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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Gilvarry
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startende Düsentriebwerke und ein Flugzeug, das abhebt. Doch all das wäre Spekulation. In Wahrheit weiß ich einfach nicht, wie ich hierhergekommen bin. Wenn man, wie ich, mit einem Sack über dem Kopf verschleppt wird, dann achtet man nur noch auf den eigenen Atem. Man merkt sehr deutlich, dass man atmet und gern weiteratmen würde. Ich fragte mich nicht, wohin ich gebracht wurde. Ich hatte schon ein weitaus schlimmeres Schicksal akzeptiert als das, was wirklich kommen sollte – nämlich dass ich nicht mehr allzu lange atmen würde.
    Beim Transport erlebt man zum ersten Mal eine Einzelhaftsituation, also zieht man sich ins Innere zurück und versucht, den qualvollen Zustand der Sinnesberaubung zu ertragen. Stellen Sie sich vor, Sie werden zweiunddreißig Stunden (die Zahl habe ich frei gewählt, ich habe nämlich nicht mitgezählt) in einem Sarg lebendig begraben und danach wieder hinausgelassen. Wie man sich diese zweiunddreißig Stunden vorstellen soll? Das kann ich Ihnen sagen. Man atmet jeden Kubikzentimeter Luft, als wäre es der letzte.
    Wann wurde mir klar, dass ich ein Gefangener war? Vielleicht in dem Moment, als ich aus dem Sarg gelassen wurde, als sie mir den Sack vom Kopf zogen und ich Licht sah und frische Luft atmete.
    Ich war dem Soldaten dankbar, der mir den Sack abnahm. Er hatte mir das Leben geschenkt. Ich schluchzte an seinen Knien, als er mich auf einen Stuhl setzte und an einen Haken im Boden kettete. Er zerrte an den Handschellen; meine Hand- und Fußgelenke waren nach der ganzen Zeit wund. Wo begann mein neues Leben? Ich sah mich um. Ich war in einem Raum. Vier Wände. Hell erleuchtet. Ein Tisch. Stühle. Eine Tür. Der Soldat ging, und ich blieb einige Stunden an dem Tisch sitzen. Ich sagte und tat nichts.
    Die vielen Stunden, die ich unter dem Sack durch die Weltgeschichte transportiert wurde, sind dazu da, einem Angst zu machen. Ich glaube wirklich, die Amerikaner wollen so den Tod simulieren. Der Transport ist wie gesagt die erste Einzelhaft, ein großes, leeres Nichts. Ich war wohl hin und her gefahren worden, schnell von einem Ort zum anderen. Betäubt und getragen, mit Sack über dem Kopf und Ohrenschützern.
    Und wo war ich gelandet?
    Ehrlich gesagt nicht weit von dem Ort, wo der Abend damit angefangen hatte, dass ich auf Michelle wartete. Als mir der Sack vom Kopf genommen wurde, war ich erst in Newark, New Jersey. Das fand ich allerdings erst viel später heraus, als es mir ein Soldat erklärte. Zu dem Zeitpunkt selbst war ich völlig orientierungslos. Ich hätte genauso gut in Kairo oder Kandahar sein können.
    Der Sack war also weg, und ich saß an einem Tisch in einem Raum. In einem Vernehmungsraum. Einem Verhörraum. So einen gibt es an jedem Flughafen. Sie wurden wohl nach dem großen Schrecken von 2001 notwendig. Nach mehreren Stunden wurde ich zum ersten Mal vernommen. Von einem Mann in zivil: Hemd und Hose. Er hatte ein Klemmbrett dabei und trug einen gepflegten Kinnbart. Er wirkte wie Mitte vierzig, hätte aber auch jünger sein können. Er schob einen kleinen Wagen mit einem Lügendetektor herein und schloss mich daran an. Dann setzte er sich mir gegenüber und begann die Vernehmung.
    In Newark war auch Ahmed, mein angeblicher Komplize und »Mitverschwörer«, festgenommen worden, nachdem er versucht hatte, einem FBI-Informanten den Dünger zu verkaufen, und hier hatte er auch darüber gesprochen, welche schrecklichen Dinge sich auf amerikanischem Boden ereignen könnten, würden und sollten. Wenn ich in meiner Zelleim Niemandsland immer noch behaupten würde, dass ich es mir nicht vorstellen kann, dass Ahmed zu so etwas fähig ist, wäre das der Gipfel der Leichtgläubigkeit. Er hatte mich als Sündenbock in dieses Spiel hereingeködert. Und ich Idiot hatte angebissen.
    »Sind Sie Boyet Hernandez?«, wurde ich gefragt.
    »Ja«, erwiderte ich. Der Klang meiner Stimme überraschte mich. Ich hatte lange nicht gesprochen.
    »Haben Sie noch andere Namen? Pseudonyme?«
    Der Mann hatte anscheinend Essensreste zwischen den Zähnen, denn seine Zunge arbeitete die ganze Zeit zwischen Wange und Zahnfleisch, um irgendetwas herauszupulen.
    »Ich nenne mich Boy. Ich bin Designer.«
    »Beantworten Sie nur die Frage.«
    »Keine anderen Namen, nein«, erwiderte ich.
    Er erklärte mir nicht, warum ich dort war, und ich traute mich auch nicht zu fragen. Ich nahm bereits an, dass es etwas mit meiner Bekanntschaft mit Ahmed zu tun hatte. Ich hätte nach einem Anwalt schreien müssen, mir

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