Belgarath der Zauberer
Jahre hinweg erledigen mußte, dienten nur diesem Zweck?«
»Aber ja«, erwiderte er ganz beiläufig. »Wie heißt du, Junge?«
»Garath«, sagte ich und erkannte plötzlich, daß er mich nie nach meinem Namen gefragt hatte.
»Ein unschicklicher Name. Viel zu kurz und gewöhnlich für jemanden mit deinem Talent Ich werde dich Belgarath nennen.«
»Wie es Euch gefällt, Meister.« Beflügelt durch meinen Erfolg, wagte ich einen tapferen Vorstoß. »Und wie darf ich Euch nennen, Meister?«
»Mein Name ist Aldur«, erwiderte er lächelnd.
Diesen Namen hatte ich natürlich schon gehört, und sogleich fiel ich vor ihm auf die Knie.
»Ist dir nicht gut, Belgarath?«
»O großer und mächtigster Gott«, sagte ich zitternd, »vergebt mir meine Unwissenheit. Ich hätte Euch sofort erkennen müssen.«
»Hör auf damit!« sagte er gereizt. »Ich bedarf nicht der Unterwürfigkeit. Ich bin nicht mein Bruder Torak. Erheb dich, Belgarath. Stell dich auf die Füße. Junge. Was du tust, ist unschicklich.«
Furchterfüllt stolperte ich auf die Füße und bereitete mich auf den vernichtenden Blitzschlag vor. Götter, das ist ja allbekannt, vernichten jene, die ihnen mißfallen. Das war die wunderliche Meinung, die damals weitverbreitet war. Seither bin ich einigen Göttern begegnet und weiß nun besser Bescheid. In vieler Hinsicht unterliegen sie noch mehr Beschränkungen als wir.
»Und was gedenkst du nun mit deinem Leben zu tun, Belgarath?« fragte er. So war er, mein Meister. Immerzu stellte er Fragen, die für mich endlos viel beinhalteten.
»Ich würde gern bleiben, um Euch zu dienen«, sagte ich so bescheiden, wie ich nur konnte.
»Ich bedarf keiner Dienste«, erwiderte er. »Diese vergangenen Jahre dienten deinem Besten. Sei ehrlich, Belgarath, was kannst du für mich tun?«
Das traf mich hart – es entsprach natürlich der Wahrheit; aber ich empfand es trotzdem als hart. »Kann ich Euch nicht anbeten, Meister?« flehte ich. Er war der erste Gott, dem ich begegnete; deshalb war ich mir über die Etikette nicht im klaren. Ich wußte nur, daß ich sterben würde, wenn er mich fortschickte.
Er zuckte die Schultern. Wißt ihr, daß man mit einem einzigen Schulterzucken einem Menschen das Herz aus dem Leibe reißen kann? »Ich bedarf auch nicht der Anbetung, Belgarath«, erwiderte er teilnahmslos.
»Darf ich denn nicht bleiben, Meister?« flehte ich, und mir standen tatsächlich Tränen in den Augen. Er brach mir das Herz! Absichtlich, natürlich. »Ich wäre Euer Schüler und würde von Euch lernen.«
»Dein Wunsch nach Unterricht spricht für dich«, sagte er, »aber es wird nicht einfach werden, Belgarath.«
»Ich lerne schnell, Meister«, brüstete ich mich und überging dabei großzügig die Tatsache, daß ich fünf Jahre gebraucht hatte, um die erste Lektion zu lernen. »Ihr sollt stolz auf mich sein.« Ich meinte das ernst.
Und dann lachte er, und mir war, als wären meinem Herzen Flügel gewachsen, ähnlich wie damals, als der Vagabund in dem klapprigen alten Karren gelacht hatte. Mir war das damals schon verdächtig vorgekommen.
»Also gut, Belgarath«, erbarmte er sich. »Ich nehme dich als meinen Schüler an.«
»Auch als Euren Jünger, Meister?«
»Das wird die Zeit uns lehren, Belgarath.«
Und dann, weil ich immer noch sehr jung und beeindruckt von meinen jüngst erworbenen Fähigkeiten war, wandte ich mich an einen winterkahlen Busch und sagte inbrünstig: »Blühe!« Und der Busch brachte eine einzige Blüte hervor. Es war nichts Besonderes, das gebe ich zu, aber es war die beste Leistung, die ich damals zustande bringen konnte. Schließlich waren mir diese Fähigkeiten noch neu. Ich pflückte die Blüte und bot sie meinem Meister dar. »Für Euch, Meister«, sagte ich, »weil ich Euch liebe.« Ich glaube nicht, daß mir das Wort ›Liebe‹ zuvor schon einmal über die Lippen gekommen war, und nun war es der Mittelpunkt meines ganzen Lebens geworden. Ist es nicht seltsam, wie wir diese kleinen Entdeckungen machen?
Da nahm er meine dürftige kleine Blüte und hielt sie in seinen Händen. »Ich danke dir, mein Sohn«, sagte er. Zum erstenmal nannte er mich so. »Und diese Blume soll deine erste Lektion sein. Ich möchte, daß du sie genau betrachtest und mir alles berichtest, was du wahrnimmst Stell Axt und Besen zur Seite, Belgarath. Die Blume ist nun deine Aufgabe.«
Und diese Aufgabe beschäftigte mich zwanzig Jahre, wenn ich mich recht entsinne. Jedesmal, wenn ich mit der Blume, die niemals
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