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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Gilvarry
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dem Highway aus einem Liter rausholt.«
    Ich rannte die Treppe hoch und holte meine Tasche – ganz aufgekratzt, wie ich gestehen muss, weil ich eine Freifahrt nach Bronxville abgestaubt hatte. Was für ein glücklicher Zufall! Ein Mädchen wartete auf mich. Ich hatte noch etwas Geld in der Tasche. Warum konnte ich nicht einfach zufrieden sein?
    Als ich zurückkam, fummelte Ahmed an einem GPS-Gerät herum.
    »Boy, ich hab mal über das Kleid nachgedacht, das diese Blonde da neulich anhatte.«
    »Du meinst Olya?«
    »Olya. Wie konnte ich bloß Olya vergessen. Du machst also richtig exquisite Fummel, ja? Ich muss schon sagen, Boy, seit ich die Anzüge von dir trage, komm ich mir selber wie eine hübsche Blondine vor.« Ahmed rülpste. »Tschuldige. Es ist erstaunlich, was einem erstklassige Sachen für ein Selbstbewusstsein geben. Ich war immer erfolgreich, egal was ich angefasst habe, das weißt du ja vielleicht oder auch nicht. Aber in so was hier fühle ich mich auch erfolgreich. In meinem Alter, da kommt nur noch ein Erfolg zum anderen, nichts kann einen mehr überraschen. Man muss Verluste in Kauf nehmen, wenn man spüren will, dass man noch lebt. Wahrscheinlich verstehst du das noch nicht. Aber ich sag dir eins: In letzter Zeit fühle ich mich viel jünger. Egal, wo ich bin, in diesem Anzug bringt man mir Respekt und Aufmerksamkeit entgegen.«
    »Ja, genau das macht Mode mit einem«, sagte ich. »Dazu ist sie da. Um einem ein gutes Gefühl zu geben. Wenn ich das höre, weiß ich, ich habe meine Arbeit gut gemacht.«
    »Ich muss dir was gestehen, Boy. Ich glaube, deine künstlerischen Ambitionen haben mich neidisch gemacht. So jungund so talentiert! Du führst das Leben, von dem ich früher geträumt habe. Aber in der engstirnigen Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin, konnte ich den wahren Fashionista in mir nie entdecken. Ich bin als Moslem erzogen worden. Allah ist der Größte, Mohammed sein Prophet, dieses haram , jenes haram , lobet Allah. Guck’s dir an, die Frauen laufen immer noch im Hidschab rum, von Kopf bis Fuß verschleiert, und kein Mensch sieht, wie schön sie sind. Was für eine Schande. Vielleicht die größte des Islam. Wo ich herkomme, hätte ich niemals Modedesigner werden können. Als Mann schon gar nicht. Sieht ja ein Blinder mit Krückstock, dass es nicht gerade der allermännlichste Beruf ist. Und jetzt, in meinem Alter, glaubst du’s, da hab ich plötzlich den Drang, mich rauszuputzen. Ein einziges Mal schamlos zu sein!«
    Wir fuhren durch Williamsburg, mein Viertel. Dort gehörte ich hin, in jenen sicheren Hafen für den künstlerischen Geist, wo Jugend und Mode zugleich mühelos und zerstörerisch wirkten. Genau so schätzte ich es.
    »Boah, guck dir mal die da mit den bunten Dreadlocks an«, sagte Ahmed und zeigte auf ein blasses, weißes Pseudo-Rastamädchen. »Die hat sich das Gesicht tätowiert!«
    »Aber weißt du, Ahmed, Leute wie sie geben die Trends für einen großen Teil der Welt vor – die Hipster, die Jungen, die auf Durchreise. Und genau in diese Richtung will ich mit meiner Kollektion vorstoßen. Das muss nicht zwangsläufig gut aussehen. Man könnte sie bestenfalls als Freaks bezeichnen. Aber was für eine Ausstrahlung! Findest du nicht? Sie ist so beeindruckend, dass du dem Drang nicht widerstehen konntest, auf der Straße auf sie zu zeigen.«
    »Gut, Mumm braucht man schon, um sich das Gesicht zu tätowieren, das muss man ihr lassen.«
    Wir rollten die Metropolitan Avenue entlang, und eine britische Frauenstimme wies uns an, rechts abzubiegen und unsnach zweihundert Metern auf den Brooklyn-Queens-Expressway einzufädeln. Ich kann es nicht erklären, aber an diesem Abend schien alles mit absoluter Präzision zu geschehen.
    Ihrer Ansage folgend, fuhren wir auf den BQE.
    »Allmählich verstehe ich deine Vision, Boy. Du kannst überzeugen. Das gefällt mir. Wie gesagt, ich war neulich ziemlich neidisch. Lass mich das weiter ausführen. Ich glaube, dieser Neid hat mit zwei Wünschen zu tun. Zum einen beneide ich dich um dein Talent – kann halt nicht jeder so ein Glückspilz sein. Das andere hat mit den edlen Anzügen zu tun, die du mir gemacht hast. Sie haben mir mal genügt, aber jetzt nicht mehr. Versteh mich nicht falsch, die Anzüge sind eins A. Aber ich will einen ganzen Schrank voll erstklassiger Anzüge. Das kenn ich von mir sonst gar nicht. Ich komm mir vor wie eure ehemalige First Lady mit ihren Schuhen.« 41
    »Dafür brauchst du dich nicht zu schämen,

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