Belgarath der Zauberer
Unterschied bestand darin, daß wir es bemerkten. Das offene Grasland im Norden war bisher unbewohnt, sofern man die Wildpferde und Rinder nicht zählt. Aber nun lebten dort die Algarer.
Ich habe Algar Flinkfuß stets gemocht Er war eindeutig Chereks intelligentester Sohn. Das bewies allein die Tatsache, daß er bei keiner Gelegenheit versäumte, den Mund zu halten. Vermutlich wäre es nicht nötig gewesen, Alorien aufzuspalten, wäre er Chereks Erstgeborener gewesen. Damit will ich von Dras Stiernacken nicht schlecht reden. Dras war unbestritten der tapferste Mann, den ich je kennengelernt hatte; aber er war auch ein wenig ungestüm. Vielleicht lag es auch an seiner körperlichen Größe und Kraft.
Flinkfuß’ Zuchtprogramm brachte größere Pferde hervor, und immer mehr von seinen Leuten waren nun beritten. Er fing auch damit an, die eher kümmerlichen alornischen Rinder mit den Wildkühen der Ebene zu kreuzen, um Tiere von akzeptabler Größe hervorzubringen, die zumindest einigermaßen fügsam waren.
Die Algarer waren recht angenehme Nachbarn – damit will ich sagen, daß sie uns nicht belästigten. Flinkfuß sandte regelmäßig Boten, um uns auf dem laufenden zu halten; ansonsten aber ließen seine Leute uns in Ruhe.
Etwa zwei Jahre nach Beldarans Hochzeit – es war Ende des Frühjahrs, glaube ich – kam Algar selbst ins Tal, zusammen mit seinem Vetter Anrak. »Wir bringen gute Nachricht, Belgarath«, rief Anrak den Turm hinauf. »Ihr werdet Großvater.«
»Das wird auch Zeit«, rief ich hinunter. »Kommt rauf, ihr beiden.«
Ich ging zum Kopfende der Treppe und befahl der Tür, sie einzulassen.
»Wann ist es soweit?« fragte ich, als sie die Treppe heraufkamen.
»In einem Monat etwa«, erwiderte Anrak. »Beldaran möchte, daß Ihr und ihre Schwester auf die Insel kommt. Die Frauen haben gern die Familie um sich, wenn sie ihr erstes Kind bekommen, denke ich.« Sie betraten das Turmzimmer, und Anrak schaute sich um. »Wo ist die edle Polgara?« fragte er.
»Sie besucht die Zwillinge«, erwiderte ich. »Sie kommt bald zurück. Setzt euch, meine Herren. Ich bringe Bier. Das Ereignis muß gefeiert werden.«
Den Rest des Nachmittags tranken wir Bier und redeten über die alten Zeiten; dann kehrte Polgara zurück. Sie nahm die Nachricht gelassen entgegen, was mich überraschte. »Wir müssen noch einige Sachen packen«, war alles, was sie sagte, ehe sie sich daranmachte, das Abendessen zu bereiten. Ich hege den starken Verdacht, daß sie bereits über den Zustand ihrer Schwester Bescheid wußte.
»Ich habe Pferde mitgebracht«, sagte Algar.
»Gut«, meinte Pol. »Es ist eine lange Reise.«
»Seid Ihr schon viel geritten?« fragte er sie.
»Eigentlich nicht.«
»Man muß sich daran gewöhnen«, erklärte er.
»Das werde ich schon schaffen, Algar.«
»Wir werden ja sehen.«
Ich hätte dem warnenden Unterton in seiner Stimme mehr Aufmerksamkeit schenken sollen. Ich hatte mit Pferden nicht viel Erfahrung. Vor Algars Zuchtprogramm waren sie sehr klein gewesen, und ich war der Meinung, daß ich ein Ziel ebenso schnell zu Fuß erreichen konnte. Früh am nächsten Morgen brachen wir auf. Bald bedauerte ich, keine andere Fortbewegungsart gewählt zu haben. Die algarischen Sättel sind vermutlich die besten der Welt doch sie sind trotzdem noch sehr hart, und der ständige Trab, der die Meilen nur so zu verschlingen schien, ließ mich auf und nieder hüpfen, und jede Landung wurde schmerzhafter. Während der ersten Tage nahm ich meine Mahlzeiten stehend ein.
Als wir weiter nach Norden kamen, begegneten wir den ersten kleinen Rinderherden. »Ist es wirklich gut, sie so allein herumziehen zu lassen?« fragte Anrak Algar.
»Wohin sollten die Tiere gehen?« erwiderte Algar. »Hier gibt es Gras und Wasser.«
»Ist es nicht schwer, sie wiederzufinden?«
»Nicht besonders.« Algar deutete auf einen Reiter auf einem Hügel in der Nähe.
»Das scheint eine langweilige Aufgabe zu sein.«
»Nur wenn man Glück hat Wer Rinder hütet legt keinen Wert auf Aufregung.«
»Was wirst du denn mit all diesen Kühen tun?« fragte ich ihn.
»Verkaufen. Es sollte sich ein Markt dafür finden.«
»Vielleicht«, meinte Anrak zweifelnd. »Aber wie willst du sie dorthin schaffen?«
»Sie haben Beine, Anrak.«
Am nächsten Tag kamen wir an das Lager eines algarischen Klans. Die meisten Wagen waren wie Bauernkarren, die es überall auf der Welt gab – vier Räder und eine offene Ladefläche. Einige jedoch waren geschlossen
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