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Bel Canto (German Edition)

Bel Canto (German Edition)

Titel: Bel Canto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milada Součková
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geschliffener Diamantring gekauft wurden, von dem Giulias luxuriöse Wohnung eingerichtet wurde. Mit dem indirekt Zeitungsartikel lanciert wurden, geschrieben über Giulias Auftritte als Carmen und als Rosenkavalier. Mit dem Zeitungen bezahlt wurden, um den Namen von Paolos Vater, der unter den Inhaftierten einer Börsenaffäre war, nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.
    Damit würden wir uns aber der Trennung Paolos von Giulia nähern und darüber will ich hier nicht reden.
    So oft ich durch eine Pariser oder Berliner Seitenstraße gehe, manchmal in Nähe der Börse, und auf dem Gehsteig stehenbleiben muss, weil von einem Wagen Fässer oder Körbe mit Flaschen abgeladen werden, denke ich immer an die Geschichte, die an Muster berühmter Autoren erinnert.
    Ich bin überzeugt, mit dem Geld, das die Mannsbilder aus ihren ledernen Gürteltaschen holen, wird bestimmtirgendein Schmuck bezahlt, der an die Hand einer berühmten Schauspielerin gerät. Dann sehe ich sie, diese Schauspielerinnen, Soubretten, Sängerinnen, sehe sie bezahlt mit Geld aus den ledernen Gürteltaschen dieser Kerle in den blauen Schürzen. So sehe ich sie in dem Augenblick um Mittag herum.
    Ich sehe sie aus einer Seitenstraße kommen, aus einer Wohnung, eingerichtet mit Möbeln aus dem eleganten Trödelgeschäft der Seitenstraße. Sie sind gerade erst aus diesen geschnitzten Renaissancebetten von einem der Ludwige aufgestanden. Ich sehe sie sich vor einem Spiegel a là Napoleon-Empire schminken. Ihre Schönheit fällt vor dem Hintergrund von Schmutz und Abfall entlang des Gehsteigs der Seitenstraße auf.
    Ich sehe sie vor der Sessel-Nachbildung a là Ludwig, vor Tisch und Diwan von Napoleon-Nachahmern ihre Rolle repetieren und memorieren. Ist es eine Sängerin, dann wird sie auf das geschlossene Klavier schauen und wie aus einem Spiegel und aus Karten (sie sind alle abergläubisch) erraten, wie ihre Stimme heute klingen wird.
    Ich sehe sie in den Augenblicken um Mittag herum herauskommen, sehe sie an diesen unfreundlichen Wintertagen aus der Seitenstraße kommen, die Rolle in ihrer Kehle, in ihrem Kopf, und willens, sie zur höchsten Vollendung zu führen, ich sehe sie aus der Seitenstraße in der Nähe der Börse, in der Nähe der Oper kommen.
    Über den Höfen dieser schön gebauten Häuser in der Seitenstraße, über einem Teil dieser prächtigen dunklen Höfe sind gewöhnlich Verglasungen, gesichert durch Drahtnetze, deren gedrehte Eisenmaschen von Rußbüscheln überwachsen sind; grünliches und bläuliches undurchsichtigesGlas verwehrt den Blick in das Innere dieser fremden Häuser, in ihre Höfe, Durchgänge, Lager, Keller, Versuchsräume, Hallen; in die Börsen- und Opernhallen, in die Höfe dieser Häuser in der Seitenstraße.
    In der Nase habe ich den Geruch von Fischabfällen, vor Augen die Gürtel der Kerle in Schürzen (grün oder blau), das Lager, ein Weingroßlager. Ich sehe diesen Moment um Mittag herum vor mir und die kleine Soubrette, deren Name an Hausecken, an Säulen prangt – Giulia hat sie mir damals vorgestellt –, ich sehe sie, entschlossen, den Großhändler in seinem Büro aufzusuchen, nur weiß ich nicht mehr, womit und wie er helfen sollte, ich sehe sie mit den Schritten einer Operettensoubrette über ein paar Stufen das Weingroßhandelsgeschäft betreten; tags zuvor waren wir mit ihrem Liebhaber, einem schönen jungen Botschaftsattaché, bei der Premiere, wo sie in der Hauptrolle aufgetreten ist. Der junge Botschaftsattaché ist nicht reich. Ich sehe sie über ein paar Stufen das Weingroßlager betreten.
    Das wiederholt sich vor meinem inneren Auge, so oft ich durch eine Seitenstraße gehe und stehenbleiben muss, weil sie vor mir Fässer oder Weinkörbe abladen.
    Oft sehe ich das mit Rußbüscheln bewachsene Drahtnetz, das das grünliche und bläuliche Licht schützt, das in die Vestibüle, die Höfe der Prachthäuser in der Seitenstraße, die Börsen- und Opernhallen, einfällt,
    immer von Neuem sehe ich den Augenblick eines Wintertages um Mittag herum, so oft ich aus der engen Seitengasse auf die Hauptstraße trete und vor meinen Augen die Theaterplakate und -programme auftauchen, in Berlin, in Wien, in Paris, in Prag. So oft ich die Titel, bekannte und unbekannte, lese: Oper und Schauspiel. So oft ich dieunsinnigen Operettentitel lese, in denen die kleine Soubrette, die ich vor Kurzem über ein paar Stufen in das Weingroßlager gehen sah, aufgetreten ist und auftritt –
    sehe ich auch das Plakat, das die

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