Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bel Canto (German Edition)

Bel Canto (German Edition)

Titel: Bel Canto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milada Součková
Vom Netzwerk:
(auf einem Tischchen im Salon hatte Giulia eine ganze Sammlung davon ausgelegt) oder ein Band mit Brillanten oder eine Blume zurück, ein zartes Pfand der Gefühle, die Giulia in ihren Besuchern weckte.
    Fielen solche Besuche mit meinem Besuch bei Giulia zusammen, ging ich wie immer durch die Gärten in der Nähe ihrer Wohnung. Auf das Ende des Besuchs bei Giulia wartend, lief ich über Gartenwege, Treppen, atmete die feuchte Herbstluft. Ich fragte mich, ob Giulia Ernesto, auch spazieren schicke, wenn sie einen Besuch erwartet, nach dessen Abschied auf dem schwarzen Konzertflügel, an dem Giulia, bevor sie ins Theater geht, Koloraturen übt, eine goldene Tabatiere, ein Brillantenband, Blumen zurückbleiben, ein Pfand der Gefühle, die Giulia in ihren Besuchern weckt. Während solcher Besuche spazierte ich durch die nahen Gärten und betrachtete die Abgüsse der Danaiden, die verschmutzten Abgüsse der Jupiterfiguren. Ich wartete geduldig, bis Danaës Besuch fortgehen wird,beobachtete, wie goldenes Laub von den Bäumen in ihren Schoß fällt.
    Oft stelle ich mir Ernestos Besuch bei Giulia vor: ob sie (wie beim ersten Mal als ich sie in ihrem Salon besuchte) »Influenza« hatte. Ob sie ihn auch aufgefordert hat, wegzugehen, weil sie Besuch erwartet. Ist er zurückgekommen und hat auf dem Spiegel des schwarzen Konzertflügels eine goldene Tabatiere, ein Brillantenband gefunden? Ist er weggegangen, damit sich Giulia eine halbe Stunde vor der Vorstellung ausruhen konnte? Hörte er im winterlichen Großstadtdämmer auf den in den Park führenden Treppen die Blätter, hörte er Giulia, wie sie vor dem Aufbruch ins Theater Koloraturen übt?
    Ernesto war in der Stadt nur auf Durchreise. Es war in der Zeit seiner größten Erfolge. Giulia erzählte mir, dass er ihr gerade damals bei seinem Besuch gesagt habe, er glaube, er und Giulia würden doch einmal zusammenkommen.
    Ernesto ging nicht wie ich durch den verlassenen winterlichen Park zu Giulia ins Theater. Er sah nicht, wie sie sich hinter dem Paravent umkleidet, sie rief ihn nicht, damit er sich das Brillantenband ansehe, das neben Giulias Abschminktüchern lag.
    Ich solle die großartigen Brillanten bewundern, das zärtliche Pfand der Gefühle, die Giulia heute Nachmittag geweckt habe. Ich frage, ob ihr neuer Bewunderer heute im Theater sei. Er sei nicht dort, weil er zu einer wichtigen Sitzung gerufen wurde. Ich könne mir ja nicht vorstellen, wie einflussreich dieser Mann sei! Er werde nach der Vorstellung auf Giulia in der Taverne warten. Giulia habe ihm bereits gesagt, sie bringe mich mit.
    Ich wehre mich. Aber Giulia hatte schon gesagt, ich sei ihr Verwandter, denn nicht einmal ich kann wollen, jemand zweifele an dem durch und durch freundschaftlichen Charakter unseres Verhältnisses.
    Sie will, dass ich sie begleite. Vielleicht hofft sie sogar, jemanden zu beeindrucken, wenn sie mich als ihren Verwandten ausgibt. Sie meint, dies verleihe ihr eine gewisse Würde und Bedeutung.
    Gern würde ich sagen: Was will Danaë noch (denn ich hatte gerade bemerkt, wie das bei einer natürlichen Schauspielerin ist, und das hat mich erneut an Danaë erinnert)? Was will Danaë dem Goldregen über ihren Charakter und ihre Tugend noch einreden?
    Giulia kleidet sich sorgfältig und eilig an. Draußen wartet schon der Wagen auf uns, der uns in die Taverne bringen wird.
    Der Portier wies uns eine geschlossene Loge, ich wurde Herrn Ruspoli vorgestellt. Weil er vielleicht einer der reichsten Männer war, hat er mich überhaupt nicht beachtet. Ich war erstaunt, mit welcher Ungezwungenheit mich beide nicht beachtet haben: Giulia und er. Sogar der Kellner, der das Abendessen servierte, hat mich nicht beachtet. Obwohl man sah, das Essen war nur für mich bestellt. Ruspoli hat ausgesehen, als wäre er gerade vom Abendessen aufgestanden und für Giulia, obwohl sie sicher Hunger hatte, war es wohl unschicklich zu essen. Sie bezauberte Ruspoli (ich habe nie erfahren, wo sie sich kennengelernt haben) durch Blicke und Lächeln, und sobald das Obst aufgetragen wurde, legte Ruspoli den Kopf auf Giulias Schultern, nahe bei dem Halsband, das er heute Nachmittag auf die Spiegelfläche des schwarzen Konzertflügels gelegt hatte.
    Es blieb mir nur, mich in der Loge nach vorn zu setzen (groß und geräumig wie ein kleines Zimmer), mit dem Rücken zu Giulia und Ruspoli, die vollkommen im Hintergrund auf dem Sofa geblieben waren. Während des ganzen Programms der Taverne habe ich mich aus dem Logenfenster

Weitere Kostenlose Bücher