Belgarath der Zauberer
»Ich glaube, ich werde das meiste davon bald wieder verlieren. Hoffe ich zumindest.« Sie legte eine Hand auf den gewölbten Leib. »Es sieht seltsam aus und ist unbequem, aber ich glaube, es ist die Sache wert.« Dann watschelte sie zu mir und küßte mich. »Wie geht es dir, Vater?« fragte sie.
»Wie immer«, erwiderte ich.
»0 ja«, stimmte Pol zu. »Für unseren Vater ändert sich nichts.«
»Warum gehen wir nicht hinein?« schlug Riva vor. »Ich möchte nicht, daß Beldaran sich erkältet.«
»Es geht mir wirklich gut, Riva«, sagte sie ihm. »Du machst dir zu viele Sorgen.«
Beldarans Schwangerschaft erweckte alle möglichen Empfindungen in mir. Seltsamerweise drangen mir die Erinnerungen an ihre Mutter nicht mehr so schmerzhaft ins Bewußtsein. Poledra war sehr glücklich über ihre Schwangerschaft gewesen.
Ich hatte kein gutes Gefühl dabei gehabt, Polgara an den Ort ihrer früheren Triumphe zurückzubringen, doch sie schien zu merken, daß sie hier bereits genug Herzen gebrochen hatte, und beachtete die jungen Männer kaum, die sich in die Festung drängten, um sie zu sehen. Pol hat es gern, im Mittelpunkt zu stehen, aber nun hatte sie anderes im Kopf. Die jungen Männer schmollten, doch es schien Pol nicht weiter zu berühren. Mich berührte es jedenfalls nicht.
Die meiste Zeit verbrachte sie natürlich mit ihrer Schwester, doch sie unterhielt sich auch ausführlich mit den Hebammen. Ich glaube, daß ihr Interesse an der Kunst des Heilens dort ihren Anfang nahm. Vermutlich ist die Geburt ein logischer Ausgangspunkt für das Studium der Medizin.
Wir anderen waren überflüssig. Wenn die Frauen Nachwuchs bekommen, sind die Männer besonders überflüssig. Pol machte uns das eindeutig klar, und wir waren klug genug, nicht mit ihr darüber zu streiten. So jung sie auch war, hatte sie doch schon damit begonnen, die Dinge in die Hand zu nehmen. Manchmal – oft sogar – wäre es mir lieber gewesen, würde sie weniger forsch auftreten, aber so ist sie nun mal.
In einem der Türme hatte Riva sich hoch oben ein Arbeitszimmer eingerichtet auch wenn er nicht wirklich lernbegierig war. Ich will damit nicht andeuten, daß er dumm war, auf gar keinen Fall; aber er hatte nicht das brennende Interesse an Büchern, das den Gelehrten auszeichnet. Er beschäftigte sich damals hauptsächlich mit dem Steuersystem. Flinkfuß und ich leisteten ihm in diesem Zimmer gern Gesellschaft – hauptsächlich, um unten niemandem im Weg zu sein.
»Habt Ihr Neuigkeiten von Beldin?« fragte Algar mich eines Morgens, als wir es uns für eine dieser Gesprächsrunden bequem gemacht hatten, die den ganzen Tag andauerten.
»Ich habe seit Monaten nichts mehr von ihm gehört«, erwiderte ich. »Vermutlich ist alles ruhig in Mallorea.«
»Ist Torak noch in Ashaba?« fragte Riva.
»Soviel ich weiß. Als ich mich das letztemal mit Beldin unterhielt war Torak noch immer in diesem ekstatischen Zustand.«
»Das verstehe ich nicht ganz«, gab Anrak zu. »Was geschieht eigentlich mit ihm?«
»Habt ihr von den beiden Bestimmungen gehört?«
»Nichts Genaues. Die Priester Belars sprechen manchmal in der Kirche darüber. Für gewöhnlich schlafe ich dabei ein.«
»Versuch, diesmal wach zu bleiben«, riet ich ihm. »Einfach gesagt, entstand das Universum aus einem bestimmten Zweck.«
»Bis jetzt kann ich noch folgen.«
»Gut. Wie dem auch sei, es geschah etwas, das nicht hätte geschehen sollen, und es teilte diesen Zweck. Jetzt gibt es zwei Seiten des Unabänderlichen, wo es nur eine geben sollte.«
»An dieser Stelle schlafe ich meist ein.«
»Kämpf dagegen an. Zuvor erhielten wir unsere Anweisungen direkt von den Göttern; aber sie sind jetzt fortgegangen, und nun sollen wir von diesem oder jenem Unabänderlichen unterwiesen werden. Torak folgt der einen Seite, wir der anderen. Gewisse Leute kommen mit dem Unabänderlichen in Berührung und fangen an zu reden. Man hält sie für verrückt, aber sie sind es nicht. Sie übermitteln uns Anweisungen.«
»Ist das nicht ein bißchen umständlich?«
Ich zuckte die Schultern. »Ja, aber so muß es geschehen.«
»Warum?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Nun, Torak ist nun schon seit Jahren in einem Wahn gefangen, und Urvons Schreiber notieren jedes seiner Worte. Diese Phantastereien beinhalten Anweisungen und Andeutungen über die Zukunft. Sobald Torak wieder zu Sinnen kommt wird er herauszufinden versuchen, was die Aussagen bedeuten.« Plötzlich erinnerte ich mich an etwas.
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