Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
geworden?«
»Nichts.«
»Wie, nichts?«
»Hat niemand wieder aufgebaut. Gab ja keine Familie mehr.«
»Und wo ist das?«
»Die Ruine?« Er wedelt mit der Hand nach links zu einer winzigen Verkehrsinsel, auf der unter einem Baum ein graues Kreuz und ein roter Briefkasten stehen. »Die Straße da drüben rauf, bis zum Wald, kann man von hier aus nicht erkennen.«
»Können wir da nicht mal hinfahren?«
»Wozu?«
»Wenn die Frau tatsächlich Babette Schröder ist, hält sie sich da vielleicht versteckt.«
Marcel lacht.
»Die hat jetzt ganz bestimmt ein Dach überm Kopf. Und da oben gibt’s keins mehr.«
Marcel hält sein belgisches Polizeiauto vor dem Stamm der kleinen Birke auf meinem Privatgrundstück an.
»Was habt ihr in Gottes Namen diesem Baum angetan?«, fragt er, als wir aussteigen.
»Jupps Strickwerk«, sage ich entschuldigend, »sah vor dem großen Schnee noch ganz passabel aus. Nicht mein Geschmack, aber künstlerisch und gorillamäßig irgendwie vertretbar.«
»Jupp sollte Besseres zu tun haben.«
»Ja, mit Polyacrylwolle. Aber die liefern Biancas Schafe nicht.«
»Da ist sie ja.«
Bianca steht auf den Stufen der Einkehr und winkt uns von da aus so fröhlich zu, dass die weißblonden Zöpfchen nur so hüpfen. Ich unterdrücke einen Seufzer und denke an all die Fragen, die ich nicht beantworten möchte. Aber Bianca hat gar keine. Wie immer denkt sie nur an das, was sie selbst gerade bewegt. In meiner jetzigen Lage empfinde ich das als äußerst erfrischend.
Mit strahlendem Gesicht springt sie vor uns in die Einkehr .
»Endlich habe ich das Supergeschenk für Papas Geburtstag! Unglaublich! Ich dachte, ich müsste nach Köln fahren oder nach Trier. Und dann finde ich so ein geiles Teil in Prüm! Das ist echt nicht wahr!«
»Wann hat er denn Geburtstag?«, frage ich besorgt. Hoffentlich hat Gudrun noch genug Zeit, um sich für die Wanderschuhe zu revanchieren.
»Das ist es!« Ohne meine Frage zu beantworten, wirft Bianca ein Lederstück auf unseren runden Tisch. »Eine Smartphone-Tasche für Hosenträger! So was braucht er, seitdem er keine Gürtel mehr trägt. Dann rutscht ihm das Handy nicht dauernd ins Sofa.«
Ich hebe das Ding hoch und mustere es genauer.
»Interessantes Leder, weißt du, was das ist?«
»Haifischleder mit Serafil-Faden handgenäht«, erklärt sie stolz. »Nur fünfzig Euro. Ein echtes Schnäppchen.«
»Fünfzig Euro für ein bisschen Leder!«, tönt Marcel empört und reißt mir das Geburtstagsgeschenk aus der Hand. Er wird aber sofort ganz still, befingert das Stück und schaut es von allen Seiten genau an.
»Was ist? Willst du auch so ein Teil? Du trägst doch gar keine Hosenträger. Obwohl …« Ich mustere seine Jeans. »Wenn du noch dünner wirst, musst du dir welche kaufen. Oder neue Hosen.«
»Claire Maraites Vater«, sagt er nachdenklich. »Der hatte genau so ein komisches Ding.«
»Das ist nicht komisch«, protestiert Bianca. »Es ist sehr, sehr nützlich.«
»Wir haben versucht, den Hersteller herauszufinden, aber den gibt es gar nicht. Ist handgenäht.«
»Sag ich ja!«, tönt Bianca.
»Warum sollte das interessant sein?«, frage ich irritiert.
»Wir fanden es komisch, dass der Mann so was hatte. Wo wir bei ihm ansonsten nichts Wertvolles fanden. Nicht einmal ein Handy, das er in das teure Etui hätte stecken können. Die Einzimmerwohnung war leer wie eine Mönchszelle, Bett, Stuhl, Schrank, Kochplatte, nicht mal ein Computer.«
»Auf dem Flohmarkt in Prüm!«, ruft Bianca. »Da verkaufen die das. An einem Stand. Neben lauter Schrott vom Bauernhof. Irre, was?«
Marcel sieht zu mir hin.
»Klar doch«, sage ich resignierend. »Nichts wäre mir jetzt lieber als ein Ausflug zum Flohmarkt. In einem belgischen Polizeiauto.«
Der winzige Stand bietet nicht nur Handytaschen aus edlem Leder an, sondern auch ein ganz besonderes und mir sehr vertrautes Gebäck. Ich kenne keine Konditorei der Welt, die derartige Schokoladenkuchen im Angebot führt.
»Marcel!« Ich deute auf die Brownies mit der verräterischen Glasur.
»David«, murmelt er sofort.
»Gratuliere.«
Man muss es ihm lassen; er hat wirklich einen Blick fürs entscheidende Detail, in diesem Fall für die in die Schoko-Kaffeeglasur eingebetteten Pecannüsse mit den Cranberry-Köpfchen.
Doch Marcel sieht noch mehr. Sein ausgestreckter Zeigefinger weist zu einem Stand zwei Reihen weiter. Von da aus winkt uns Gudrun begeistert zu.
»Ich lenk sie ab.« Ohne Umschweife schiebe ich mich
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