Belgarath der Zauberer
künstlich wirkt. Wir hatten gerade mit dem Anstieg begonnen, als uns ein sehr alter Mann begrüßte sowie eine zweite Person, die offensichtlich kein Mensch war. Dort traf ich UL zum erstenmal, und das überwältigende Gefühl, in seiner Nähe zu sein, riß mich beinahe von den Füßen. »Aldur«, sagte er zu meinem Meister, »gut, daß wir uns treffen.«
»Ja, gut, daß wir uns treffen«, erwiderte mein Meister und nickte mit dem Kopf. Die Götter, stellte ich fest, haben ein beachtlich entwickeltes Gespür für gutes Betragen. Dann holte mein Meister aus seinem Gewand den schlichten, runden, grauen Stein hervor, den er die letzten Dekaden studiert hatte. »Ungeachtet unserer Hoffnungen«, sagte er und hielt UL den Stein entgegen, »ist es angekommen.«
UL nickte ernst. »Ich glaubte bereits, seine Anwesenheit zu spüren. Wirst du die Bürde auf dich nehmen?«
Mein Meister seufzte. »Wenn ich muß«, sagte er.
»Du bist tapfer, Aldur«, sagte UL, »und viel weiser als deine Brüder. Das, was uns alle gebietet, hat dies aus einem bestimmten Grund in deine Hand gelegt. Laß uns beraten, was geschehen soll.«
An diesem Tag erfuhr ich, daß es mit diesem Stein etwas sehr Seltsames auf sich hatte.
Der alte Mann, der UL begleitete, hieß Gorim; er und ich kamen gut miteinander aus. Er war ein sanfter, freundlicher Gefährte, dessen Gesichtszüge denen der alten Leute ähnelten, die ich vor einigen Jahren getroffen hatte. Wir gingen hinauf in die Stadt, und er nahm mich mit in sein Haus. Dort warteten wir, während mein Meister – und Gorims - sich eine Weile unterhielten. Um die Zeit zu vertreiben, erzählte er mir, wie er dazu gekommen war, in ULs Dienste zu treten. Gorim stammte aus dem Volk der Dalaser - jener Rasse, die übergangen wurde, als die Götter die unterschiedlichen Völker wählten, die ihnen dienen sollten. Ungeachtet meiner besonderen Situation war ich nie ein übermäßig religiöser Mensch gewesen; deshalb fiel es mir nicht leicht die Natur jener geistigen Qual zu verstehen, welche die Dalaser als Ausgestoßene erlitten hatten. Von alters her leben die Dalaser im Süden eines Gebirges, das nur als Korim bekannt ist; aber wie es scheint, teilten sie sich sehr bald in einzelne Gruppen auf, und jede begab sich auf die Suche nach einem Gott. Einige zogen in den Norden und wurden Morindim und Karandeser; andere wandten sich ostwärts und wurden dort Melcener, einige blieben im Süden von Korim, um Dalaser zu bleiben; aber Gorims Leute, er nannte sie Ulgoner, gingen nach Westen.
Irgendwann, nachdem die Ulgoner seit Generationen in der Wildnis umhergewandert waren, wurde Gorim geboren, und als er erwachsen wurde, ging er freiwillig auf die Suche nach UL Das geschah natürlich lange, bevor ich zur Welt kam. Nach vielen Jahren fand er schließlich UL. Er überbrachte seinem Volk die guten Nachrichten, doch nur wenige glaubten ihm. Die Menschen sind manchmal so. Schließlich widerten sie ihn an, und er stellte es ihnen frei, ihm zu folgen oder zu bleiben; es war ihm gleichgültig. Manche schlossen sich Gorim an, andere nicht. Als er mir dies erzählte, wurde er nachdenklich. »Ich frage mich oft, was aus denen geworden ist, die zurückblieben«, sagte er traurig.
»Das kann ich Euch sagen, Freund«, entgegnete ich. »Vor etwa fünfundzwanzig Jahren habe ich sie getroffen. Sie kampierten in einem großen Lager nördlich vom Tal meines Meister. Ich verbrachte den Winter bei ihnen und zog dann weiter. Ich glaube aber nicht, daß noch einer von ihnen am Leben ist Sie waren alle sehr alt, als ich bei ihnen war.«
Er warf mir einen schmerzerfüllten Blick zu; dann senkte er den Kopf und weinte.
»Was ist geschehen, Gorim?« rief ich bestürzt.
»Ich hatte gehofft, daß UL Erbarmen zeigt und meinen Fluch von ihnen nimmt«, erwiderte er erschüttert.
»Fluch?«
»Daß sie dahinschrumpfen und schließlich vom Antlitz der Erde verschwinden sollten. Durch meinen Fluch wurden ihre Frauen unfruchtbar.«
»Der Fluch wirkte noch, als ich dort war«, berichtete ich. »Im ganzen Lager habe ich kein einziges Kind gesehen. Ich fragte mich damals, warum sie ein solches Aufheben um mich machten. Wahrscheinlich hatten sie lange, lange Zeit kein Kind mehr gesehen. Genaueres konnte ich nicht erfahren, denn ich beherrschte ihre Sprache nicht.«
»Sie redeten noch in der alten Sprache«, erklärte er mir traurig, »ebenso wie meine Leute hier in Prolgu.«
»Wie kommt es dann, daß Ihr meine Sprache sprecht?« fragte ich
Weitere Kostenlose Bücher