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Beiss noch einmal mit Gefuehl

Beiss noch einmal mit Gefuehl

Titel: Beiss noch einmal mit Gefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
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paranoiden Phase eingerichtet hatten.
    Ich schrieb ihnen eigentlich nie, außer zum Geburtstag. Ich liebte sie, aber ich hatte mich schon vor langer Zeit von ihnen abgenabelt. Dennoch, wenn Mom sich schon die Mühe gemacht hatte, mich anzurufen, dann musste ich sie auch zurückrufen, um sie wissen zu lassen, dass bei mir alles in Ordnung war. Gut, dachte ich, vielleicht sollte ich noch damit warten, bis ich sicher sein konnte, dass es auch stimmte ...
    Die nächsten Nachrichten waren von Sebastian, zumindest vermutete ich das, denn das verärgerte Geknurre klang ganz nach ihm.
    Ich schnappte mir das Telefon und drückte die Kurzwahltaste für seine Nummer. Als er abnahm, rief ich sofort: „Nicht sauer sein! Parrish ist weg.“
    Sebastian sagte nichts.
    Ich hörte meine Atemgeräusche ziemlich laut im Hörer und fragte mich, ob mein Telefon möglicherweise abgehört wurde. „Sag mal, möchtest du vielleicht später vorbeikommen?“
    „Ich kann sofort kommen.“
    „Nein“, protestierte ich. „Ich weiß, jetzt denkst du wieder, ich schließe dich aus, aber ich brauche ... Oh, große Göttin“, stammelte ich und hasste mich dafür, dass ich auf solche Psychofloskeln zurückgreifen musste. „Ich brauche ein bisschen Zeit für mich, um das alles zu verarbeiten, okay?“
    „Klar“, meinte er nur, und ich hätte gern sein Gesicht gesehen, denn seinen Ton wusste ich nicht recht zu deuten. „Das respektiere ich.“
    „Ich will dir das ja wirklich alles erzählen“, sagte ich. „Aber nicht am Telefon, verstehst du?“
    Er lachte leise. „Ich habe die Sechziger erlebt. Ich verstehe.“
    Ich wusste nicht genau, was er meinte, aber sein Lachen gefiel mir. „Wie wär’s, wenn du in ein paar Stunden vorbeikommst?“
    „Mache ich.“
    „Super“, sagte ich, und wir legten auf.
    Ich saß ein paar Minuten lang untätig herum, bis ich zu dem Schluss kam, dass ich einen ordentlichen Spaziergang brauchte. Also schnappte ich mir meinen langen Ledermantel, lief die Treppe hinunter und verließ das Haus. Nachdem ich auf der Straße nach Vans und anderen verdächtigen Autos Ausschau gehalten hatte, beschloss ich, irgendwo etwas zu essen.
    Da es schon nach zehn war, hatte ich nicht mehr viel Auswahl, aber in den Kneipen in der State Street bekam man jederzeit eine Kleinigkeit. Für mich als Vegetarierin lief das allerdings häufig darauf hinaus, dass ich mich mit Zwiebelringen begnügen und so tun musste, als wüsste ich nicht, dass sie in tierischem Fett frittiert worden waren. Unter völliger Missachtung meiner politischen Überzeugung begann in diesem Moment mein Magen zu knurren.
    Es war ruhig auf den Straßen. Während ich an zweistöckigen, viktorianischen Wohnhäusern vorbeiging, bekam ich kurze Einblicke in das Leben anderer Leute - in den hell erleuchteten Wohnzimmern sah ich IKEA-Möbel und abstrakte Drucke, das flimmernde bläuliche Licht von Fernsehern, Wände in warmen Gelbtönen, folkloristische Töpferwaren und selbst gebaute Bücherregale.
    Ich raschelte mit meinen Stiefeln durch das Laub, das sich am Rand des Bürgersteigs gesammelt hatte. Der Wind war ziemlich frisch. Es war die Art von Kälte, die einen hellwach machte und die Wangen rot färbte. Hunde bellten hinter Holzzäunen. Eine Katze verschwand geduckt unter einem parkenden Auto.
    Irgendwo in der Ferne hörte ich ein Motorrad knattern und dachte sofort an Parrish. Ich spürte seinen weißgoldenen Ring, den ich inzwischen an meiner Kette befestigt hatte, unter meinem Top. Hoffentlich ging sein verrückter Plan auf! Aber wenn das FBI gar nicht auf die Idee kam, mich anzurufen, was war dann? Ich meine, wenn er es nicht schaffte, im letzten Moment zu krächzen: „Ich bitte Sie, rufen Sie meine Verlobte Garnet an!“, warum sollten die Beamten dann überhaupt an mich denken? Sobald ich irgendwo ein Telefon fand, musste ich unbedingt Dominguez anrufen und ihm sagen, dass Parrish abgehauen war und ich befürchtete, dass er etwas Dummes tun könnte (was er ja auch vorhatte). Dann informierte Dominguez mich vielleicht, aber auch nur vielleicht, wenn es so weit war und Parrish seinen Abgang vortäuschte.
    In einem Verandafenster, an dem ich vorbeiging, hing eine billige Vampirfigur aus Pappe mit dem klischeehaften, spitz zulaufenden Haaransatz in der Stirnmitte und vor Blut triefenden, langen, spitzen Zähnen. Der Untote hatte dunkle Schatten um die Augen und starrte mich grimmig an.
    Eigentlich hätte ich über so eine alberne Figur lachen müssen, aber

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