Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
vernichtet hat, muss gewaltig gewesen sein. Der Vater hatte im Keller Kraftstoff gelagert.
Arme kleine, hässliche Babette. Die nur deshalb überlebte, weil sie in jener unheilvollen Nacht bei ihrem Pferd Wärme gesucht hat. Die sie als Messdienerin sonst höchstens in der Freundlichkeit des Pfarrers gefunden haben könnte.
Mir läuft ein Schauer über den Rücken.
Das Kind hat gewusst, was im Keller gelagert wurde. Das Kind hat gewusst, was es wollte. Das Kind hat gewusst, dass Pastor Lambert ihm beistehen würde, wenn es ganz plötzlich niemanden auf der Welt mehr hatte. Darf ich das überhaupt denken? Dass dieses Kind das Feuer gelegt haben könnte?
Merkwürdig: Es gibt nur Reifenspuren, die in das Innere des dachlosen Gebäudes führen. Wenn Barbara Gordon meinen Freund hier abgeladen hat, muss sie doch wieder weggefahren sein! Oder hält sie sich hier versteckt? Sehr unwahrscheinlich in dieser Kälte.
Wind kommt auf. Mit einer Hand ziehe ich mir den Kragen meiner Jacke fester um den Hals und starre auf die Fährten im Schnee. Ich erkenne andere Abdrücke, neben und auf den Reifenspuren. Sie könnten von menschlichen Füßen stammen. Oder von anderen Kreaturen?
Nein, es gibt in unserer Gegend keine Raubtiere, die einen halb erfrorenen gefesselten Polizisten in einer Ruine angreifen könnten, nur Wildkatzen, Wildschweine, Luchse und Dachse – die halten sich allerdings vorzugsweise im Wald oder an der Höckerlinie bei den Bunkern auf.
Rein mit dir, fordere ich mich auf. In dieser Kälte zählt jede Minute. Überlass den armen Marcel nicht länger als nötig den Eifeler Naturgewalten!
Ich befehle meinen Knien, das Zittern zu unterlassen, schleiche durch das Bruchsteinloch und bleibe dann wie angewurzelt stehen. Der Wagenheber fällt mir aus der Hand.
Mitten in Babette Schröders ausgebranntem alten Elternhaus parkt Marcels Polizeijeep. Mit einer Beule am hinteren rechten Kotflügel. Und daneben ein schwarzer Kastenwagen, auf dessen Fahrersitz Schnee liegt, weil ihm die Tür fehlt.
Mein Gefühl hat mich schmählich im Stich gelassen: Von Marcel selbst gibt es weit und breit keine Spur.
Als ZWÖLFTES kommt es zu einem keineswegs rein belgischen Auflauf
Halbierten, von seinem Strunk befreiten Chicorée in gebräunter Zuckerbutter wenden, mit Mehl bestäuben, mit Muskat, Rosenpaprika und Pfeffer würzen, etwas Rotwein und Sojasoße dazugeben und eine Viertelstunde dünsten lassen; Béchamelsoße zubereiten, geriebenen Gruyère unterheben; Chicorée mit Schinkenscheiben umwickeln, in eine Auflaufform tun, Pinienkerne und Rosinen dazugeben, mit Soße übergießen und Käse überstreuen; im Ofen fertigbacken
Mir drohen die Beine wegzusacken. Ich suche Halt an der offenen Seite des Kastenwagens, da zerreißt heiseres Krächzen die Totenstille in der Ruine. Erschrocken lasse ich mich gegen Marcels Jeep fallen. Aus dem offenen VW-Bus flattert ein riesiger schwarzer Vogel und schwingt sich laut kreischend in die Lüfte.
Voller Panik schaue ich mich um – bis ich endlich begreife, dass sich kein Mensch zwischen den zugeschneiten Steinhaufen dieses Gemäuers aufhalten kann. Nicht eine einzige Spur weist darauf hin, dass irgendjemand weiter in die Ruine hineingedrungen sein könnte. Wenn Marcel tatsächlich festgehalten wird, dann woanders.
Sobald ich wieder Luft bekomme, ziehe ich mein Handy hervor und teile der Polizeizone Eifel in St. Vith meine Entdeckung mit.
Der Beamte rät mir, mich in mein Auto zu setzen, die Türen zu verschließen, mein Handy bereitzuhalten und vor Ort auf die belgische Polizei zu warten.
»Geht nicht!«, keuche ich ins Telefon. »Zu viel Angst. Ich fahre lieber gleich zu euch in die Aachener Straße.«
Und damit kappe ich die Verbindung.
Ich habe keine Angst um mich, sondern um Marcel. Jedenfalls kann ich hier nicht untätig herumsitzen, bis seine Kollegen erscheinen und mir Fragen stellen, die auch ich gern beantwortet hätte.
Hat Barbara Gordon dem belgischen Polizeiinspektor so aufgelauert wie vor wenigen Tagen Claire? Oder ist Marcel in eine Falle gelaufen, als er den schwarzen VW-Bus der Sippe aufgespürt hat? Wie ist es der Frau gelungen, dem Polizeiinspektor mit der Waffe zuvorzukommen? Wann ist das alles geschehen? Und vor allem: Wohin nur könnte sie Marcel verschleppt haben?
Noch einmal mustere ich die Fährten auf und neben den Reifenspuren. Selbst habe ich zwar manche zertrampelt, aber dennoch ist gut erkennbar, dass – falls es doch kein Tier war – in den
Weitere Kostenlose Bücher