht wegen deiner Tat vernichtet werden.
Aber ich kann das nicht zulassen. Es ist nicht fair.
Nicht nach all dem, was ich ihm bereits angetan habe. Ich würde damit nur bestätigen, was er all die Jahre geglaubt hat: dass Vampire von Grund auf schlecht sind.
»Hör mir zu«, sage ich flehentlich zu Magnus.
»Er hat mir das Leben gerettet. Ohne ihn säße ich jetzt in der Nachtakademie fest und Sunny wäre im Elfenland und ihr hättet keinen Schimmer, was mit uns passiert ist. Slayer Inc. könnte das Experiment vervollkommnen und nach der Welt-herrschaft greifen, bevor ihr wüsstet, wie euch geschieht. Seinetwegen konnte ich fliehen, seinetwegen wird mit Sunny alles gut werden und seinetwegen habt ihr eine gute Chance, Slayer Inc. zu stellen, bevor sie die ganze Welt übernehmen.«
Magnus streicht sich mit zwei Fingern übers Kinn und überlegt angestrengt.
Jareth bohrt seinen Blick in mich. »Kannst du ihm trauen, Rayne?«, fragt er. »Ich meine, kannst du ihm wirklich und wahrhaftig trauen?«
»Ja«, sage ich und richte mich gerade auf. »Ich würde ihm mein Leben anvertrauen. Und vergiss nicht, als Elfe kann ich nicht lügen. Es muss also stimmen.«
»Na schön«, knurrt Magnus, der immer noch nicht so klingt, als würde er demnächst dem Corbin-Fanclub beitreten. »Meinetwegen kann er mitkommen. Aber er wird offiziell unser Gefangener sein, bis wir entschieden haben, was wir mit ihm machen. Nur eine falsche Bewegung und wir werden ihn erledigen. Ohne Fragen zu stellen.«
»In Ordnung«, sage ich und eine Welle der Erleichterung durchströmt mich. »Ihr werdet nichts gegen ihn unternehmen müssen, das ver-spreche ich. Er wird sich so gut benehmen, dass ihr ihn kaum bemerken werdet.«
»Gut«, sagt Jareth. »Da das geregelt ist, worauf warten wir noch? Lasst uns ins Elfenreich aufbrechen und deine Schwester retten!«
22
»Wach auf, Schlafmütze. Wir werden in ein paar Minuten landen.«
Ich gähne, recke die Arme über den Kopf und öffne widerwillig die Augen. Als mein Blick auf Jareth fällt, lächele ich. Er kniet auf dem weichen, mit Samt bedeckten Bett des Privatjets (ich schlafe nicht in Särgen!) und blickt mit seinen schönen, liebevollen Augen auf mich herab.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragt er, während er mir eine Plastikflasche Kunstblut reicht. »Du
Weitere Kostenlose Bücher