Bel Ami
pulsierte im Rhythmus meines Blutes. Alles war Musik. Vor mir schimmerte weißes Koks und darunter spannte sich Alicias nackte Haut, entfaltete sich wie eine Blume. Ich beugte mich zu ihr herunter wie ein Falter zum Kelch, bewaffnet mit einem Rüssel, um aufzunehmen, was die Mitte verlockend darbot. Ich schloss die Augen und sog, als hinge mein Leben daran. Ganz deutlich hörte ich eine Stimme über mir. Ich konnte sie förmlich sehen. Alex berührte meine Schulter, zog mich von Alicia weg und erklärte noch einmal. Unwillig öffnete ich die Augen.
»Jeder kann maximal sieben Punkte pro Kandidatin vergeben. Geheime Abstimmung!« Aus seinen Wunderhosen hatte er nun auch noch Stift und Papier gezaubert. Er schrieb auf die linke Pobacke jeder Kandidatin langsam und mit sichtlichem Genuss eine Zahl, notierte alles auf drei Zetteln und reichte zwei davon an Nico und mich weiter.
Mittlerweile hatte Caro sich aufgerichtet und unauffällig ihr Bein entlastet. Karin schwebte mit einem Tablett voll kristallenen Gläsern durch den Raum. Ich konnte jedes einzelne Bläschen, das darin nach oben stieg, deutlich sehen. Die Mädchen griffen nach den Gläsern, bogen ihre langen Hälse und erinnerten an sieben Schwäne.
Dann fiel die Entscheidung. Die Wahl war auf die dunkle Malila gefallen. Sie ließ sich unter lautem Beifall und frenetischem Applaus zur »Miss schönster Hintern der Welt« küren und gewann die 1000 Mark. Kurz durchzuckte mich die Vision des Wutausbruchs, den eine andere Entscheidung vermutlich bei ihr ausgelöst hätte.
Aber das Spiel ging weiter. Der Vorrat an Scheinen in Alex’ Tasche schien unerschöpflich. Gedanken an Bankraub, Lösegeld und Mafia blitzten kurz in meinem weiß bestäubten Gehirn auf. Dann war es die Drei, die alles andere darin verdrängte. Groß und rund bewegte sie sich auf Alicias Po. Ich wollte die Bühne stürmen. Aber Alex ließ noch einmal die Scheine tanzen und die Mädchen raten. Gerade oder ungerade Zahl auf dem Hunderter? Bei jedem richtigen Tipp wechselte der Schein seinen Besitzer. Alles sollte den Schönen gehören: das Geld, ach was, die ganze Welt, die nichts kostete, die so schön war wie die Mädchen selbst. Und jede hatte Glück, es gab nichts zu verlieren.
Irgendwann zog sich eine Autobahn von einem Ende der Bar zum anderen. Eine Autobahn im Winter. Mit einem Strohhalm bewaffnet, stürmte Caro die Bar, spreizte ihre ellenlangen Beine und verkündete lachend: »Hier kommt das Räumfahrzeug!« Sie kniete sich nieder und folgte, das spitzenverzierte Hinterteil steil nach oben gerichtet, der weißen Spur wie ein intergalaktisches Rüsseltier.
Sonnen schienen, Mädchen lachten. Die Nacht war hell – in meiner Welt! Alex zog endloses Glück aus seiner Hose. Sanna hatte aufgehört in kreolische Jahresgehälter umzurechnen. Alicia und Natalie dachten an Zinseszins. Nico zog sich gerade zum ersten Mal aus, um sein Gehalt bei einem neuen Spiel aufzubessern. Und ich hielt den Deckel fest verschlossen, um die Nacht einzuwecken.
Einstellungstest
Katja, ich erinnere mich nicht, wann genau sie bei mir auftauchte. Irgendwann saß sie einfach vor mir und schlug ihre langen Beine übereinander. In der Zeit, in der ich das Bel Ami nun schon betrieb, hatte ich, so glaubte ich, schon jede Art von weiblicher Schönheit gesehen, meist auch gevögelt. Katja toppte sie alle. In meinem Beruf ist man nicht lange allein, selten verliebt und nie monogam. Die Frau, die mir hier gegenübersaß und langsam ihr Glas an die Lippen hob, vertrieb allerdings augenblicklich jeden Gedanken an andere Frauen. Diese und keine andere – und mir kam der Gedanke noch nicht einmal lächerlich vor.
»Du bist Detlef Uhlmann?«
Sie reichte mir ihre Hand und schaute mir gelassen in die Augen. Ich griff zu und ließ sie nur ungern wieder los. Anfang 20, blond, voller Busen, sinnliche Lippen, schlanke Taille und unglaublich lange Beine. Ja, sie war der Typ Frau, der mich zum Schmelzen brachte. Und ja, ich hatte einige andere kennengelernt: Rosi, Alicia und Natalie, die diesem Typ ebenfalls entsprachen. Aber sie war die Vervollkommnung von allen. Größer, schlanker, blonder, mehr Busen, mehr Taille, geradere Nase, vollere Lippen. Eine ungefilterte Erotik ging von ihr aus, unverstellt, rein, ohne Frivolität. Sie wirkte auf mich wie eine dem Wasser entstiegene Nymphe, deren weiße Haut ein Sterblicher nur einmal im Leben berühren durfte, um dann mit dem Leben dafür zu bezahlen. Jedes Haar auf meinem Arm stellte
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