Belgarath der Zauberer
Vorhaben gelang es mir sogar, meine beiden Töchter gegen mich aufzubringen.
Der Junge und ich hatten allerdings Spaß; deshalb kümmerten uns die Strafpredigten nicht so sehr, die wir uns ein paar Tage später anhören mußten. Wir zogen durch die steilen Hügel der Insel der Winde; wir lagerten im Freien, fingen im klaren Wasser der Bergbäche Forellen und redeten miteinander. Wir sprachen über vieles, und ich glaube, es gelang mir, Daran von der Wichtigkeit und Unabänderlichkeit seiner Aufgabe zu überzeugen. Zumindest fragte er nun nicht mehr ständig: ›Warum ich?‹ Ich habe in etwa dreitausend Jahren nun zu sehr vielen Knaben mit sandfarbenen Haaren gesprochen. Ich mußte in diesen endlosen Jahrhunderten vieles tun; aber diesen Jungen unsere besondere Situation zu erklären war wohl die wichtigste Aufgabe gewesen.
Der Rat der Alorner dauerte mehrere Wochen; dann zogen wir wieder nach Hause. Pol, Beldin und ich segelten über das Meer der Stürme und landeten an einem windigen Nachmittag in Camaar.
Wir wählten wieder dasselbe Gasthaus, in dem Beldaran und Riva einander zum erstenmal getroffen hatten. »Wie alt ist Beldaran jetzt?« fragte Beldin an diesem Abend nach dem Essen.
»Fünfundzwanzig, Onkel«, sagte Pol, »ebenso alt wie ich.«
»Sie sieht älter aus.«
»Sie war krank. Ich glaube, das Klima auf der Insel bekommt ihr nicht Sie erkältet sich jeden Winter, und es fällt ihr immer schwerer, sich davon zu erholen.« Sie blickte mich an. »Es hat ihr auch nicht gutgetan, daß du dich mit ihrem Sohn davongestohlen hast.«
»Wir haben uns nicht davongestohlen«, entgegnete ich. »Ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen.«
»Belgarath hinterläßt gern Nachrichten, wenn er sich davonstiehlt«, fügte Beldin hinzu.
Ich zuckte mit den Schultern. »So geht man einem Streit aus dem Wege. Daran und ich mußten miteinander reden. Er ist nun alt genug, um Fragen zu stellen, und ich kann sie ihm am besten beantworten. Ich glaube, wir haben fürs erste alles geregelt. Er ist ein guter Junge, und jetzt weiß er, was von ihm erwartet wird. Er wird seine Sache vermutlich gut machen.«
Als wir ins Tal zurückkamen, ging der Sommer seinem Ende entgegen. Ich nahm sogleich meine Arbeit an der nun vollständigen Darin-Schrift auf, wollte jedoch mit den Mrin-Texten noch warten, die offensichtlich die komplizierteren von beiden waren. Weder die eine noch die andere Niederschrift war einfach zu lesen, denn die Notwendigkeit, die Bedeutung zu verschleiern, machte beide sehr schwer verständlich.
Etwa zehn Jahre später brachte uns ein Bote Dras Stiernackens eine Abschrift des vollständigen Mrin-Kodex – und die Nachricht, daß der Mrin-Prophet gestorben war. Ich legte Bormiks Prophezeiungen zur Seite und beschäftigte mich mit den Äußerungen eines Verrückten, der den größten Teil seines Lebens an einen Pfahl gekettet war. Wie ich schon sagte, versetzte die Darin-Schrift mich in die Lage, einige der künftigen Geschehnisse zu begreifen, und das machte den Mrin-Kodex wenigstens halbwegs verständlich. Trotzdem war meine Aufgabe nicht leicht.
Polgara setzte ihre eigenen Studien fort, und Beldin war wieder nach Mallorea gereist; deshalb hatte ich wenig Ablenkung und konnte mich auf meine Aufgabe konzentrieren. Wie gewöhnlich, wenn ich mich tief in einer Arbeit vergrabe, verlor ich den Überblick über die Zeit; deshalb kann ich euch nicht genau sagen, wann der Meister mich besuchte. Er hatte wieder besondere Anweisungen für mich. Voller Bedauern legte ich meine Studien beiseite und zog am nächsten Morgen ins südliche Tolnedra.
Ich machte in Prolgu halt, um mit dem Gorim zu reden; dann ging ich weiter nach Tol Borune, um dort den Großherzog zu sprechen. Er war nicht sehr glücklich darüber, als er erfuhr, welche Pläne ich für seinen Sohn hatte, doch als ich ihm erklärte, daß mein Vorschlag seine Familie auf den kaiserlichen Thron in Tol Honeth setzte, stimmte er zu. Ich hielt es nicht für notwendig, ihm mitzuteilen, daß diese Erhebung der Boruner erst in fünfhundert Jahren stattfinden würde. Es gibt doch wirklich keinen Grund, die Leute mit so nebensächlichen Kleinigkeiten zu verwirren, oder?
Dann reiste ich in den Wald der Dryaden.
Es war wieder diese Jahreszeit, und es dauerte nicht lange, ehe mich im Wald eine goldhaarige Dryade namens Xalla aufhielt Wie üblich zielte ihr Pfeil genau auf mein Herz. »Oh, nimm das weg«, sagte ich gereizt.
»Du wirst doch nicht weglaufen, oder?« wollte
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