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Beißen will gelernt sein (German Edition)

Beißen will gelernt sein (German Edition)

Titel: Beißen will gelernt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie MacAlister
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Wiedergänger war ich erst vor fünfzig Jahren gestoßen, und obwohl mir die Arbeit die Möglichkeit bot, mich unter andere unsterbliche Wesen zu mischen, tat ich es nur selten. Asmodeus war der erste Dämonenfürst, den ich zu Gesicht bekam, und ich muss sagen, ich war ein wenig enttäuscht von dem normalen Erscheinungsbild des Mannes, der sich von seinem Schreibtischsessel erhob, um mich zu begrüßen. Er sah aus wie einer der zahllosen Geschäftsmänner um die fünfzig, die sich allmorgendlich mit einer Aktentasche in der Hand und der Zeitung unter dem Arm in der Londoner U-Bahn drängten.
    Offenbar konnte er Gedanken lesen, denn er sagte: »Wenn du möchtest, kann ich auch ein furchterregendes Aussehen annehmen.« Dann fügte er hinzu: »Und nein, ich kann nicht Gedanken lesen. Über diese Fähigkeit verfüge ich zu meinem größten Bedauern nicht.«
    Ich stutzte. »Wenn du nicht Gedanken lesen kannst, woher hast du dann gewusst, was ich denke?«
    Er streckte die Hand aus, um mir an die Wange zu fassen, aber ich wich rasch einen Schritt zurück. Simon murmelte etwas davon, dass er noch etwas zu erledigen habe, und verschwand durch eine Tür, die in die Felswand eingelassen war.
    Asmodeus ließ seine Hand sinken, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch, um mich eingehend zu betrachten. »Ich verstehe mich recht gut darauf, das Mienenspiel anderer zu deuten, und dass dich mein menschliches Erscheinungsbild überrascht hat, war nicht schwer zu erkennen. Mache ich dir Angst?«
    Ich schluckte und verbot es mir, einen Blick in die Feuerhöhle hinter mir zu werfen, während ich überlegte, ob ich es schaffen konnte, ihn mit einer Lüge zu täuschen. Aber im Lügen war ich noch nie gut gewesen und so beschloss ich, ehrlich zu sein. »Große Angst. Was hast du mit mir vor? Was willst du von mir? Ich bin die Auserwählte eines Dunklen.«
    »Du bist eine Tattu«, entgegnete er nur und verfiel in Schweigen.
    Ich zwang mich, Ruhe zu bewahren, obwohl ich immer nervöser wurde und am liebsten schreiend davongelaufen wäre.
    »Du besitzt etwas sehr Seltenes, eine vollkommen reine Seele.«
    »Ich habe zwei reine Seelen«, erwiderte ich aller Vorsicht zum Trotz.
    »Nein, du hast die Seele, mit der du geboren wurdest, und eine zweite, die dir, wie ich vermute, bei einer Wiedergeburt gewährt wurde. Die erste ist unrein; es ist die zweite, nach der es mich verlangt.«
    »Die kannst du nicht haben.« Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, um mit zitternden Beinen auf einen Stuhl zuzusteuern, auf den ich mich jedoch so schnell fallen ließ, dass ich meine kühnen Worte Lügen strafte. »Sie gehört mir. Sie gehören beide mir, ob sie nun rein sind oder nicht. Es sind meine und ich gebe weder die eine noch die andere ab.«
    »Weißt du überhaupt, was eine vollkommen reine Seele für mich bedeutet?«, fragte er mit trügerischer Sanftmut, doch davon ließ ich mich nicht täuschen, denn in seinen Augen glomm eine furchterregende Gier. Ihn nur anzusehen kostete mich schon mehrere Jahre meines Lebens. Ich schaute auf meine fest verschränkten Hände, während mir eiskalte Schauer über den Rücken jagten und mein Magen sich zu einem bleiernen Klumpen zusammenzog.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Eine Seele bringt mir Macht. Aber eine vollkommen reine Seele, die von ihrem Besitzer nicht befleckt wurde, versieht mich mit einer beinahe grenzenlosen Macht. Mit einer Seele wie deiner ist mir der Thron der Unterwelt sicher!«
    Mir wurde übel bei der Vorstellung, dass Asmodeus meine schöne reine Seele in dem Bestreben, oberster Höllenfürst zu werden, beschmutzen und zerstören könnte.
    »Du bekommst sie nicht«, sagte ich leise und umklammerte die Stuhllehnen so fest, dass sich meine Fingernägel bogen. »Bevor ich zulasse, dass du so etwas Gutes zerstörst, gehe ich lieber wieder zurück auf die Akasha-Ebene.«
    Er lächelte und ich konnte kurz seine wahre Gestalt erkennen. Eine blutrote Welle brach über mich herein, nahm mir die Sicht und den Atem und einen Augenblick lang auch den Lebenswillen.
    Du willst doch wohl nicht die Flinte ins Korn werfen, sagte eine leise Stimme in meinem Kopf und erfüllte mich mit dem Gefühl, über alle Maßen geliebt zu werden.
    Sebastian?
    Ich bin hier, Auserwählte! Ich bin gleich bei dir. Lass dir von Asmodeus keine Angst machen. Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendetwas zustößt.
    Wo warst du die ganze Zeit? Warum hast du nicht mit mir geredet? Du bist gegangen

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