Belgarath der Zauberer
mit Anträgen zu ihm kommen, wenn sie wollten. Er würde nicht als Vermittler dienen.
Bärenschulter war seit unserem Abenteuer in Mallorea alt geworden. Graue Strähnen durchzogen Bart und Haar, und seine Augen wirkten trauriger als damals. Er sagte mir, daß die Nadraker entlang seiner östlichen Grenze gesehen wurden und daß die Murgos aus den Bergen im Osten kamen und kleinere Vorstöße nach Algarien unternahmen.
»Wir sollten sie abschrecken«, sagte ich.
»Dras und Algar übernehmen das bereits«, erwiderte er. »Technisch gesehen, herrscht immer noch Krieg zwischen uns und den Angarakanern; deshalb können wir eine gewisse Härte rechtfertigen, sollte dieses Thema je vor Gericht kommen.«
»Cherek, wir sprechen hier über internationale Politik. Es gibt keine Gesetze, und es gibt auch keine Gerichte.«
Er seufzte. »Die Welt wird immer zivilisierter, Belgarath«, klagte er. »Den Tolnedrern fallen stets pingelige Beschränkungen ein.«
»Ach?«
»Sie wollen meine Zustimmung dafür, die sogenannte ›Piraterie‹ als gesetzlos anzuerkennen. Ist das nicht lächerlich? Auf hoher See gibt es keine Gesetze. Was dort draußen geschieht, geht niemanden etwas an. Warum soll man sich mit Rechtsanwälten und Richtern belasten?«
»Tolnedrer sind manchmal so. Sag Dras und Algar, sie sollen sich anderswo Frauen suchen. Würdest du das bitte tun? Polgara steht zur Zeit noch nicht zur Verfügung.«
»Ich werde es ihnen sagen.«
In jenen Tagen war der alornische Kalender ein wenig ungenau. Die Alorner zählten die Jahre; aber sie hatten den Monaten keine Namen gegeben, wie die Tolnedrer es taten. Die Alorner hielten sich an die Jahreszeiten und beließen es dabei; deshalb kann ich euch kein genaues Datum der Hochzeit zwischen Beldaran und Riva nennen. Es war jedoch drei Wochen nach der Ankunft Chereks und der beiden Brüder. Etwa zehn Tage vor der Hochzeit beendete Polgara ihren Feldzug, jedes Herz auf der Insel der Winde zu brechen, und sie und Beldaran gingen mit Feuereifer daran, Kleider zu nähen. Mit der Hilfe einiger freundlicher alornischer Mädchen arbeiteten sie Beldarans Hochzeitsgewand von Grund auf um; dann entwarfen sie ein passendes Kleid für die Schwester der Braut. Beldaran hatte immer schon gern genäht, doch Pols Vorliebe für diese Tätigkeit nahm zu dieser Zeit erst ihren Anfang. Nähen beschäftigt die Finger der Damen, doch es läßt ihnen viel Zeit zum Reden. Ich weiß nicht, worüber sie sich während der zehn Tage unterhielten, denn jedesmal, wenn ich ins Zimmer kam, sprachen sie nicht weiter. Offensichtlich waren es Themen, die sie den Männern nicht gern mitteilen. Polgara gab ihrer Schwester offenbar alle möglichen Ratschläge für das Leben als Ehefrau – wie sie jedoch über solche Dinge Bescheid wußte, ist mir schleierhaft. Wieviel konnte sie in einem Baum erfahren haben, umgeben von Vögeln?
Wie dem auch sei, der glückliche Tag kam schließlich. Riva war sehr nervös, doch Beldaran wirkte ernst. Die Zeremonie wurde in der Halle der rivanischen Könige abgehalten – Rivas Thronsaal. Ein Thronsaal ist vermutlich nicht der geeignetste Ort für eine Hochzeit, doch Riva bestand darauf. Er erklärte, daß er in Gegenwart des Orb heiraten möchte, und es erschien ihm unschicklich, sein Schwert im Tempel von Belar zu tragen. So war Riva.
Es gibt alle möglichen kleinen Zeremonien, die zu Hochzeiten gehören und deren Bedeutung längst in Vergessenheit geraten ist Beispielsweise muß der Bräutigam einige Zeit früher als die Braut zur Stelle sein, und es ist üblich, daß ihn kräftig gebaute Freunde umgeben, die mit jedem fertig werden, der vielleicht Einwände erheben mochte. Riva hatte eine ganze Schar dieser Freunde: seinen Vater, seine Brüder, seinen Vetter – und alle trugen polierte Kettenhemden und machten einen imponierenden Eindruck, als sie neben Riva am Ende der Halle erschienen. Ich hatte Stiernackens Axt beschlagnahmt und ihm nur ein Schwert zugestanden, das sicher in seiner Scheide steckte. Dras war sehr begeisterungsfähig, und ich wollte nicht, daß er als Beweis seiner Bruderliebe Hochzeitsgäste zerstückelte.
Als sie ruhig standen und das Geklappere der Rüstungen verstummt war, holte Beldin eine Fanfare, um Beldarans Eintreffen zu verkünden. Beldin liebte Beldaran über alles, und er übertrieb es gern ein wenig. Ich bin mir sicher, daß die Bürger in Tol Honeth, Hunderte von Meilen südlich, ihre krummen Geschäfte für einen Augenblick vergaßen und sich
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