Beiß mich, wenn du dich traust

Corbin.
    Armer, armer Corbin.
    »Und was dich betrifft, Miss Blutsaugerin, so werde ich dich zusammen mit meinen Männern zurückschicken. Du wirst einen Entzug machen und die Unterstützung bekommen, die du brauchst. Und keine Besucher diesmal, damit du nicht wieder dein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel mit deiner Schwester abziehen kannst.«
    Ich zucke zusammen. Sunny! Bei all dem Durcheinander hätte ich sie beinahe vergessen.
    »Jareth«, sage ich und versuche, meine zitternde Stimme zu beherrschen, »ich verspreche, den Entzug zu machen. Aber vorher muss ich Sunny retten.«
    »Rayne …«
    »Sie ist im Elfenland und ich bin die Einzige hier, die in diese Dimension vordringen kann. Ich kenne jetzt die Lage des Übergangspunktes und sogar die URL mit den Zauberformeln. Somit bin ich Sunnys einzige Hoffnung.« Tränen steigen mir in die Augen. »Bitte, Jareth, ich flehe dich an.
    Ich werde mir helfen lassen, sobald ich zurück-komme. Aber im Augenblick braucht mich meine Schwester.«
    »Rayne, das hier ist kein Spiel. Du hast im Prinzip gerade jemanden umgebracht.«
    Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Und du wirst im Prinzip meine Schwester umbringen, wenn du mich nicht gehen lässt. Was meinst du, wie Magnus das finden wird?«
    Er stöhnt entnervt und wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. »Lord Magnus sollte in einer Stunde aufwachen. Ich muss ihm berichten, was geschehen ist.«
    »Musst du wirklich? Vielleicht könntest du sagen . . . Corbin, äh, sei einfach mit dem dringenden Wunsch aufgewacht, ein Mitglied des Blutzirkels zu werden, du hättest ihm den erfüllt?«
    Jareth mustert mich aus schmalen Augen. Okay, keine gute Idee.
    »Ich werde mich für dich einsetzen«, verspricht er. »Als zweiter Meister habe ich schließlich auch etwas zu sagen. Aber du musst mir versprechen, dass du nicht anfängst zu diskutieren, egal, wie die Entscheidung des Meisters ausfällt. Du wirst sie respektieren, verstanden.«
    »Aber.. .«
    »Rayne, ich tue das nicht aus Bosheit, okay? Ich verspreche dir wirklich, mich für dich einzu-setzen, so gut ich kann. Aber du musst mir auch etwas versprechen.« Er nimmt mein Gesicht in beide Hände. »Du musst mir ab und zu mal vertrauen, okay? Ich mache das alles für dich und zu deinem Besten. Denn ich liebe dich und will die Ewigkeit mit dir verbringen. Ich will nicht, dass du aus dem Zirkel ausgeschlossen wirst. Und ich will ganz sicher auch nicht, dass du gepfählt wirst.«
    Er beugt sich vor und küsst mich, seine kühlen Lippen beben zart auf meinem Mund. Wir fallen aufs Bett und küssen und umarmen uns. Nach einer Weile spüre ich, wie Angst und Stress langsam verschwinden. Jareth wird alles in Ordnung bringen. Ich muss ihm vertrauen. Er ist schließlich mein Blutsgefährte.
    Und ich liebe ihn von Herzen.

25
    Ein paar Stunden später stehen wir an der zer-klüfteten Atlantikküste. Ein X markiert die Stelle auf der Karte meiner guten Fee. Schaumgekrönte Wellen krachen etwa sieben Meter unter uns gegen die Felsen und der Wind peitscht durch meine Haare. Unsere Gruppe hat sich inzwischen auf Jareth, Magnus, Francis (der ehemalige Türsteher der Blutbar, jetzt Magnus' persönlicher Leibwächter) und zwei mir unbekannte Vampire reduziert. Der Rest des Teams ist bei Sonnen-untergang aufgebrochen, um Corbin in ein sicheres Versteck zu bringen und ihm bei seiner Verwandlung zu helfen.
    Magnus war natürlich furchtbar wütend wegen der ganzen Sache. Rayne hat wieder einmal das Gesetz gebrochen. Wie Jareth wollte er mich direkt in eine Entzugsanstalt schicken. Aber ich habe ihn an Sunny erinnert und daran, dass sie mich brauchen, um sie zu retten, worauf er schnell einen anderen Ton angeschlagen hat.
    Schließlich will er meine Schwester genauso dringend zurückhaben wie ich und er hat ihr außerdem das Versprechen gegeben, sie immer an die erste Stelle zu setzen. Nachdem wir uns einig waren, machte er allerdings sehr deutlich, dass ich in den Vampirentzug gehe, sobald Sunny wieder in seinen Armen liegt. Gehe nicht über Los, ziehe keine zweihundert Dollar ein.
    Doch darüber werde ich mir später den Kopf zerbrechen. Im Augenblick steht mir eine größere Herausforderung bevor. Ich muss die Tore zwischen zwei Dimensionen öffnen, wie der Moderator der Mystery-Serie Twilight Zone , und fünf Vampire ins Elfenreich einschleusen, um deren Königin zu entführen.
    So sieht ein Arbeitstag von Rayne McDonald aus: Elfe, Vampir und Vampirjägerin der Sonderklasse.
    Aber ich bin zu allem