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Bel Ami

Bel Ami

Titel: Bel Ami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Uhlmann
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und blinzelte mich verständnislos an. Seine Augen waren blutunterlaufen, und seine Haut sah trotz der Sonnenbräune irgendwie grau aus. Wir hatten beide nur wenig Schlaf bekommen, aber das war mir egal. Auf keinen Fall wollte ich mich diesmal von meinem Vorhaben abbringen zu lassen, zumal wir unser letztes Reiseziel erreicht hatten. Vielleicht sah mir Hartmut meine Entschlossenheit an, vielleicht hatte er sich auch von den australischen Mädchen insgesamt mehr erhofft. Jedenfalls stemmte er sich aus der Liege, suchte nach seinem Hemd und sagte einfach: »Na, dann lass uns mal den Rückflug buchen!«
Jonas
    Es war merkwürdig, wieder zurück zu sein. In Tegel wartete mein schöner Bentley auf mich. Ich fuhr durch die heimatlichen Straßen nach Friedrichshagen und fühlte mich doch wie ein Fremder. Vielleicht sah ich auch so aus, denn Simone wagte mich kaum zu umarmen. Trotz des mächtigen Bauches sah sie besser aus, als ich sie in Erinnerung gehabt hatte. Ich musste meine Arme weit ausstrecken, um sie umfassen zu können. Blöderweise dachte ich dabei kurz an Mey. Aber nur kurz. Ich legte eine Hand auf den Bauch meiner Frau und fuhr vorsichtig über die straff gespannte Haut.
    »Ein Junge?«
    Sie nickte.
    »Sind die Pakete angekommen?«
    »Ja, der Kinderwagen auch!«
    »Das ist ein Silver-Cross. Der wird von Rolls-Rolls lackiert und handgefertigt!«
    »Ja, das stand drauf. Aber ein einfacher hätte es auch getan, Detlef!«
    Ich hörte durchaus den leisen Vorwurf in ihrer Stimme. Aber ihr kugelrunder Anblick stimmte mich so milde, dass ich sie einfach nur küsste und lachte.
     
    Vier Tage später, um 23.10 Uhr, platzte ihre Fruchtblase und entleerte sich auf dem Perser im Wohnzimmer. Simone ließ das Glas fallen und hielt sich am Tisch fest.
    »Detlef!!!«
    Ich war schneller bei ihr als die polnische Haushälterin, die seit einem Monat bei uns wohnte. Vorsichtig führte ich Simone zur Couch.
    »Haben die Wehen schon eingesetzt? Soll ich den Krankenwagen rufen?«
    »Ja, ja!«
    »Du hast schon Wehen?«
    »Nein, ruf den Krankenwagen!«
    Ich hetzte zum Telefon, drückte auf die Taste mit der eingespeicherten Notrufnummer und rannte dann weiter zum Schlafzimmer. Dort riss ich die Tür zur Ankleide auf und suchte verzweifelt nach dem sandfarbenen Anzug, den ich zu diesem Anlass tragen wollte.
    »Schatz, wo ist der neue Anzug? Ich hatte ihn doch schon rausgelegt!«
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«, hörte ich sie ächzen.
    Verdammt. Er musste im Flur hängen. Ich drehte mich um, eilte aus dem Zimmer und stieß im Flur mit der Haushälterin zusammen, die dabei Simones Waschtasche fallen ließ. Ein kleines Fläschchen zersprang und Velvet Night spritzte auf meine Schuhe. Simone begann zu jammern. Als es an der Tür klingelte, war ich fertig angezogen und duftete wie meine beste Edelhure.
    »Wir können los, mein Schatz!«
    Während der Fahrt zum Krankenhaus hielt ich Simones Hand, die sich in immer kürzer werdenden Abstanden schmerzhaft zusammenzog. Ich redete wie ein Besessener auf sie ein. Wie sehr ich sie liebte, wie tapfer sie sei, wie schön alles werden würde. In diesem Moment konnte ich kaum mehr nachvollziehen, wie ich diese wunderbare und tapfere Frau zwischenzeitlich fast hatte vergessen können.
    »Detlef, ich muss atmen!«, stöhnte sie.
    »Ja, mein Schatz, atme! Atme tief ein!«
    »Nicht tief! Kurz! Ganz kurz, Frau Uhlmann. Der Muttermund ist erst vier Zentimeter geöffnet. Hecheln sie!«
    Fasziniert sah ich, wie meine Frau diese Hundegeräusche machte, von denen ich immer gedacht hatte, sie kämen nur in schlechten amerikanischen Filmen vor. Ich hielt mich weiter an ihrer Hand fest und hatte nichts, um ihr den Schweiß von der Stirn zu wischen. Überhaupt kam ich mir ziemlich nutzlos vor, und im Kreissaal wurde ich sogar vor die Tür gestellt. So wanderte ich auf und ab, bis mich irgendwann ein Arzt fragte, ob es das erste Kind sei. Ja, ja, mein erstes Kind!, klärte ich ihn auf. Für Ihre Frau, meinte ich. Ach so, ja, Erstgeburt . Dafür geht es aber verdammt schnell, meinte er verwundert und verschwand wieder. Na, das fand ich nicht. Drei Stunden waren schon um. Dass ich so machtlos war, brachte mich fast um den Verstand, aber ich wollte unbedingt dabei sein, wenn mein Sohn das Licht der Welt erblicken würde. Endlich öffnete sich die Flügeltür, vor der ich stundenlang gewartet und wie wild telefoniert hatte.
    »Herr Uhlmann?«
    »Ja natürlich! Wer denn sonst?«
    »Sie können jetzt

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