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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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also schob ich diese Koinzidenz auf eine mir verborgene logikfreundliche Wechselwirkung, meinetwegen auf kosmische Faktoren, denen zufolge mein Verbleib in der Eifel den Menschen hier weiter schaden würde.
    Entfernte ich den störenden Faktor, also mich, von der Kehr, könnte sich das von mir unbewusst induzierte Böse auflösen und die Menschen hier würden wieder in Frieden leben.
    Ich sah mich genötigt, meinen Freunden diesen Liebesdienst zu erweisen und meine spezielle Verbindung zu Marcel dem Gemeinwohl der Kehrer zu opfern.
    Natürlich muss ich ertragen, von den Menschen, die mir lieb geworden sind, für eine Verräterin gehalten zu werden, und natürlich glauben alle, ich hätte mich vor einem Jahr auf Französisch verabschiedet, um mich endgültig von dem Belgier zu trennen. Ich lasse jedem seinen Glauben, auch und gerade in dieser Sache. Es vereinfacht alles, wenn ich unversöhnlich bleibe. Nur dann kann ich abermals den Absprung schaffen. Und ich werde wieder gehen müssen. Meine Befürchtung hat sich nämlich auf noch schlimmere Weise denn jemals zuvor bestätigt: Vor meinen Augen ist ein Mensch erschossen und auf einen zweiten ein Anschlag verübt worden. Das ist kein Zufall mehr, sondern eine wissenschaftlich nachweisbare Folgeerscheinung meiner Rückkehr.
    Ich rufe mir einen Absatz aus Claires merkwürdigem Referat von gestern Abend ins Gedächtnis: »Die moderne Welt versucht, das Universum mittels der Wissenschaft zu erkennen. Wissenschaft ist aber immer nur ein Abbild der Realität. Sie nutzt Voraussetzungen, um Ergebnisse zu erreichen. Sie benötigt festgelegte Parameter, um die Wiederholbarkeit der Ergebnisse zu garantieren. Nur die Wiederholbarkeit der Ereignisse macht einen Versuch zum empirischen Beweis. Werden die Bedingungen geändert, ändert sich auch das Ereignis. Alles spielt sich in einem engen, in einem geschlossenen System ab.«
    Den Flecken Kehr kann man trotz der beiden Grenzen, die ihn durchschneiden, als ein sehr geschlossenes System betrachten. Ich muss die Bedingung meiner Gegenwart unbedingt bald wieder ändern, um eine weitere Wiederholbarkeit der Ereignisse auf der Kehr auszuschließen.
    Mir brummt der Schädel. Du lieber Himmel, jetzt denke ich schon genauso verschwurbelt, wie Claire gesprochen hat! Muss ansteckend sein.
    Gudrun, der reale Grund meiner Rückkehr aus Berlin, trägt ihre neuen roten Wanderschuhe und ist merklich aufgeräumt, als sie mich wenig später vom Krankenhaus abholt. Robert hält mir die Tür seines Wagens auf. Meinen Vorschlag, mich auf die Rückbank des sportlichen Gefährts zu quetschen, lehnen beide ab. Wahrscheinlich würden sie gern nebeneinandersitzen, aber sie befürchten wohl, mein Übergewicht auf der Kehr nicht aus dem Wagen hieven zu können.
    »Vorn hast du mehr Beinfreiheit«, sagt Gudrun großzügig. Ihr Gesicht verrät nicht, ob die gestrige gastronomische Gemeinschaftsarbeit im privaten Bereich der Einkehr eine glückliche Fortsetzung gefunden hat. Das erscheint mir aber eher unwahrscheinlich. Früher hatte sich Gudrun zwar nie so lange geziert, wenn ihr ein Mann gefiel, aber da hatte es auch noch keinen David in ihrem Leben gegeben. Es wird Zeit, dass sie jetzt ebenfalls ihr geschlossenes System sprengt und das Texas-Sweatshirt in die Altkleidersammlung tut.
    Natürlich brennt Gudrun darauf, endlich zu erfahren, weshalb ich gestern Abend mitten im Trubel ohne Jacke und Erklärung hinter der jungen Frau hergefahren bin. Sie fragt besorgt, ob ich den Unfall etwa verursacht hätte. Ich verneine ihre letzte Frage und verspreche ihr, die erste später zu beantworten. Vorher müsse ich mir erst noch über einiges klar werden.
    »Du bist einer Eingebung gefolgt, stimmt’s?«, hakt sie nach. So kann man den schwarzen Kastenwagen durchaus auch nennen. Ich nicke.
    »Man muss immer das tun, was einem das Herz eingibt«, sagt sie versonnen.
    »Nicht immer«, bemerkt Robert, »wenn es dir eingibt, bei solchen Temperaturen ohne Wintermantel loszufahren und außerdem deine Freunde mit der ganzen Arbeit sitzen zu lassen, sollte man doch wohl lieber auf seinen Verstand hören.«
    »Der hat mir auch was eingegeben«, sage ich versöhnlich. »Ich weiß jetzt, wie das tote Reh auf unseren Hochsitz gekommen ist.«
    Gudrun ist sehr beeindruckt von meinem Wissen über das Beuteverhalten von Luchsen an der Höckerlinie.
    »Komisch, da lebe ich mein ganzes Leben auf der Kehr und höre das gestern zum ersten Mal. Und du bist erst so kurz hier und weißt das

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