Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Frau, die Lambert in der Einkehr erschossen hat. Dieser Mord war ein Befreiungsschlag, so etwas wie Notwehr!«
»Das ist aber ganz schön starker Tubback, was du da sagst«, bemerkt Marcel. Er steht auf, reckt sich, zieht sein Handy vom Gürtel und tippt etwas ein. Er schüttelt den Kopf zu meiner Frage, ob ich ihm neue Erkenntnisse vermittelt hätte.
»Meine Ablösung kommt gleich«, sagt er. »Ich geh nach Haus und leg mich aufs Ohr. Muss morgen fit sein.«
»Ist Sonntag«, erinnere ich ihn.
»Wir haben eine heiße Spur. Da muss ich weiter ermitteln.«
»Das sagst du erst jetzt?«
»Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
»Nein, du beutest nur meine logischen Schlussfolgerungen aus. Du benutzt mich, wie der Pfarrer seine Jünger benutzt hat. Was für eine heiße Spur?«
Er greift in seine Jackentasche und zieht einen Gegenstand hervor.
»War eben noch kurz an zu Hause vorbei. Das kannst du jetzt gut gebrauchen.«
Ich nehme die grüne Zahnbürste entgegen, auf der es wohl kaum noch eine heiße Spur von mir geben kann. Vor über einem Jahr habe ich sie zuletzt benutzt.
»Deine Socken bringe ich dir morgen.«
»Die passen mir nicht. Schenk ich dir«, entgegne ich dumpf. »Versuch mal, sie beieinanderzuhalten.«
»Werd ich tun. Danke. Vielleicht kriegst du noch was mehr aus Claire Maraite raus, wenn sie wieder aufwacht.« Er schüttelt verständnislos den Kopf. » Die glauben, dass sie keine Menschen mehr sind. Was denn sonst? Was meint die Frau damit?«
Zumindest das habe ich sofort begriffen. Im Gegensatz zu ihm halte ich mit meiner Erkenntnis nicht hinter dem Berg.
»Die Frage kannst du dir selber beantworten, Marcel. Wer oder was bist du denn, wenn du nicht mehr zu essen oder Kaffee zu trinken brauchst; wenn du nicht mehr aufs Klo gehen oder einen Furz loswerden musst? Wenn du die Wände rauflaufen und über die Decke spazieren kannst, ohne runterzufallen?«
Der Belgier schüttelt sich.
»Was? Kein Essen und kein Kaffee? Ein schreckliches Leben!«
»Und das dann bis in alle Ewigkeit.«
»Also, ich würde sagen, das sind ganz traurige Figuren. Wo bleibt denn da die Lebensfreude?«
»Wer braucht die schon, wenn er unsterblich ist«, erwidere ich lachend. »Meinst du, dass Gott Kaffee trinkt?«
»Ach so, du glaubst, diese komischen Leute halten sich für Götter?«
»Über Leben oder Tod scheinen sie jedenfalls schon zu entscheiden. Wobei sie zumindest in einem Fall glücklicherweise gescheitert sind. Wahrscheinlich sind es wirklich ganz traurige Figuren, die sich für monströse Zauberer halten.«
Wir hören Schritte und Stimmen.
»Lass ihn durch, Kati!«, ruft Marcel. »Ist meine Ablösung.«
Er wendet sich mir wieder zu. »Bohr mal bei Claire Maraite nach, Katja. Eine Frau spricht doch anders zu einer Frau als zu einem Polizisten. Und das Mädchen weiß mehr, da bin ich mir sicher. Du kannst mir morgen Abend alles erzählen, aber bitte ohne den ganzen Quatsch mit Schwerkraft, Stoffwechsel und so. Ich komme gegen sieben bis bei dich. Im Restaurant, natürlich.«
»Ist geschlossen.«
»Tant mieux, dann können wir in Ruhe reden.«
»Ohne die heiße Spur sag ich dir nix«, warne ich.
»Du bist unverbesserlich.« Marcel seufzt, nickt seinem Kollegen, der neben Kati herannaht, freundlich zu, beugt sich dann zu mir hin und flüstert mir ins Ohr: »Die Frau. Scheint, dass wir jetzt wissen, wer die Mörderin ist. Gute Nacht, Katja, und schlaf schön!«
In meinem Kopf explodiert etwas. Der Mann hat mich aufs Ohr geküsst! Aber nicht deshalb kann ich ihn nicht so einfach gehen lassen.
»He!«, rufe ich seinem Rücken hinterher. »Ich habe auch ein Rätsel für dich.«
Am Ende des Flurs dreht er sich um und grinst.
»Dann lass mal kommen.«
Erst begrüße ich in aller Form seinen Kollegen, marschiere dann gemächlich zum Ende des Flurs und überlege, wie ich von Gudruns Rätsel die Kurve zur Beantwortung einer weitaus interessanteren Frage kriegen kann.
»Also«, beginne ich geheimnisvoll. »Auf einem Hochsitz an der Kehr liegt ein totes Reh. Wie ist es da hingekommen? Achtung: Es war wieder mal kein Mensch.«
»Natürlich nicht«, sagt er. »Das hat der Luchs da deponiert. Passiert bei euch andauernd, weil ihr auf der Kehr die Höckerlinie habt. Die ist sein Nahrungsreservoir, wo er sich auf die Lauer legt. Und weil er seine Beute vor anderen Tieren schützen muss, bringt er sie eben zum Podest des Hochsitzes, n’est-ce pas?«
»Wer ist die Frau?«, frage ich.
»Mit einer Sache hast
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