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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Gilvarry
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Verbindung. Das Geld ist da. Ahmed findet Abnehmer. Somalier. Er besorgt die Ware. Der Ammoniumnitrat-Düngerist erst der Anfang. Er verspricht den Somaliern noch ganz andere Waffen. Raketenwerfer, Flakgeschütze, Nachtsichtgeräte, Panzer, verdammt noch mal. Wir sind ihm seit einem Jahr auf der Spur. Ihr Name taucht auf den Aufnahmen auf. Sie bekommen das Geld, es fließt durch Ihre Firma, mit Damenmode lässt sich eine Menge Geld verdienen, und am anderen Ende steht der Deal mit den Somaliern.«
    »Das ist doch Quatsch. Es war genau andersherum.«
    »Das ist Ihre Verteidigung? ›Euer Ehren, es war andersherum. Zuerst war das Huhn da, dann das Ei.‹ Was soll der Richter denn denken? Der sieht doch eine mustergültige Terrorzelle. Und ich muss wirklich sagen, es sieht nicht gut für Sie aus, mein Freund.«
    »Ich will meinen Anwalt.«
    »Jetzt will er auch noch einen Anwalt. Als wir hier angefangen haben, wollten Sie noch keinen. Warum eigentlich?«
    »Weil ich Ihnen geglaubt habe. Ich dachte, Sie könnten mir helfen. Leider waren Sie doch nur eine machtlose Spielfigur wie ich. Deshalb will ich meinen Anwalt.«
    »Glück für Sie: Er ist auf dem Weg. Er wartet nur noch auf seine Sicherheitsüberprüfung. Sollte jeden Tag so weit sein.«
    »Mehr sage ich nicht. Steht alles in meinem Bekenntnis.«
    »Das hat aber einige Lücken.«
    »Beweisen Sie mir das.«
    »Wollen Sie als Insasse einen Special Agent des FBI herausfordern? Wissen Sie, was mit Ihnen passiert, wenn ich nur mit den Fingern schnippe? Bevor unsere Zeit um ist und ich Sie an die Marines übergebe, Boy, muss ich Ihnen eins sagen: Für die sind Sie nur eine Nummer. Denen ist es scheißegal, wo Sie herkommen, Mister New-York-City-Großkotz-mir-kann-keiner-was. Eine Nummer, sonst nichts.« Spyro stand auf. »Ich dagegen habe Sie wie einen Mann behandelt. Wie einen ehrbaren Mann. Und jetzt sind wir am Ende unserer Reise angekommen. Ich muss weg. Ich komme nie wieder. Also müssen Sie es mir jetzt sagen. Ihre letzte Chance für ein Geständnis, bevor die Marines Sie in die Finger kriegen. Wussten Sie vor Qureshis Festnahme von irgendwelchen Waffen? Vor dem 25. Mai 2006. Wenn Sie irgendetwas damit zu tun hatten und es mir jetzt sagen, lege ich in Washington ein gutes Wort für Sie ein. Das schwöre ich Ihnen.«
    »Ich bin doch schon jetzt nur noch eine Nummer. Insasse zwo-zwo-sieben.«
    »Wussten Sie vor Qureshis Festnahme am 25. Mai 2006 von den Waffen?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Das habe ich Ihnen schon gesagt. Steht alles in meinem Bekenntnis.«
    »Ich scheiß auf Ihr Bekenntnis! Ich frage Sie jetzt und hier zum allerletzten Mal. Wussten Sie von den Waffen? Wussten Sie von dem Dünger? Was wussten Sie?«
    Ich war überzeugt, dass es Zeitverschwendung gewesen wäre, weiterhin zu kooperieren. Die Fragen drehten sich im Kreis. Ich hatte sie alle schon beantwortet.
    Ich verweigerte eine weitere Antwort.

...
    AUF DEM ROLLFELD
    ...
    In der Nacht der Überwältigenden Heimsuchung, am 30. Mai 2006, wurde mir ein Sack über den Kopf gezogen, damit ich keine Gesichter, Straßen oder Orientierungspunkte erkennen konnte. Schon daraus sollte klar werden, dass das, was sie mit mir und anderen in dieser Situation getan haben, illegal ist. Selbst abgebrühte Kriminelle – Mörder, Vergewaltiger, Drogenhändler, Zuhälter oder Diebe – dürfen die Gesichter der Leute sehen, die sie festnehmen. Wer auf dem Weg ins Niemandsland ist, darf das nicht.
    Natürlich habe ich einen oder zwei von den SMERFs gesehen, die meine Wohnungstür eingetreten haben, aber identifizieren könnte ich auch die nicht. Sie haben ihre Spuren sehr gut verwischt! Wenn ich die Leute anzeigen wollte, die mich entführt, abtransportiert und so grob durch den Nachthimmel gejagt haben, hätte ich keine Chance.
    Auch der Weg ins Niemandsland bleibt ein Geheimnis. Wer herkommen muss, wie mein Anwalt zum Beispiel, kann es lange versuchen. Jeder weiß, wo das Niemandsland liegt, jeder kann auf der Karte mit dem Finger darauf zeigen. Doch wie man herkommt, ist ein Rätsel. Ich kann kaum etwas über meine Reise auf die verbotene Insel erzählen. Mit dem Sack über dem Kopf saß ich im Dunkeln. Zeitweise setzten Sie mir Ohrenschützer auf. Soll ich nachempfinden, wie es war, mitten in der Nacht an so einen Ort entführt zu werden? Klar, ich könnte die Geräusche und Stimmen aufzählen: unebeneStraßen, die Nieten in den Brücken, das Knacken in den Ohren, wenn wir durch einen Tunnel fuhren, und dann

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