Belgarath der Zauberer
»Ich bin nach Rak Cthol gegangen.«
»Ja, ich weiß. Und…?«
»Ich habe mit Ctuchik gesprochen.«
»Und .?«
»Umgebracht habe ich ihn nicht.«
»Vater, komm zur Sache!«
»Ich habe ihn an der Nase herumgeführt. Ich erzählte ihm vieles, das er bereits wußte, um herauszufinden, wie groß seine Fähigkeiten sind. Er ist nicht sonderlich begabt.« Ich setzte mich in meinen Lieblingsstuhl. »Ist das Essen fertig?«
»Es steht auf dem Herd. Erzähl schon, Vater. Was ist wirklich geschehen?«
»Ich schlich mich in die Stadt und besuchte ihn mitten in der Nacht. Ich machte viel Aufhebens davon, daß er seine Murgos von den westlichen Königreichen fernhalten sollte. Dann deutete ich die Möglichkeit an, daß Riva den Orb gegen die Murgos einsetzen würde, wenn sie ihn zu sehr reizten. Das kann natürlich nicht geschehen; aber schon die Erwähnung dessen schien ihm Sorgen zu bereiten. Er ist in mancher Hinsicht ziemlich leichtgläubig. Gewiß hält er mich für einen alten aufgeblasenen Wichtigtuer, der sich überall einmischt und Offensichtliches verkündet. Dann sprach ich von der Möglichkeit, daß der Zufall die Dinge fügen könnte, wenn jemand nicht seiner Bestimmung gemäß handelte.«
»Und er glaubte dir?«
»Es hatte den Anschein. Zumindest dachte er lange genug darüber nach, um besorgt zu sein. Dann sprachen wir über die Ashabiner Orakel. Sowohl Ctuchik als auch Urvon versuchen, Leute in Toraks Haus in Ashaba zu schleusen, um an Abschriften zu kommen. Aber ich habe den Eindruck, daß Torak diese Texte eifersüchtig bewacht, und Zedar tut sein Bestes, die Spione seiner Brüder von Ashaba fernzuhalten. Die drei hassen sich mit geradezu heiliger Leidenschaft.«
»Wie sieht Ctuchik aus?« fragte Beldin. »Ich habe zwar den scheckigen Urvon ein paarmal gesehen, Ctuchik aber noch nicht in Augenschein nehmen können.«
»Er ist groß und dürr und hat einen langen weißen Bart. Er sieht wie ein wandelnder Leichnam aus.«
»Merkwürdig.«
»Was?«
»Der alte Einauge scheint sich gern mit Häßlichkeit zu umgeben. Ctuchik sieht wirklich gräßlich aus, und auch Urvon bietet keinen schönen Anblick. Zedar ist wohl nicht so schlimm, denke ich – sieht man von der Häßlichkeit seiner Seele ab.«
»Ausgerechnet du solltest wirklich nicht über andere lästern, Onkel«, erinnerte ihn Pol.
»Das hättest du nicht zu sagen brauchen, Pol. Was nun, Belgarath?«
Ich kratzte mich am Bart. »Ich meine, wir sollten die Zwillinge rufen und versuchen, Verbindung mit dem Meister aufzunehmen. Wir benötigen seinen Rat. Die Angarakaner brauchen dringend einwandfreie Abschriften der Orakel, und Torak tut alles in seiner Macht Stehende, um zu verhindern, daß sie die bekommen.«
»Können wir das tun?« fragte Pol.
»Ich bin mir nicht sicher«, gab ich zu, »aber wir sollten es lieber versuchen. Vielleicht hat Zedar eine genaue Abschrift, aber ich möchte das Schicksal des Universums nicht von einem Vielleicht abhängig machen.«
Wie es sich herausstelle, war es überraschend einfach, mit Aldur in Verbindung zu treten. Möglicherweise lag es daran, daß wir uns in einer Art Übergangszeit befanden, zwischen den Tagen, in denen uns die Götter leiteten, und der Zeit, da die Prophezeiungen diese Aufgabe übernahmen. Ein einfaches Meister, wir brauchen dich‹, rief Aldurs Präsenz in meinen Turm. Er wirkte ein wenig substanzlos und durchscheinend, aber er war da.
Sogleich ging er zu Polgara, was mich überraschte. »Meine geliebte Tochter«, sagte er und berührte sie sanft an der Wange.
Glaubt ihr mir, daß ich in diesem Augenblick einen Anflug von Eifersucht verspürte? Polgara war meine Tochter, nicht seine. Wir alle werden im Alter ein wenig seltsam, denke ich. Ich schluckte meinen instinktiven Protest herunter, weil ich plötzlich erkannte, daß Eifersucht auch eine Form der Liebe ist – eine primitive Form, aber immerhin. Ich liebte meine dunkelhaarige, stahläugige Tochter, und da Liebe – und Haß – mein Innerstes ausmachen, gewann Polgara das Spiel auf der Stelle. Wir stritten etwa dreitausend Jahre lang, aber ich kämpfte stets in der Abwehr – und hatte von Anfang an verloren.
»Ihr wißt was Torak in Ashaba tut nicht wahr, Meister?« fragte Beldin.
»Ja, mein Sohn«, erwiderte Aldur traurig. »Mein Bruder ist verwirrt, und er glaubt die Veränderung herbeirufen zu können, die geschehen muß, indem er das Wort verändert, das ihm davon berichtet.«
»Wenn er zu weit geht und die Orakel zu
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