Beiss noch einmal mit Gefuehl
war er natürlich sehr „raumgreifend“ und beanspruchte praktisch das ganze Bett, und man konnte ihn weder wecken noch wegschieben. Im Grunde hatte er also recht.
„Es gefällt mir zwar nicht, aber ich sehe es ein.“
Er hauchte mir einen Kuss auf die Wange und stand auf. Es kam mir vor, als wollte er noch etwas sagen, doch dann überlegte er es sich offenbar anders, drehte sich um und verließ den Raum. Ich hörte, wie er auf nackten Sohlen durch den Flur tappte und ins Gästezimmer ging.
Ich hatte zwar nicht erwartet, schlafen zu können, wenn er so nah und zugleich doch so fern war, aber nach einer Weile nickte ich trotzdem ein.
Als ich die Augen aufschlug, war es hell. Die Unwetterfront zog offenbar nur langsam ab, denn der Himmel war immer noch verhangen, aber die ersten Sonnenstrahlen brachen bereits durch die Wolken. Sie zeichneten feine, durchbrochene Linien auf die abgeernteten Maisfelder. Die Luft roch frisch und sauber. Als ich tief durchatmete, witterte ich Kaffee. Eine große Thermoskanne stand neben dem Bett. Ich suchte nach einer Nachricht, wie Sebastian sie mir normalerweise hinterließ, fand jedoch keine. Dass es für mich an diesem Morgen keine verschnörkelten Hieroglyphen zu entschlüsseln gab, deprimierte mich irgendwie.
Ich fand allerdings die Tasse, die Sebastian für mich bereitgestellt hatte. Aus ihr trank ich immer, wenn ich bei ihm war. Er hatte so viel hübsches Geschirr, aber ich hatte diese Tasse am liebsten, die er ganz hinten im Schrank versteckt gehabt hatte. Das Logo des Fitzgerald Hotels in Las Vegas war darauf abgebildet. Ich erinnerte mich lächelnd daran, wie ich ihm die Geschichte entlockt hatte, wie er zu dieser Tasse gekommen war.
Als ich mit der linken Hand den Verschluss der Thermoskanne aufdrehen wollte, stockte mir vor Schmerz der Atem. Nachdem ich ein paarmal tief ein- und ausgeatmet hatte, versuchte ich es erneut. Nun hielt ich den linken Arm so ruhig wie möglich und schraubte den Deckel mit der rechten Hand auf.
Ich wollte mir gerade etwas Kaffee einschenken, da merkte ich, dass meine Tasse bereits zu einem Viertel mit einer merkwürdigen bernsteingelben Flüssigkeit gefüllt war. Ich sah mich nach irgendeinem Gefäß um, weil ich sie wegschütten wollte, dann dämmerte mir, dass es sich wahrscheinlich um meine „Medizin“ handelte. Sie schmeckte bestimmt grauenhaft. Erst dachte ich daran, das Zeug aus prinzipiellen Erwägungen zu entsorgen, aber weil ich immer noch Schmerzen hatte, beschloss ich, es zu trinken. Ich schüttete Kaffee dazu und kippte den ersten Schluck mit Todesverachtung hinunter.
Was soll's, dachte ich, denn meine erste Tasse am Morgen war sowieso die reinste Droge für mich; ich brauchte das Koffein.
Während ich trank, sah ich mich in Sebastians Schlafzimmer um, das ich inzwischen als „unseres“ betrachtete. Bei der zweiten Tasse Kaffee kam ich zu dem Schluss, dass ich nicht in diesem Haus bleiben wollte. Die dritte Tasse gab mir die Kraft, ein paar Klamotten aus dem Schrank zu holen. Dann schüttete ich die vierte und die fünfte in mich hinein und wählte Izzys Handynummer.
„Wo hast du gesteckt?“, rief sie, bevor ich überhaupt Hallo sagen konnte. „William hat gesagt, du hast dich mit diesem knackigen FBI-Typen davongemacht, und dann hört man tagelang nichts von dir! Was ist los?“
„Tagelang?“ Ich durchstöberte inzwischen Sebastians Küche nach etwas Essbarem und hatte bereits einen steinharten Bagel, ein paar leicht verschrumpelte Weintrauben und ein Glas saure Gurken gefunden. Mm, Frühstück! Ich war so hungrig, dass mir die erste Gurke wahnsinnig gut schmeckte. Ich fischte zwei weitere aus der Lake. „Welcher Tag ist heute?“
„Sonntag.“
Ich verschluckte mich vor Schreck und wäre fast an dem sauren Gurkensaft erstickt. Mir fehlten zwei ganze Tage!
„Alles in Ordnung? Was ist passiert? Wo bist du?“, fragte Izzy, dann raunte sie mir zu: „Bist du festgenommen worden?“
„Ich bin bei Sebastian“, entgegnete ich und nagte probehalber an dem Bagel, doch dabei brach ich mir fast einen Zahn ab. Ich warf das harte Ding in die Mikrowelle und stellte sie auf dreißig Sekunden. „Wenn du mich abholst, erzähle ich dir alles“, sagte ich. „Hey, und was ist mit den Zombies?“, schob ich nach, als mir die Geschichte plötzlich wieder einfiel. „Ich wollte bei dir vorbeischauen, um mich zu vergewissern, dass es dir gut geht, doch ich hatte eine sehr merkwürdige Begegnung mit einer
Weitere Kostenlose Bücher